Sachkundenachweis

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Prüfungsstruktur & Zusatzmodule

In diesem Abschnitt wurden weitere Teilnehmervorstellungen aufgenommen sowie zentrale Prüfungsmodalitäten und Zusatzoptionen (z. B. Tiertransport) detailliert erläutert. Relevante Inhalte sind strukturiert dokumentiert.

Prüfungsstruktur (allgemeiner Sachkundenachweis)

  • Prüfung besteht aus zwei Teilen:
 * Schriftlich:
   * Allgemeiner Teil (Grundlagen, Recht, Hygiene): 24 Fragen (Multiple Choice), 18 müssen richtig sein (75 %).
   * Tierartspezifisch (Hund/Katze): 40 Fragen pro Tierart, 75 % richtig (30 von 40).
   * Bearbeitungszeit: 2 Stunden (i. d. R. < 1 h benötigt).
 * Mündlich:
   * Kleingruppenprüfung, Bezug zur jeweiligen Tätigkeit.
   * Fokus: praxisrelevante Anwendung (z. B. bei Zucht, Auffangstation, Tierschutzarbeit).

Zusatzmodul: Tiertransport (> 65 km)

  • Gesetzliche Grundlage: Wer Tiere im Rahmen seiner Tätigkeit über 65 km transportiert, benötigt einen Sachkundenachweis für Tiertransporte.
  • Beispiele:
 * Hundebetreuung mit Abholung/Bringservice.
 * Tierheimfahrzeuge über längere Strecken.
 * Züchtertransporte (z. B. zu Deckpartnern).
  • Angebot des Instituts:
 * Zusatzschulung + Prüfung (Multiple Choice, 20 Fragen).
 * Kostenpunkt: 160 €.
 * Optionaler Zusatz heute von 16:30–18:00 Uhr.

Prüfungsorganisation: Hinweise

  • Unklarheiten bei Fragen: mögliche Mehrfachantworten (z. B. „zwei Ohren und vier Beine“ → A + C).
  • Beispielaufgabe wurde demonstriert (gesunder Hund hat vier Beine).
  • Tierseuchensimulation vor Ort, aber nicht prüfungsrelevant – Ausnahme: Tollwut wird thematisiert.
  • Lautsprecher/Mikrofon funktionieren, alle Teilnehmenden hörbar.

Zusammenfassung

  • Das Prüfungsniveau ist schaffbar, verlangt jedoch sorgfältige Vorbereitung.
  • Flexibilität bei Prüfungsmodulen (Hund, Katze, Tiertransport).
  • Relevanz des Sachkundenachweises ist stark tätigkeitsbezogen – auch innerhalb desselben Betriebs (z. B. Katzentempel).

Prüfungsschwerpunkte, Nachweiskategorien & Gültigkeit

In dieser Sitzung wurden vertiefende Hinweise zu den Sachkunde-Prüfungen gegeben: Differenzierung der Schwerpunkte, rechtliche Voraussetzungen, Nachweisarten und Fristen zur Wiederholung. Zusätzlich wurden individuelle Teilnehmerfragen präzise beantwortet.

Auswahl & Definition der Prüfungsschwerpunkte

Teilnehmer geben bei Anmeldung den gewünschten Prüfungsschwerpunkt an – dieser kann am Prüfungstag final angepasst werden.

Mögliche Schwerpunkte

  • Tierheim oder tierheimähnliche Einrichtung
  • Pflegestelle / kleine Auffangstation
 → möglich ohne Tierheim-Zulassung  
  • Gewerbsmäßiges Züchten
 → nur bei dokumentierter Erfahrung (mind. eine Geburt miterlebt)  
  • Gewerbsmäßiges Halten (Pension, Tagesstätte, Dogwalking, Gassi-Service)
 → Unterscheidung nach tatsächlicher Tätigkeit
  • Tiergestützte Intervention (TGI)
 → aktuell kein Teilnehmer
  • Handel / Tiere zur Schau stellen / Veranstaltungen (z. B. Filmtiere)

→ Wichtig: Keine Vorratsprüfung erlaubt – Schwerpunkt muss mit praktischer Erfahrung belegbar sein.

Prüfungsorganisation

  • Prüfungsantrag wird am Prüfungstag ausgegeben – finaler Eintrag erfolgt dort.
  • Prüfungstermine: Schriftlich & mündlich am selben Tag.
 * Zwei Termine standen zur Auswahl; viele Teilnehmende nehmen am 12.07. teil.

Prüfungsumfang & -flexibilität

  • Erweiterung oder Wechsel möglich:
 * Wer z. B. zuerst Hund absolviert, kann später innerhalb eines Jahres Katze hinzufügen.
 * Dann muss nur der tierartspezifische Fragebogen absolviert werden, nicht erneut der Grundlagenteil.
  • Nachprüfung oder Ergänzung: Möglich ohne Wiederholung der gesamten Prüfung, wenn innerhalb der Frist.

Zusatz: Auslandstierschutz & Drittstaaten

  • Unterscheidung:
 * EU-Tierschutz / Vermittlung → einfach umsetzbar.
 * Drittland (z. B. Bosnien) → Sonderregelung, Erweiterung sinnvoll.
  • Empfehlung: Zunächst Pension prüfen lassen, später mit Auffangstation aufstocken (mündlich ausreichend).

Gültigkeit & Auffrischung

  • Grundsatz: Sachkunde gilt mind. 10 Jahre, wenn kontinuierliche Tätigkeit nachgewiesen wird.
  • Veterinäramt kann Fortbildungen verlangen:
 * Empfehlung: jährlich eine Tagesfortbildung
 * Auffrischungslehrgang für Hunde wird vom Institut im Herbst angeboten.
  • Tiertransportnachweis (wenn > 65 km):
 * Gültigkeit: 5 Jahre
 * Danach Neubeantragung beim Veterinäramt notwendig.

Begriffsabgrenzung (FAQ)

  • Dogwalking vs. Gassi-Service: kein juristischer Unterschied – eher sprachliche oder positionierende Selbstdefinition.


Prüfungsoptionen, Tierspezifika & Organisation

Dieser Artikel dokumentiert Feinabstimmungen zu Prüfungsinhalten, organisatorische Rahmenbedingungen und individuelle Hinweise für spezifische Tätigkeiten (z. B. Katzentempel, TGI, Auslandstierschutz). Zusätzlich wurden Wiederholungsregelungen und Tagesstruktur präzisiert.

Prüfungslogik & Schwerpunktdefinition

Teilnehmende wählen zwei Prüfungsschwerpunkte, die ihre tatsächliche Tätigkeit abbilden. Entscheidung erfolgt spätestens am Prüfungstag.

Typische Kombinationen

  • Katzentempel → Kombination aus:
 * Tiere zur Schau stellen (juristisch sperriger Begriff, aber formal korrekt)
 * Gewerbsmäßiges Halten
  • TGI (tiergestützte Intervention) – z. B. bei Problemjugendlichen (Fall: Frau Emrich)
 * Wird aktiv mitgeprüft, wenn angekreuzt.
  • Tiertransport:
 * Wird nicht als Hauptschwerpunkt angerechnet, sondern gesondert geprüft (20 Multiple-Choice-Fragen).
 * Kein Einfluss auf die Sachkunde-Schwerpunkte.

Organisation: Pausen & Ablauf

  • Große Pause: 12:00–12:45 Uhr
 * Vor Ort: Wer bestellt hat, kann direkt essen.
 * Alternativ: Kantine 3 Min. mit Auto erreichbar.
  • Kleine Pausen: ca. alle 60–90 Minuten, abhängig von Stoffdichte und Konzentration.
 * Individuelle Pausen möglich – sollen kommuniziert werden.
 * Dozierende achten aktiv auf Aufmerksamkeit und Erschöpfungssignale.
  • Tagesplanung:
 * Heute: Stoff bis ca. 16:30 Uhr, danach Tiertransport-Modul bis 18:00 Uhr.
 * Dienstag: Längster Tag, voraussichtlich bis nach 18:00 Uhr (ggf. bis 19:10 Uhr).
 * Mittwoch: Zielzeit bis ca. 17:30 Uhr, danach Prüfungstipps.
 * Freitag (Katzentag): Bitte keine Arzttermine – Prüfungsrelevanz gegen Ende hoch.

Prüfungsbedingungen

  • Keine Hilfsmittel erlaubt – kein Skript, keine Spickzettel.
  • Wiederholung:
 * Wer durchfällt, hat ein Jahr Zeit zur Wiederholung.
 * Prüfungen ab September wieder regulär möglich.
 * Nach zwei Fehlversuchen → Wiederholung des jeweiligen Lehrgangsteils erforderlich.
 * Bestehensquote: ~90 %.
 * Institut bietet Auffrischungskurse an (z. B. im Herbst für Hunde).

Prüfungsaufschub / Ergänzung

  • Wer z. B. Hundeprüfung absolviert, kann innerhalb eines Jahres auf Katzen aufstocken:
 * Nur tierartspezifischer Teil, kein erneuter Grundlagenteil nötig.
 * Gilt auch bei Erweiterung von Tätigkeit (z. B. Pension → Tierheim).
  • Steuerliche Relevanz:
 * Empfehlung: gewerbsmäßiges Halten mit ankreuzen, wenn steuerliche Absetzbarkeit von Tierhaltung angestrebt wird.

Fachlicher Einstieg verschoben

  • Fachteil beginnt um 10:02 Uhr – kurze Pause wurde eingelegt.

Prüfungsgruppen & Tierschutzrecht

Dieser Artikel dokumentiert die Planung der mündlichen Prüfungen, Ablauf des Prüfungsverfahrens, sowie die erste fachliche Einführung in das deutsche Tierschutzrecht.

Organisatorische Hinweise zur Prüfung

  • Prüfungsbeginn: 09:00 Uhr, Ankunft bitte 08:45 Uhr
  • Ablauf:
 * Schriftliche Prüfung: Allgemeiner Teil + Tierteil
 * Nur bei Bestehen → Zulassung zur mündlichen Prüfung
 * Ausnahme: Tiertransport → ausschließlich schriftlich
  • Prüfungsgruppen am 05.07.2025:
 1. Gruppe 1 (ca. 9:00): Lessig, Neubauer, Benning, Karlauch
 2. Gruppe 2 (ca. 13:00): Landmann, Förster, Jordan, Sarg
 3. Gruppe 3: Felden, Plaxina, Peters, Wolf
 4. Gruppe 4: Ichi, Kachler
  • Prüfungsgruppen am 12.07.2025:
 1. Gruppe 1 (ca. 12:00): Winkenstein, Hübner, Kertisch, Keitel
 2. Gruppe 2 (ca. 13:00): Angrick, Ziesler (2×), Nettke
 3. Gruppe 3 (ca. 14:00): Strasser, Bessler, Pelzer, Horn
 4. Gruppe 4 (ca. 15:00): Degelow, Emrich
  • Hinweise:
 * Gruppenanpassungen durch gegenseitigen Tausch möglich (z. B. wegen langer Anfahrt).
 * Prüfungsreihenfolge basiert primär auf Zahlungseingang.
 * Ergebnisbekanntgabe:
   * Direkt nach der schriftlichen Prüfung: Zulassung zur mündlichen
   * Direkt nach der mündlichen Prüfung: „Bestanden / Nicht bestanden“
   * Zertifikat per Post in der Folgewoche
   * Prozentzahlen erscheinen nicht auf Zertifikat, können aber bei Bedarf angefragt werden.
  • Prüferinnen:
 * 05.07.: Frau Diersen (Tierschutz-Promotion, aktuell Bundesministerium)
 * 12.07.: Frau Claudia Halbach (praktizierende Tierärztin aus Berlin)
 * Durchgängig: Dr. Stefan Heidrich

Fachlicher Einstieg: Rechtsgrundlagen des Tierschutzes

  • Verankerung:
 * Verfassungen der Bundesländer
 * Grundgesetz (Art. 20a – Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen & Tiere)
 * Tierschutzgesetz (TierSchG) – zentrale Rechtsgrundlage
 * Rechtsverordnungen:
   * z. B. Tierschutzhundeverordnung, Tiertransportverordnung
   * Keine eigene Tierschutzkatzenverordnung
  • Gutachten & Leitlinien:
 * Notwendig, da viele praktische Fragen nicht gesetzlich geregelt sind
 * Zentrale Quelle: TVT (Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz)
   * z. B. Mindestanforderungen für Raumgrößen, Haltung, Verhalten
 * Bundesministerium erstellt ebenfalls Gutachten, aber noch keine zur Katzenhaltung (!)
  • Wichtig für Prüfung:
 * Tiere sind durch Verfassung, Grundgesetz, Tierschutzgesetz, Gutachten und Leitlinien geschützt.
 * Häufiger Prüfungsfehler: Teilnehmer kreuzen nicht an, dass Tiere durch das Tierschutzgesetz geschützt sind → kein Trick, sondern Grundwissen.

Hinweise

  • Österreich und Schweiz haben teils deutlich weitergehende Regelwerke (z. B. Tierhaltungsverordnung).
  • Deutschland setzt in vielen Bereichen auf nicht-gesetzliche Standards (TVT, Gutachten).

TVT-Gutachten & Tiertransportrecht

In diesem Abschnitt werden die Rechtsgrundlagen des Tierschutzes vertieft (Staatsziel, Gesetzeslage, TVT-Gutachten) und die Anforderungen im Bereich Tiertransport detailliert dargestellt – insbesondere mit Blick auf die 65-Kilometer-Grenze und verschiedene Fallkonstellationen.

Staatsziel Tierschutz

  • Seit der Grundgesetzänderung wurde in Art. 20a GG folgender Zusatz aufgenommen:
 > „Der Staat schützt […] die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung.“
  • Bedeutung:
 * Der Tierschutz besitzt Verfassungsrang.
 * Verpflichtung für: Gesetzgeber, Gerichte, Behörden (inkl. Veterinärämter).
 * Wird als Grundlage für Anordnungen, Verfügungen und gerichtliche Entscheidungen genutzt.

Tierschutzrechtliche Grundlagen

  • Zentrale Norm: Tierschutzgesetz (TierSchG)
  • Verordnungen:
 * Tierschutzhundeverordnung → nur relevant für Hundehaltung
 * Tierschutztransportverordnung
   * EU-Verordnung Nr. 1/2005
   * Deutsche Durchführungsverordnung (Tierschutztransportverordnung)
 * Keine Verordnung für Katzenhaltung
  • IATA-Richtlinien: Technische Standards für Tiertransporte im Flugverkehr → werden von Veterinärämtern auch für Straßenverkehr herangezogen

Gutachten & TVT-Materialien

  • Gesetzliche Lücken (z. B. zur Haltung von Katzen, Raumgrößen, etc.) werden durch:
 * Gutachten der TVT (Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz)
 * Merkblätter des Bundesministeriums
  • Beispielhafte Anwendung:
 * Gerichte und Veterinärämter nutzen TVT-Leitlinien zur Beurteilung, ob Haltungsvorgaben erfüllt sind.
  • Teilnehmer erhielten Linksammlung mit relevanten Gutachten und Merkblättern.

Tiertransport: Pflichten & Schwellenwerte

  • Zulassungspflicht bei Transport über 65 km im Rahmen einer Tätigkeit:
 * Transportunternehmer im Sinne der Verordnung (auch wenn der Begriff unüblich ist)
 * Gilt für:
   * Tierheime
   * Pflegestellen (wenn eigenständig)
   * Hundepensionen
   * Dogwalker
   * Fellnasentaxi & private Tierschützer (auch bei Adoptionstieren)
   * Auslandstierschutz (z. B. Portugal, Bosnien → Meeting-Point → Weiterfahrt)
  • Keine Ausnahme, auch wenn:
 * Die Tiere bereits vermittelt sind
 * Die Fahrt innerhalb Deutschlands erfolgt
 * Der Transport einmalig oder ehrenamtlich ist
  • Schulungsanforderung:
 * Eine Schulung wie die hier angebotene reicht aus.
 * Zulassung durch das Veterinäramt notwendig.
 * Fahrzeugzulassung nur bei Transporten > 8 h bzw. grenzüberschreitend.
  • Gültigkeit der Zulassung: 5 Jahre

Besondere Fallkonstellationen (FAQ-artig)

  • Facebook-Gruppen (Fellnasentaxi)Zulassung erforderlich, wenn über 65 km
  • Transport von Tieren an die Ostsee im Rahmen einer PensionZulassung erforderlich
  • Pflegestellen im Auslandstierschutz (z. B. Kroatien/Bosnien) → Je nach Struktur gilt: Tierheimähnliche Einrichtung → Zulassung nötig
  • Privattier in Einzelfallpflege → Keine Zulassung nötig, wenn kein Weitervermittlungszweck

Verwaltungsvorschrift, TVT-Gutachten & Tiertransporte

In diesem Abschnitt wurden juristische Feinheiten zur Zucht, gewerbsmäßigem Handeln, Qualzucht (gemäß § 11b TierSchG), öffentlich-rechtliche Auslegungsprobleme und Fragen zum Tiertransport in öffentlichen Verkehrsmitteln behandelt. Zusätzlich: Erläuterung zur Relevanz und Nutzung von TVT-Gutachten.

Tiertransport: auch ÖPNV betroffen?

  • Frage von Frau Emrich: Gilt die EU-Tiertransportverordnung auch für Tiertransporte im ÖPNV?
  • Antwort:
 * Jede Tierbewegung gilt als Transport, wenn ein Transportmittel beteiligt ist.
 * Öffentliche Verkehrsmittel können darunterfallen.
 * Empfehlung: Bei Transport über 65 km → Veterinäramt anfragen
   * Bei mündlicher Auskunft: Name, Zeitpunkt, Mail-Bestätigung sichern
   * Problem: uneinheitliche Auslegung, auch unter Kollegen im selben Amt
   * Grund: gesetzliche Lücken + Fluktuation in Veterinärbehörden
 * Viele Amtsveterinäre müssen sich juristische Feinheiten im Dienst selbst aneignen, da im Studium oft nicht behandelt.

Allgemeine Verwaltungsvorschrift (AVV) zur Durchführung des TierSchG

  • Gilt insbesondere für:
 * Züchter mit bestimmter Anzahl fortpflanzungsfähiger Tiere oder Würfe
  • Kriterien für gewerbsmäßiges Züchten:
 * Hunde: ≥ 3 fortpflanzungsfähige Hündinnen oder ≥ 3 Würfe/Jahr
 * Katzen: ≥ 5 fortpflanzungsfähige Katzen oder ≥ 5 Würfe/Jahr
 * Zusätzlich: Verkaufserlös > 4.000 DM (~ 2.000 €)
   → wird oft als Grenze für „gewerbsmäßig“ herangezogen
  • Kritik:
 * Verwaltungsvorschrift ist veraltet, enthält z. T. noch D-Mark-Werte
 * Begriff „gewerbsmäßig“ wird nur im Tierschutzrecht verwendet
  • Hinweis: Keine Prüfungsabfrage zu konkreten Zahlenwerten!

Rolle der Gutachten & TVT-Leitlinien

  • Gesetzliche Regelungen sind oft zu ungenau
 → TVT-Gutachten liefern praxisnahe Orientierung
  • Relevante Gutachten:
 * Mindestanforderungen an Katzenhaltung (da keine Katzenverordnung)
 * Tierschutzwidriges Zubehör (Hund & Katze)
  • TVT = Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz
 * Erarbeitet praxisbezogene Leitlinien
 * Inhalte wurden per Mail versendet
  • Dozent versucht, juristische Sprache „übersetzbar“ zu machen

Prüfungsrelevanz und Aufbauhilfe

  • Herr Kertisch äußert Sorge bzgl. Umfang der Unterlagen
  • Reaktion des Dozenten:
 * Verständnis & Aufbauhilfe zugesichert
 * Wichtige Inhalte werden gekennzeichnet (prüfungsrelevant vs. Zusatz)
 * Tipp: Manche Inhalte besser verständlich über Merkblätter als über Gesetzestexte

§ 11b TierSchG – Qualzuchtgutachten

  • Bundesministerium hat Gutachten zur Auslegung von § 11b (Qualzucht) beauftragt
 * Enthält u. a. konkrete Rasselisten und Zuchtformen, die tierschutzwidrig sind
  • Problem:
 * Gutachten ist veraltet
 * Bedarf an Neufassung – noch ausstehend
  • Rechtslage wird nicht nur durch Gesetz, sondern durch Gutachten geprägt

Ethik, Wohlbefinden & Rechtsfolgen

Dieser Abschnitt bildet das moralisch-juristische Fundament des Tierschutzrechts ab – mit klarem Fokus auf die Begriffe „Mitgeschöpf“, „Wohlbefinden“, „vernünftiger Grund“ sowie die Differenzierung zwischen Ordnungswidrigkeit und Straftat.

Keine Katzenverordnung – juristische Lücke

  • Für Katzen existiert keine eigenständige Verordnung auf Bundesebene.
  • Kommunale Kastrationsverordnungen existieren punktuell, sind aber nicht flächendeckend.
  • Versuche, eine Bundesverordnung zu etablieren (z. B. Gespräch mit Frau Dr. Nick, Tierärztin und Staatssekretärin), scheiterten politisch, da nicht im Koalitionsvertrag.
  • Prüfungsrelevant: Es gibt keine Katzenverordnung.

Gerichtsurteile & richterliche Praxis

  • Urteile von Landes- und Bundesgerichten prägen die Auslegung durch Veterinärämter.
  • Aber: Richter sind oft nicht tierhaltungsversiert, Entscheidungen sind daher nicht immer fachlich konsistent.
  • Dennoch: Rechtswirkung besteht – Veterinärbehörden orientieren sich an Präzedenzfällen.

Grundsatz des Tierschutzgesetzes

  • Kein Auswendiglernen von Paragraphen nötig – aber der Zweck muss verstanden werden:
 > „Aus der Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf dessen Leben und Wohlbefinden zu schützen.“
  • Wohlbefinden > Leben: Ein Leben ohne Wohlbefinden ist nicht tierschutzgerecht.
  • Ethik:
 * „Mitgeschöpf“ = moralisch hoher Anspruch
 * Schutzanspruch unabhängig vom Nutzen für den Menschen

Definition „Wohlbefinden“

  • Zustand körperlicher und geistiger Harmonie mit sich und der Umwelt
  • Voraussetzungen:
 * Körperliche Gesundheit
 * Normales Verhalten (psychisch & physisch)
  • Prüfungsrelevant: Beide Ebenen – Gesundheit & Verhalten – sind gleichrangig zu betrachten

Schmerzen, Leiden, Schäden

  • Zentrale Begriffe des Tierschutzgesetzes
  • Jeder Verstoß gegen das TierSchG wird anhand dieser drei Kategorien bewertet
  • Juristisch besonders bedeutsam:
 * Ohne vernünftigen Grund → Verstoß
 * Mit vernünftigem Grund → zulässig

„Vernünftiger Grund“ – Beispiele und Prüfungskontext

  • Beispiele für vernünftige Gründe:
 * Medizinische Behandlung (z. B. Spritzen, OPs)
 * Transporte zum Tierarzt trotz Schmerz
 * Schmerzhafte Prophylaxe zur Krankheitsvermeidung
 * Nottötung / Euthanasie, wenn kein Leben mit Wohlbefinden mehr möglich ist
  • Kontextabhängig und zeitlich wandelbar:
 * Was früher als vernünftig galt, kann heute nicht mehr ausreichen
  • Prüfungsrelevant:
 * Begriff „vernünftiger Grund“ ist flexibel, aber nicht beliebig
 * Wird häufig abgefragt

Rechtsfolgen von Verstößen

  • Ordnungswidrigkeit:
 * Geringe Verstöße (z. B. Verwarnung, Bußgeld)
  • Straftat:
 * Schwere Verstöße (z. B. Vernachlässigung, Quälerei, Verhungernlassen)
 * Sanktionen: Geldstrafe oder Freiheitsstrafe
  • Prüfungsrelevant: Unterscheidung zwischen Ordnungswidrigkeit & Straftat muss bekannt sein

Sachkundiges Töten & Euthanasie

  • Tiere dürfen nur sachkundig und tierschutzgerecht getötet werden.
  • Tierärzte sind verpflichtet, die Methode zu kennen oder sich kundig zu machen.
  • Nottötung/Euthanasie:
 * Zulässig, wenn dauerhafte Schmerzen oder Leiden nicht behebbar sind
 * Entscheidung in Absprache mit dem Tierarzt und dem Halter

Vernünftiger Grund – Anwendungsfälle & Prüfungswissen

Dieser Abschnitt vertieft die praxisrelevante Anwendung des Begriffs „vernünftiger Grund“ im Tierschutzrecht. Es geht um Schädlingsbekämpfung, Fütterungsintervalle, medizinische Versorgung und die ethische wie juristische Bewertung von Jungtiertötung.

Schädlingsbekämpfung

  • Schadnager wie Mäuse und Ratten werden durch Futtermittelreste, Spalten & Ritzen angelockt (z. B. in Schuppen, Leichtbauweise).
  • Sie gefährden:
 * Hygiene (Kot, Urin)
 * Futtermittelqualität (Anknabbern)
 * Tiergesundheit (Erregerübertragung)
  • Sachkundiges Töten ist hier ein vernünftiger Grund.
  • Zugelassene Methoden:
 * Zugelassene Mittel (z. B. im Baumarkt erhältlich)
 * Schädlingsbekämpfer mit Sachkundenachweis (§ 4 TierSchG)
 * Erschlagen/Ertränken ist nicht zulässig – keine tierschutzgerechte Methode.
  • Prüfungsfrage: Was begünstigt Schadnagerbefall?
 * Leichtbauweise, ungeschützte Lagerung, fehlende Türen/Dichtungen

Rechtsgrundsatz: Angemessenheit von Schmerzen, Leiden, Schäden

  • Schmerzen/Leiden dürfen nur in dem Maß zugefügt werden, wie es für den Zweck notwendig ist.
  • Tötungsmethoden müssen dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügen.

Fütterungsintervall & Versorgung

  • Ein verlängertes Fütterungsintervall (z. B. alle drei Tage Futter/Wasser) ist kein vernünftiger Grund – auch nicht bei Urlaub oder Krankheit.
  • → Verstoß gegen das TierSchG = Ordnungswidrigkeit
  • Prüfungsbegriff: „Fütterungsintervall“ = Zeitabstand zwischen Fütterungen

Unterlassene medizinische Versorgung aus Kostengründen

  • Beispiele:
 * „Der Hund war ein Geschenk – ich bezahle keinen Tierarzt.“
 * „Die Katze war billig – neue kostet weniger als Behandlung.“
  • Kein vernünftiger Grund
  • Auch wenn finanzielle Mittel begrenzt sind, muss die Grundversorgung gewährleistet sein.
  • Warnung: Tiere ohne Planung oder Absicherung zu halten, führt oft zur Abgabe → verantwortungslos

Jungtiertötung (z. B. bei „falscher“ Fellfarbe)

  • Töten gesunder Jungtiere in den ersten Lebenstagen ist nicht zulässig
 * Kein vernünftiger Grund: „Zuchtlinie passt nicht“ oder „zu viele“
  • Zulässig nur bei medizinischer Indikation:
 * z. B. Hasenscharte, Gaumenspalte, nicht überlebensfähige Missbildungen
 * Entscheidung durch Tierarzt → Euthanasie legitim
  • → Tötung ohne medizinischen Grund = Straftat (§ 17 TierSchG)

Prüfungsfragen & praktische Hinweise

  • Was wäre ein praktischer, aber nicht vernünftiger Grund?
 * Urlaubsvertretung fehlt → Versorgung nur alle drei Tage
 * Zuchtlinie „passt nicht“ → Welpen werden getötet
  • Abgrenzung zwischen Alltagslogik („praktisch“) und Tierschutzrecht („vernünftig“)
  • Aussetzen von Tieren zur Entledigung von Halterpflichten → Verboten
  • Diskussion zum Auslandstierschutz:
 * Tötung von Jungtieren ohne medizinischen Grund wird dort vereinzelt noch praktiziert → nicht rechtskonform

Schmerzen, Zuchtmissbrauch & Definitionen

Dieser Abschnitt enthält eine Teilnehmerfrage zu einem mutmaßlichen tierschutzrelevanten Zuchtfall sowie die didaktische Einführung in die juristische Definition von „Schmerz“ nach dem Tierschutzgesetz.

Teilnehmerfrage: Zuchthündin mit neurologischen Schäden

  • Praxisfall aus Hundepension mit angeschlossener Zucht:
 * Eine Zuchthündin zeigte nach Deckung neurologische Ausfälle (bis zur Bewegungsunfähigkeit).
 * Trotzdem wurde die Hündin nachgedeckt und brachte Welpen zur Welt.
 * Sie konnte bis zum Auszug der Welpen nicht laufen.
  • Reaktion des Dozenten:
 * „Nicht zulässig“, sofern ursächlicher Zusammenhang zwischen Deckakt und gesundheitlicher Schädigung besteht.
 * Tierhalter ist verpflichtet, den Zustand tierärztlich abklären zu lassen und geeignete Maßnahmen zu ergreifen.
  • Empfohlene Reaktion:
 * Veterinäramt benachrichtigen
 * Falls Züchter bekannt: direkte Ansprache sinnvoll
 * Hinweis: Solche Fälle sind prüfungsrelevant für das Verständnis von Tierschutzverstößen

Definition: Was ist Schmerz?

  • Einführung in den juristischen Schmerzbegriff:
 > „Unangenehme sensorische oder gefühlsmäßige Erfahrung, die durch eine tatsächliche oder mögliche Gewebeschädigung ausgelöst wird.“
  • Quelle: Internationale Vereinigung zur Erforschung des Schmerzes
  • Schmerz ist:
 * Subjektiv – keine objektive Messung möglich
 * Multidimensional – physisch und emotional
 * Abzugrenzen von „Leiden“ und „Schäden“ (folgt in späteren Abschnitten)

Bedeutung für den Tierschutz

  • Schmerzen lösen tierschutzrechtliche Pflichten aus:
 * z. B. Versorgungspflicht, Tierarztruf, Unterlassung weiterer Zuchtversuche
  • Kein „gefühltes Übel“, sondern juristisch definierter Zustand
  • Relevanz in der Prüfung:
 * Definition von Schmerz muss verstanden werden, nicht auswendig gelernt, aber angewandt

Didaktische Einbettung

  • Dozent betont, dass viele Begrifflichkeiten alltäglich erscheinen, aber im Tierschutzrecht technisch präzise gefasst sind
  • Schmerz ≠ „Tut weh“ – sondern: definierter Rechtsbegriff mit Konsequenz

Schmerzverständnis, Diagnostik & Prüfungswissen

Dieser Abschnitt vertieft das Verständnis des Schmerzbegriffs im Tierschutzrecht – praxisnah, juristisch präzise und mit klarem Prüfungsfokus. Zentrale Themen: subjektives Schmerzempfinden, physiologische Beispiele, Verhaltenserkennung, Diagnostik durch Tierpfleger*innen sowie Prüfungsanforderungen.

Schmerz: Definition & Unterscheidung

  • Juristische Definition:
 > „Unangenehme sensorische oder gefühlsmäßige Erfahrung, ausgelöst durch eine tatsächliche oder mögliche Gewebeschädigung.“
  • Beispiele zur Differenzierung:
 * Hand über Herdplatte → Schmerz ohne Gewebeschädigung (Warnsignal)
 * Hand auf Herdplatte → Schmerz mit tatsächlicher Schädigung (Brandblase)
  • Auch Tiere empfinden Schmerz ohne äußere Verletzung, etwa durch Erinnerung oder traumatische Erwartung
 * Beispiel: Hund, der nach Misshandlung bei bloßer Andeutung der Bewegung „Schmerz fühlt“
  • Schmerz kann auch rein emotional antizipiert werden (Furchtschmerz)
  • Phantomschmerz: Schmerzen trotz verheilter Gewebeschädigung → relevant z. B. bei Extremitätenamputationen
 * → Kann tiergerechtes Leben unmöglich machen → ggf. Euthanasie

Schmerz ist subjektiv & individuell

  • Schmerzempfinden variiert nach:
 * Tierart
 * Alter
 * Zuchtform
 * Individuum (Draufgänger vs. Sensibler Welpe)
  • Tiere äußern Schmerz kaum sichtbar, um Schwäche nicht zu zeigen
 * → Verstecken statt signalisieren
  • Diagnostik erfolgt daher:
 * Indirekt über Beobachtung
 * Auf Basis von Erfahrung, Kontextwissen & typischen Symptomen
 * Gefahr der Vermenschlichung vermeiden, aber anthropologische Analogien können hilfreich sein

Symptome von Schmerz (Hund/Katze)

  • Prüfungsrelevant: Mind. 10 Schmerz- oder Stresssymptome benennen können
  • Typische Symptome:
 * Hecheln, vermehrtes Speicheln
 * Verändertes Liege- und Ruheverhalten (z. B. auf schmerzender Seite liegen)
 * Zwanghaftes Lecken, Kratzen, Beißen an Körperstellen
 * Schmatzen, Gähnen (Beschwichtigungssignale)
 * Futterverweigerung, erhöhte Wasseraufnahme (z. B. bei Vergiftung, Pyometra)
 * Apathie oder Hyperaktivität
 * Rückzug, Aggressivität, verändertes Sozialverhalten
 * Verstärktes Schmatzen oder Lecken an der Nase
 * Lautäußerungen, Winseln, Jaulen
 * Schutzverhalten gegenüber bestimmten Körperteilen
 * Veränderte Mimik (Augenspannung, Muskeltonus)
  • Hinweis:
 * Viele Symptome sind nicht eindeutig, sondern müssen im Zusammenhang interpretiert werden
 * Stress und Schmerz können sich überlagern

Prüfungsrelevante Kernaussagen

  • Schmerz ist subjektiv, individuell und nicht immer sichtbar
  • Diagnostik erfolgt über Verhaltensbeobachtung & Kontextanalyse
  • Schmerzäußerung ≠ Schmerzempfinden
  • Definition verstehen: tatsächliche oder mögliche Gewebeschädigung
  • Schmerz ist abzugrenzen von:
 * Leiden (länger anhaltender negativer Zustand)
 * Schäden (irreversible Veränderungen)
  • Prüfungsfrage: Nennen Sie zehn Schmerzsymptome bei Hund oder Katze

Leiden, Verhalten & Tierschutzdefinitionen

Dieser Abschnitt beleuchtet das Konzept „Leiden“ aus Sicht des Tierschutzrechts – mit praxisnahen Beispielen, klarer Abgrenzung zu Schmerz und tiefenpsychologischen Hinweisen auf Verhaltensstörungen als Ausdruck chronischer Belastung.

Übergang: Vom Schmerz zum Leiden

  • Schmerzen können chronifizieren und in Leiden übergehen.
  • Verhaltensänderungen sind oft erste Warnzeichen:
 * Rutenhaltung verändert sich
 * Bewegungsunlust, Hinlegen beim Spaziergang
 * Vermeidung bestimmter Bewegungen (z. B. Springen ins Auto)
 * Übersprungshandlungen (z. B. Lecken an erreichbaren Stellen)
 * Verändertes Kot-/Urinverhalten

Wesensveränderung als Schmerzindikator

  • Aggressivität bei vormals freundlichen Tieren → mögliches Schmerzzeichen
  • Teilnahmslosigkeit oder Rastlosigkeit
  • Kein Durchschlafen, kein Appetit, keine Spielfreude
  • „Er ist halt alt“ = Trugschluss → kann Ausdruck von chronischem Leiden sein

Körperliche Folgesymptome bei unbehandeltem Schmerz

  • Wachstumsverzögerung bei Jungtieren
  • Abmagerung, Rückbildung der Muskulatur
  • Schonhaltungen, Lahmheiten, Fellveränderungen
  • Gewichtsverlust & Rückzug über längere Zeit

Definition „Leiden“ im Tierschutzrecht

  • Juristisch:
 > „Leiden sind alle nicht bereits vom Schmerzbegriff erfassten Beeinträchtigungen des Wohlbefindens.“
  • Kriterien:
 * Dauerhaftigkeit: keine kurze Unannehmlichkeit
 * Qualität/Intensität: mehr als leichtes Unbehagen
 * Wesenswidrigkeit: Zustand widerspricht Instinkt/Artverhalten
  • Beispiel:
 * Tier in zugiger, feuchter Umgebung → Flucht wäre instinktiv, aber Haltung erlaubt kein Entkommen → Leiden
  • Stress und Angst gelten unter bestimmten Umständen ebenfalls als Leiden

Verhaltensstörungen als Ausdruck von Leiden

  • Keine sichtbare Krankheit – aber abweichendes Verhalten:
 * Kreiseln bei Katzen nach jahrelanger Käfighaltung
 * Apathie trotz stabiler Vitalwerte
 * Übermäßige Aggression oder Rückzug
  • Analogie: Mensch mit Depression erscheint körperlich „gesund“, leidet aber massiv
  • Wichtiger Prüfungsaspekt:
 * Auch bei fehlender äußerer Verletzung können Tiere massiv leiden

Ursachen von Leiden

  • Überforderung: zu viele Reize, wechselnde Umgebungen, Anforderungen ohne Anpassung
  • Unterforderung: Monotonie, fehlende Aufgaben, Langeweile
  • Nicht artgerechte Haltungsbedingungen: fehlende Rückzugsmöglichkeiten, soziale Isolation, Enge, Reizarmut
  • Fehlende Beschäftigung führt zu erlerntem Hilflosigkeitsverhalten

Prüfungsrelevante Unterscheidung

  • Schmerz: körperliche/geistige Reaktion auf tatsächliche oder mögliche Gewebeschädigung
  • Leiden: anhaltende Beeinträchtigung des Wohlbefindens ohne klare Gewebeschädigung
  • Schaden: irreversible körperliche Veränderung (z. B. Verlust eines Auges)
  • → Alle drei Begriffe müssen differenziert verstanden und anwendungsbezogen erläutert werden

Schmerz – Leiden – Schaden: Abgrenzung & Prüfungswissen

Dieser Abschnitt bündelt zentrale Definitionen des Tierschutzrechts: Schmerz, Leiden und Schaden werden juristisch präzise erklärt, voneinander abgegrenzt und durch Fallbeispiele aus der Praxis illustriert. Ergänzt wird das durch eine physiologische Einführung zu Stress als Ursache für Leiden.

Ursachen für Leiden

  • Nicht artgerechte Haltung:
 * Fehlende Ausstattung, Parasitenbefall → Juckreiz, Kratzen, offene Hautstellen
 * Schlechte Gruppenzusammenstellung → Jagdverhalten, Dominanz, fehlende Rückzugsmöglichkeiten
 * Zu hohe Besatzdichte → Stress durch Enge
  • Stress als Auslöser für Leiden:
 * Normale Reaktion auf Gefahr → kurzfristig sinnvoll
 * Beispiel: „Hinter jeder Tür steht ein Löwe“ → Dauerstress, Cortisolanstieg, Schlafmangel
 * Dauerhafter, wiederholter Stress mit hoher Intensität → pathologisch → Leiden
 * Lernhemmung unter Stress: „Stress ist ein Hemmschuh beim Lernen“

Didaktisches Ziel: Begriffsklärung mit Leben füllen

  • Ziel: Statische Begriffe (Schmerz, Leiden, Schaden) mit praktischer Bedeutung verknüpfen
  • Dozent fordert: Weiterdenken, eigene Fälle reflektieren
  • Beispielhafte Unterscheidung:
 * Schmerz = Moment
 * Leiden = Dauer
 * Schaden = Resultat

Definition: Schaden

  • Schaden ist:
 > „Ein Zustand, der sich körperlich oder seelisch zum Schlechteren verändert.“
  • Formen:
 * Körperlich: z. B. Verletzung, Untergewicht, Gleichgewichtsstörung, Stoffwechselerkrankung
 * Geistig: z. B. Traumatisierung, dauerhafte Angst
 * Vorübergehend oder dauerhaft – beides zählt
  • Beispiel:
 * Unfall → Auto hat physischen Schaden, Mensch hat evtl. seelischen
  • Schäden entstehen durch:
 * Managementfehler (z. B. falsche Gruppenzusammenstellung)
 * Unsachgemäßes Handling
 * Ernährungsmängel (→ Verfettung, Abmagerung, Stoffwechselstörung)
 * Chronische Erkrankungen

Abgrenzung der Begriffe

Begriff Definition Dauer Ursache Beispiel
Schmerz Unangenehme sensorische oder gefühlsmäßige Erfahrung Kurz bis mittel Gewebeschädigung real oder möglich Schnittwunde, Verbrennung
Leiden Anhaltende Beeinträchtigung des Wohlbefindens Langfristig Dauerstress, Isolation, Unkontrollierbarkeit Frieren im zugigen Raum, soziale Vereinsamung
Schaden Irreversible Veränderung (körperlich oder geistig) Ergebnis Folgezustand von Schmerz/Leiden Nervenschaden, chronische Lahmheit, Depression
  • Prüfungsmerksatz:
 * Schmerz ist Erfahrung
 * Leiden ist Beeinträchtigung
 * Schaden ist Veränderung

Prüfungsbezug und Grenzfälle

  • Frage: Ist Stress ein Leiden?
 * Antwort: Kommt auf Intensität & Dauer an
 * Akuter Stress = normal
 * Dauerstress → Leiden
  • Frage: Kann Schmerz ohne sichtbaren Schaden bestehen?
 * Ja → z. B. Phantomschmerzen, emotionale Trigger

Tierschutzrechtliche Konsequenz

  • Der größte Schaden, den man einem Tier zufügen kann, ist:
 > Der Tod
  • Tod ist nicht zulässig:
 * zur Urlaubsvertretung
 * aus Platzgründen
 * wegen Überzahl bei Jungtieren
  • → Diese Gründe gelten nicht als „vernünftiger Grund“ i. S. d. § 17 TierSchG

Qualzucht, § 2 TierSchG & Systemkonflikte

Dieser Abschnitt behandelt rechtliche, politische und praktische Kernfragen des Tierschutzes: Warum bleibt das Qualzuchtverbot oft wirkungslos? Wann ist die Tötung von Tieren strafbar? Welche Verantwortung tragen Tierbetreuende? Und wie lassen sich Tierschutzvorgaben mit anderen Rechtsbereichen wie Bau- und Gefahrenabwehrrecht vereinbaren?

Tötung ohne vernünftigen Grund: Straftat nach § 17 TierSchG

  • Tiere dürfen nicht ohne vernünftigen Grund getötet werden.
  • Solche Tötungen sind:
 * Straftaten nach § 17 TierSchG
 * Strafbar mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe
  • Praxisproblem: „Wo kein Kläger, da kein Richter“
 * Viele Fälle werden nicht angezeigt, daher keine Ahndung
  • Beispiele für nicht zulässige Gründe:
 * Urlaub
 * Überfüllung (Tierheime, Züchter)
 * Platzmangel

Warum ist das Qualzuchtverbot so schwer durchzusetzen?

  • § 11b TierSchG ist:
 * juristisch schwammig formuliert
 * schwer vollziehbar
  • Probleme:
 * Altes Gutachten (ca. 20 Jahre alt), viele neue Rassen/Zuchtformen fehlen
 * Umsetzung liegt bei Veterinärämtern, die in Einzelfällen Schäden, Schmerzen, Leiden nachweisen müssen
 * Das ist aufwendig, langwierig und scheitert oft an Ressourcen und Beweislast
  • Folge: Qualzuchten existieren weiter, trotz theoretischem Verbot

Verhaltensstörungen als Ausdruck von Leiden und Schaden

  • Stereotypien:
 * Wiederholte, sinnentleerte Bewegungsmuster (z. B. Tiger läuft im Käfig im Kreis)
 * Weben bei Elefanten, Grabversuche bei Mäusen, Kreiseln bei Katzen
  • Selbst- und fremdschädigendes Verhalten
  • Erzwungenes Nichtverhalten:
 * Apathie, Rückzug, scheinbare Teilnahmslosigkeit
 * Wird oft als „normal“ (z. B. Alter) fehlinterpretiert
  • Verhaltensstörungen sind:
 * Symptom für Leiden
 * können selbst Schaden darstellen
 * → fließender Übergang zwischen Leiden und Schaden

§ 2 TierSchG: Pflichten von Halter und Betreuer

  • Beide sind gleich verantwortlich, wenn Betreuung übernommen wurde:
 * artgerechte Ernährung
 * Pflege & Gesundheitskontrolle
 * Unterbringung nach Tierschutz-Normen
  • Auch Betreuer (Pension, Tagesstätte, Urlaubsbetreuung) sind rechtlich pflichtig
  • Veterinäramt kann Maßnahmen ergreifen:
 * Fristsetzung zur Nachbesserung
 * Tierarztbesuch anordnen
 * Erwerb von Kenntnissen & Fähigkeiten verlangen
  • Beispielpflichten:
 * Fellpflege
 * Saubere Unterkunft nach Tierschutz-Hundeverordnung oder TVT-Merkblatt
 * Bewegung & Beschäftigung

Bewegung als Gesundheitsfaktor

  • Bewegung ist für Tiere essentiell, um Lebensvorgänge zu regulieren (z. B. Lymphfluss)
  • Fehlende Bewegung → Risiko für:
 * Schmerzen
 * Leiden
 * Schäden
  • Daher gesetzlich vorgeschrieben: „ausreichend artgemäße Bewegung“

Konfliktlinien im System: Tierschutz vs. Gefahrenabwehr vs. Bauordnung

  • Beispiel: Freilaufverbot in Schleswig-Holstein
 * Tierschutz: Hunde brauchen Freilauf
 * Gefahrenabwehr (Innenministerium): Menschenschutz geht vor
 * → Widerspruch im System
  • Weitere Konflikte:
 * Tierschutz will offene, bewegungsfreundliche Räume
 * Bauordnung, Denkmalschutz & Brandschutz setzen enge Grenzen
  • Fazit: Tierhalter*innen und Betreiber*innen müssen oft unvereinbare Vorgaben gleichzeitig erfüllen

Prüfungsrelevante Kernaussagen

  • Tötung ohne vernünftigen Grund = Straftat
  • § 11b (Qualzuchtverbot) scheitert an Vollzug & Nachweislast
  • Verhaltensstörungen = Indikator für Leiden/Schaden
  • § 2 gilt auch für Betreuer
  • Bewegung ist gesetzlich gefordert – nicht optional
  • Systemische Zielkonflikte zwischen Tierschutz & anderen Rechtsbereichen sind real

Tierpension, § 2 & § 3 TierSchG, Tierschutzhundeverordnung

Dieses Transkript liefert eine juristisch und praktisch verdichtete Zusammenstellung zentraler Inhalte aus dem Tierschutzgesetz. Fokus liegt auf: Betreuungspflichten (§ 2), strukturellen Grauzonen in Tierpensionen, systemischen Zielkonflikten, sowie Verboten tierschutzwidriger Praktiken nach § 3 TierSchG und der Tierschutzhundeverordnung.

Bewegungseinschränkung als tierschutzrelevanter Mangel

  • Fehlende Freilaufmöglichkeiten (nur Grundstück, Laufleine, Hundeplatz) = Einschränkung
  • Tierschutz verlangt: artgemäße Bewegungsmöglichkeit (vgl. TVT-Merkblätter)

§ 2 TierSchG: Tierhalter & Betreuer – gleiche Pflichten

  • Prüfung fragt nicht nach Gesetzestext, sondern: Wer trägt welche Verantwortung?
  • Halter und Betreuer sind gleichwertig in der Pflicht
  • Typische Fehler:
 * „Ist ja nur zur Pflege“ → falsche Fütterung, keine Pflege → nicht zulässig
 * „Wird eh bald abgeholt“ → keine Ausrede

Tierpension: rechtliche Grauzone & Prüfungsrelevanz

  • Keine klare Obergrenze für Tiere in Pension
  • Ab ca. 10 Tieren → „gewerblicher Charakter“ möglich → Erlaubnispflichtig nach § 11 TierSchG
  • Kombination Zucht + Pension problematisch (z. B. Hygienerisiken)
  • Separate Genehmigung notwendig (eigene Tätigkeit!)
  • Vorschläge:
 * 1 Betreuer auf 5 Tiere (z. B. Frankfurt)
 * Sachkunde ggf. nur gegenüber Betreiber, nicht Veterinäramt
  • Übergangsvorschriften sind zu erwarten, ggf. „schleichende Einführung“

§ 3 TierSchG: Verbotene Handlungen

a) Überforderung durch übersteigerte Leistungen

  • Tiere dürfen nicht zu Leistungen gezwungen werden, denen sie offensichtlich nicht gewachsen sind
  • Häufigster Fehler:
 * Ständige Gruppenwechsel ohne Vorbereitung
 * Sozialisierungsdefizite → Überforderung
  • Selten: Doping bei Tieren

b) Aussetzen & Zurücklassen

  • Kartons vor Tierheimen
  • Freilassung im Wald, an Autobahnen
  • = Verstoß gegen § 3 Nr. 3 TierSchG

c) Ausbildung unter Schmerzen, Leiden, Schäden

  • „Erheblich“ wurde aus der neuen Tierschutzhundeverordnung gestrichen
 * Juristisch: Alles Relevante ist „erheblich“ – keine Intensitätsgrenze mehr
  • Teletaktgeräte:
 * Keine Bauartprüfung in Deutschland
 * Strafreiz muss innerhalb 0,5–1 Sekunde erfolgen → praktisch unmöglich
 * → Einordnung durch TVT: tierschutzwidrig

d) Schaustellung, Filmdressur & Schärfenanreize

  • Tiere durch Hunger zum Wasser/Futter laufen lassen (Film) = verboten
  • Ausbildung zur Aggression gegenüber Artgenossen (z. B. bei Kampfhunden) = verboten
  • Ausbildung mit nachteiligen Folgen für das Tier selbst = unzulässig

e) Verbotene Fütterung

  • Zwangsfütterung nur bei medizinischer Notwendigkeit durch Tierarzt erlaubt
  • Verboten:
 * Gekochte Geflügelknochen → splittern
 * Reine Knochenfütterung → Verstopfungsgefahr
 * Schmerz-, leid- oder schadensverursachende Nahrung

Prüfungsrelevanz und didaktischer Fokus

  • Prüfung verlangt Fallverständnis, nicht Paragrafenzitation
  • Relevante Punkte:
 * Betreuung = Pflicht, auch bei „nur Pflege“
 * Kombination von Tätigkeiten (Zucht & Pension) = genehmigungspflichtig
 * Vermeidung tierschutzwidriger Ausbildungsmethoden
 * Subjektive Belastung des Tieres entscheidet – nicht die Absicht des Menschen

Tierschutzgerechtes Töten, Zwangsfütterung, Schädlingsbekämpfung

Knochenfütterung: Akzeptanz und Risiko

  • Knochen sind:
 * gern gefressene Beschäftigungsmittel
 * kulturell tief verankert (z. B. Symbolik, Verpackungen)
  • Aber: Gefahren durch falsche Darreichungsform:
 * z. B. gekochte Knochen → splittern, bilden leimartige Massen → Darmverschluss
  • Prüfungsrelevant:
 * Werden Knochen gern gefressen? → Ja, wenn geeignete Form
 * Gibt es Risiken? → Ja, bei ungeeigneter Form

2. Tierschutzwidriges Zubehör: Stellungnahmen & Praxis

  • TVT (Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz) gibt klare Empfehlungen
  • Beispiele für tierschutzwidriges Zubehör:
 * Unsichtbare Zäune
 * Wellstopp-Halsbänder: unterdrücken Atmung & Verhalten → keine Therapie, sondern Problemverschiebung
  • Empfehlung:
 * Stellungnahmen und Merkblätter konsultieren
 * Zubehör immer unter dem Aspekt der Verhaltensgerechtigkeit prüfen

Tötung von Tieren – Voraussetzungen & Ablauf

a) Rechtlicher Rahmen

  • Jedes Töten eines Wirbeltieres (z. B. Hund, Katze) ist nur zulässig bei:
 * Vorheriger Betäubung
 * Vermeidung von unnötigen Schmerzen
  • Nur Personen mit:
 * Kenntnissen, Fähigkeiten und Erfahrung
 * → i. d. R. Tierärzte
  • Ausnahmefälle (landwirtschaftliche Nutztiere): Sachkundiger nach § 4 TierSchG

b) Ablauf einer fachgerechten Euthanasie

  • Zwei-Schritte-Verfahren:
 1. Tiefe, allgemeine Betäubung (→ Empfindungs- und Wahrnehmungslosigkeit)
 2. Tötung (z. B. durch Überdosierung eines Narkotikums)
  • Prüfungsmerkmal: Tod muss innerhalb der Betäubung eintreten
  • Ziel: keine Schmerzempfindung beim Sterben

c) Wann ist Euthanasie zulässig?

  • Tier leidet unter nicht behandelbaren Schmerzen, Leiden oder Schäden
  • Ein Weiterleben wäre:
 * nur mit langwieriger, schmerzhafter Therapie möglich
 * oder mit permanentem Leid verbunden
  • Entscheidung liegt beim Tierarzt

d) Tierhalter und Nottötung

  • Bei Hunden und Katzen → Tierarzt kontaktieren
  • „Nicht transportfähig“ wird nicht akzeptiert – Zugang zum Tierarzt muss organisiert werden

Schädlingsbekämpfung unter dem Tierschutzgesetz

  • Schädlinge sind:
 * Gesundheitsgefährdung (Überträger, Kontaminierer)
 * Gefahr für gehaltene Tiere (z. B. Rattenangriffe nachts)
  • ABER:
 * Auch bei Schädlingsbekämpfung gilt das Tierschutzgesetz
 * Nur unvermeidbare Schmerzen zulässig
 * Auch Schädlinge sind Tiere – dürfen nicht unnötig leiden

Prüfungsrelevante Kernsätze

  • Knochen: Ja, aber roh & geeignet – sonst Gesundheitsgefahr
  • Zubehör: Funktional ≠ tierschutzkonform – Verhalten muss lösungsorientiert geführt werden
  • Tod nur unter Betäubung und ohne Wahrnehmung
  • Tierarzt = erste Instanz für Euthanasie
  • Auch Ratten haben Anspruch auf „minimales Leid“

Nottötung durch Jäger, Kopieren, § 11-Erlaubnis

Sonderfall: Nottötung durch Jäger

  • Ausgangsfrage: Darf ein Jäger seinen eigenen Hund töten, um Leid zu verkürzen?
  • Grundsätzlich: Nein – für Haustiere gelten Tierschutzgesetze
  • Ausnahme möglich:
 * Bei schwerster Verletzung während der Jagd (z. B. Wirbelsäulenbruch)
 * Transport wäre mit mehr Leid verbunden als sofortige Tötung
 * Waffe muss geeignet, Tötung sachkundig und sofort wirksam sein
 * Nachweispflicht im Konfliktfall
  • Aussage eines Teilnehmers (Jäger): Aus Liebe zum Tier immer Gang zum Tierarzt → auch in Drückjagd-Situationen

Eingriffe an Tieren – § 6 TierSchG

  • Mit Schmerzen verbundene Eingriffe nur mit:
 * Betäubung
 * Tierärztlicher Ausführung
  • Verboten: vollständige oder teilweise Amputationen ohne medizinische Indikation
 * Beispiele: Kopieren von Ohren, Schwanz, Daumenkrallen
 * Ziel: Veränderung des Erscheinungsbildes = nicht zulässig
  • Historie:
 * Seit 1987: Verbot Ohren-Kopieren
 * Seit 1998: Verbot Schwanz- und Krallenamputation
  • Ausnahme:
 * Medizinische Notwendigkeit → z. B. Amputation zur Lebensrettung
 * Beispiel: Rettung des Wohlbefindens durch chirurgische Maßnahme
 * Auch Kastration zählt juristisch als Amputation → erlaubt bei medizinischer Indikation oder zur Verhinderung unkontrollierter Fortpflanzung

§ 11 TierSchG – Erlaubnispflichtige Tätigkeiten

  • Tätigkeiten mit Tieren, die eine behördliche Erlaubnis erfordern:
 * z. B. Haltung von Tieren für Dritte in Tierheimen oder tierheimähnlichen Einrichtungen
  • Diskussionspunkt: Was gilt als „tierheimähnliche Einrichtung“?
 * Beispiel: Pflegestellen
   * Tiere werden im Auftrag eines Tierheims privat untergebracht
   * Futter- und Tierarztkosten trägt das Tierheim
   * → Genehmigungspflicht nach § 11 möglich
  • Dozent betont:
 * Keine klare gesetzliche Definition
 * Aber: Verantwortung, Zahl der Tiere, Dauer → entscheidend für Erlaubnispflicht

Prüfungsrelevante Klarstellungen

  • § 5: Schmerzen = immer Betäubung + tierärztliche Durchführung
  • § 6: Kopieren = verboten (außer für Jagdhunde in Ausnahmefällen beim Welpen)
  • § 11: Tätigkeiten für Dritte mit Tieren = immer prüfungsrelevant, Erlaubnispflicht genau abwägen

Nottötung durch Jäger, Kopieren, § 11-Erlaubnis

Sonderfall: Nottötung durch Jäger

  • Ausgangsfrage: Darf ein Jäger seinen eigenen Hund töten, um Leid zu verkürzen?
  • Grundsätzlich: Nein – für Haustiere gelten Tierschutzgesetze
  • Ausnahme möglich:
 * Bei schwerster Verletzung während der Jagd (z. B. Wirbelsäulenbruch)
 * Transport wäre mit mehr Leid verbunden als sofortige Tötung
 * Waffe muss geeignet, Tötung sachkundig und sofort wirksam sein
 * Nachweispflicht im Konfliktfall
  • Aussage eines Teilnehmers (Jäger): Aus Liebe zum Tier immer Gang zum Tierarzt → auch in Drückjagd-Situationen

Eingriffe an Tieren – § 6 TierSchG

  • Mit Schmerzen verbundene Eingriffe nur mit:
 * Betäubung
 * Tierärztlicher Ausführung
  • Verboten: vollständige oder teilweise Amputationen ohne medizinische Indikation
 * Beispiele: Kopieren von Ohren, Schwanz, Daumenkrallen
 * Ziel: Veränderung des Erscheinungsbildes = nicht zulässig
  • Historie:
 * Seit 1987: Verbot Ohren-Kopieren
 * Seit 1998: Verbot Schwanz- und Krallenamputation
  • Ausnahme:
 * Medizinische Notwendigkeit → z. B. Amputation zur Lebensrettung
 * Beispiel: Rettung des Wohlbefindens durch chirurgische Maßnahme
 * Auch Kastration zählt juristisch als Amputation → erlaubt bei medizinischer Indikation oder zur Verhinderung unkontrollierter Fortpflanzung

§ 11 TierSchG – Erlaubnispflichtige Tätigkeiten

  • Tätigkeiten mit Tieren, die eine behördliche Erlaubnis erfordern:
 * z. B. Haltung von Tieren für Dritte in Tierheimen oder tierheimähnlichen Einrichtungen
  • Diskussionspunkt: Was gilt als „tierheimähnliche Einrichtung“?
 * Beispiel: Pflegestellen
   * Tiere werden im Auftrag eines Tierheims privat untergebracht
   * Futter- und Tierarztkosten trägt das Tierheim
   * → Genehmigungspflicht nach § 11 möglich
  • Dozent betont:
 * Keine klare gesetzliche Definition
 * Aber: Verantwortung, Zahl der Tiere, Dauer → entscheidend für Erlaubnispflicht

Prüfungsrelevante Klarstellungen

  • § 5: Schmerzen = immer Betäubung + tierärztliche Durchführung
  • § 6: Kopieren = verboten (außer für Jagdhunde in Ausnahmefällen beim Welpen)
  • § 11: Tätigkeiten für Dritte mit Tieren = immer prüfungsrelevant, Erlaubnispflicht genau abwägen

§ 11 TierSchG – Auslandstierschutz, Pflegestellen, Plattformen (30.06.2025, 12:53)

Tierheim oder tierheimähnlich?

  • Erlaubnispflicht nach § 11 TierSchG greift bei:
 * Haltung von Tieren für Dritte in tierheimähnlicher Struktur
 * auch bei Pflegestellen, wenn:
   * mehrere Tiere betreut werden
   * regelmäßig aufgenommen und weitervermittelt wird
   * Futter- und Tierarztkosten vom Verein übernommen werden
  • Keine feste Zahlengrenze im Gesetz oder der Verwaltungsvorschrift:
 * Theoretisch ab dem ersten Tier
 * Praktisch wird Erlaubnispflicht bei steigender Tierzahl und Organisation angenommen
  • Empfehlung: Einzelfallprüfung mit Veterinäramt

Auslandstierschutz: Klarstellung durch Gesetzesänderung 2013

  • Wer Wirbeltiere (außer Nutztiere):
 * einführt oder verbringt, oder
 * vermittelt, wenn sie zur Weitergabe bestimmt sind,
 * gegen Entgelt oder andere Gegenleistungbraucht eine Erlaubnis
  • Auch relevant:
 * Bereits bei einem Tier, wenn Wiederholungsabsicht oder Struktur erkennbar
 * Keine Differenzierung mehr zwischen Hobby, Spende, Unkostenbeitrag etc.
  • Typische Prüfungsformulierung:
 > „Wer Wirbeltiere, die keine Nutztiere sind, zum Zwecke der Abgabe gegen Entgelt oder sonstige Gegenleistung in das Inland verbringt oder einführt …“

Gewerbsmäßigkeit: Keine Flucht in Kleinstbeträge

  • Einnahmegrenze von 2.000 €/Jahr dient als Orientierung (nicht Ausschluss!)
  • Auch bei mehreren „Mini-Tätigkeiten“ (z. B. 1.995 € aus Hundepension, 1.995 € aus Handel …):
 * → Gesamtschau der Tätigkeit
 * Summe = gewerbsmäßige Struktur
  • Beispiel:
 * „Gemischtwarenladen“ aus Hundepension, Zucht, Training, Vermittlung
 * Auch wenn jede Sparte < 2.000 €, ist Gesamtheit erlaubnispflichtig
  • Züchtergemeinschaften (Ehepartner etc.):
 * Aufteilung auf verschiedene Namen schützt nicht vor Einstufung als gewerbsmäßig

Plattformen & private Vermittlung

  • Privatpersonen, die über Online-Plattformen regelmäßig Hunde/Katzen aufnehmen und weitergeben:
 * → ebenfalls erlaubnispflichtig, wenn Wiederholungsabsicht + Einnahmen erkennbar
  • Steuerliche Geltendmachung, Spenden oder „Freizeitbeschäftigung“ sind irrelevant, wenn:
 * Tiere nicht dauerhaft im eigenen Haushalt verbleiben

Empfehlung des Dozenten

  • Transparente Kommunikation mit dem Veterinäramt
 * Frühzeitig ansprechen
 * Sachverhalt schildern
 * Antwort notieren + per E-Mail dokumentieren
 * Beispieltext:
   > „Vielen Dank für das freundliche Gespräch. Sie haben mir mitgeteilt, dass unter den gegebenen Voraussetzungen keine Erlaubnis erforderlich ist …“

Sanktionen bei Verstoß

  • Bußgelder im Bereich von 20.000–30.000 € möglich
  • Inklusive:
 * Tätigkeitsuntersagung
 * Schließung der Einrichtung
  • Besonders kritisch:
 * Erstkontakt durch Anzeige oder Beschwerde
 * Keine vorherige Meldung → negatives Licht

Weitere erlaubnispflichtige Tätigkeiten (§ 11 Abs. 1 Nr. 1–8 TierSchG)

  • Zucht, Haltung, Handel, Ausstellung
  • Ausbildung von Hunden (auch durch Anleiten der Halter)
  • Bereitstellung von Tieren für Dritte

Gewerbsmäßiges Halten, Tierheime vs. Pensionen, Betreuung

Tierheime vs. Tierpensionen

  • Tierheime:
 * Dauerhaft angelegte Einrichtungen
 * Aufnahme & Pflege v. Fund-, Abgabe-, Verwahr- und sichergestellten Tieren
 * Oft fremdbestimmt (Behörden, Fundtiere, etc.)
  • Tierpensionen:
 * Vorübergehende oder dauerhafte Unterbringung von Tieren Dritter
 * Gewerbliche Struktur
 * Bedarf eigener Erlaubnis (§ 11 Abs. 1 Nr. 3 bzw. 8a)
 * Kombination mit Tierheim: gewerbsmäßiges Halten zusätzlich beantragen
  • Hinweis: Viele Tierheime bieten zusätzlich Urlaubsbetreuung an → gewerbsmäßiges Halten beachten!

Definition „gewerbsmäßig“

  • Begriff stammt aus dem Tierschutzgesetz (nicht Steuerrecht)
  • Gewerbsmäßig handelt, wer:
 * selbstständig tätig ist
 * planmäßig und wiederholt agiert
 * mit der Absicht der Gewinnerzielung
  • Kriterien aus Verwaltungsvorschrift (nicht prüfungsrelevant, aber relevant für Praxis!):
 * Einnahmeabsicht ≥ 2.000 €/Jahr
 * Planmäßigkeit und Wiederholung
 * Tierzahlen und Absatzmengen als Orientierungsgrößen
 * → Einzelfallentscheidung durch Veterinäramt

Betreuung = Halten? Uneinigkeit in Behörden

  • Betreuung (z. B. Hundesitting mobil/stationär):
 * Bei Gewinnerzielung → rechtlich = gewerbsmäßiges Halten
 * Aber: unterschiedliche Praxis der Veterinärämter
   * mobil = keine Erlaubnis?
   * stationär = Erlaubnispflicht?
   * über Nacht = anders als tagsüber?
  • Empfehlung:
 * Rücksprache mit Veterinäramt suchen
 * Aussage schriftlich oder per E-Mail dokumentieren!
 * Beispiel:
   > „Sie sagten am 30.06.2025, dass bei meiner Tätigkeit keine Erlaubnis nach § 11 erforderlich ist …“

§ 11 als „Weiterentwicklung“ von § 2 TierSchG

  • § 2: Anforderungen an Tierhalter allgemein:
 * Ernährung, Pflege, Unterbringung, Bewegung, Sicherheit
  • § 11: Wenn Haltung/Beschäftigung mit Tieren gewerbsmäßig oder in größerem Umfang erfolgt:
 * Dann Erlaubnispflicht
 * Kontrolle vor Ort durch Veterinäramt
 * Nachweispflichten, Sachkundenachweis, bauliche Anforderungen etc.

Halterbegriff (juristisch präzise)

  • Halter ist:
 * Jede natürliche oder juristische Person
 * die ständig oder vorübergehend die tatsächliche Obhut hat
  • → Eigentum ist nicht entscheidend!
  • Auch:
 * Pensionsinhaber, Tiertransporteure, mobile Betreuer gelten als Halter im weiteren Sinne
 * → Pflichten gemäß § 2 & § 11 TierSchG

Prüfungsrelevanz & Strategie

  • Nicht alle Behörden arbeiten einheitlich
  • Manche ignorieren Betreuungsformen als erlaubnispflichtig
  • Wichtig: eigene Dokumentation, um spätere Haftungsrisiken zu minimieren
  • Verweis auf:
 * Moritz/Felde (Kommentar zum TierSchG), Rn. 5, § 11: Halten = auch kurzfristige Betreuung

Änderungen, Abgabeverbot, Qualzucht

Änderungen der Voraussetzungen – Meldepflicht

  • Tätigkeitsbeginn nur nach Erlaubniserteilung erlaubt!
 * Verstoß → Untersagung der Tätigkeit oder Schließung der Räume
  • Änderungen sofort mitteilen – z. B.:
 * Umzug (auch innerhalb desselben Straßenzugs)
 * Wechsel der verantwortlichen Person
 * Erweiterung der Tierzahl (z. B. von 6 auf 12 Katzen)
 * Wechsel der Tierarten (z. B. Hunde statt Katzen)
  • Begründung:
 * Die Erlaubnis ist konkret gebunden an:
   * die Räumlichkeiten
   * die verantwortlichen Personen
   * die Tierarten & -zahlen
  • Rechtsfolgen:
 * Erlöschen der Erlaubnis, wenn Änderungen nicht gemeldet werden
 * Neubeantragung kann erforderlich sein
  • Prüfungsrelevant: Begriff „sofort“ – keine 4 Wochen oder Übergangsfrist!

Abgabe nur an Personen ab 16 Jahren

  • Gilt für alle Wirbeltiere (nicht nur gewerblicher Handel)
  • Abgabe nur an Personen ab vollendetem 16. Lebensjahr
  • Hinweis:
 * Rechtlich bindend ist das 16. Lebensjahr
 * In der Praxis oft höhere Altersgrenzen (18 oder 21), z. B. bei Zuchtverträgen
  • Prüfungsmerkregel: 16 merken!

Qualzucht – Definition & Konsequenzen

  • Verboten gemäß § 11b TierSchG
  • Qualzucht liegt vor, wenn:
 * Tieren oder ihren Nachkommen Körperteile oder Organe fehlen, untauglich sind oder umgestaltet
 * daraus Schmerzen, Leiden oder Schäden entstehen
  • Beispiele:
 * Kurzköpfige Hunde mit Atemnot (z. B. Französische Bulldogge)
 * Tiere mit Bewegungseinschränkungen
  • Maßnahmen:
 * Zuchtverbot durch Veterinäramt
 * ggf. Unfruchtbarmachung (Kastration)

Erweiterte Qualzuchtdefinition: Verhalten & Genetik

  • Tierschutz bezieht sich auch auf:
 * Verhaltensstörungen (nicht nur sichtbare Merkmale)
 * Erbliche Belastungen, die psychisches Leid verursachen
 * Beispiel:
   * Sozialunverträglichkeit, Stereotypien mit genetischer Ursache
  • Genetische Fixierung auf ein Merkmal (z. B. Fellfarbe) kann andere genetische Defekte einschließen
 * z. B. Stoffwechselstörungen, Fehlbildungen
  • Wichtig: Nicht nur das Sichtbare zählt – auch innere Schäden sind tierschutzrelevant

Prüfungsrelevante Praxisfragen

  • „Wie gehen Sie in der Betreuung mit kurzköpfigen Hunden um?“
  • „Worauf achten Sie bei der Zucht bezüglich kurzer Nasen, Überhitzung?“
  • Merke:
 * Tierschutz umfasst sowohl:
   * körperliche Symptome
   * psychische Symptome
 * beides kann Erlaubnisauflagen oder Zuchtverbote begründen

Qualzucht, Brachycephalie, genetisches Tierleid

Definition Qualzucht

Qualzucht liegt gemäß § 11b TierSchG vor, wenn Tieren Körperteile oder Organe fehlen, untauglich oder umgestaltet sind, oder Verhaltensstörungen auftreten – und dadurch Schmerzen, Leiden oder Schäden entstehen.

Zwei zentrale Prüfmerkmale:

  • Körperliche Veränderungen (z. B. deformierte Schädel, fehlende Tasthaare)
  • Verhaltensstörungen mit genetischer Ursache (z. B. Stereotypien)

Beispiele für Qualzucht

Hunde:

  • Brachycephalie (Kurzköpfigkeit):
 * Verkürzte Oberkiefer, enge Nasenlöcher, verlängertes Gaumensegel
 * Folgen: Atemnot, Überhitzung, Schnaufen, kollabierender Atemtrakt
 * Reduzierte Nasenstruktur = eingeschränkte "Klimaanlage" des Körpers
 * Vergleich: 
   * Normale Hundenase ≈ Fußballfeld (Oberfläche für Luftbefeuchtung)
   * Kurznase ≈ Tischplatte → massive Reduktion der Kühlfunktion
  • Faltenbildung (z. B. Shar-Pei):
 * Ursprung: robuste Gebrauchshunde
 * Folge durch Überzüchtung: Hautfalten als Brutstätte für Keime, Juckreiz, Entzündungen
 * Ausdrucksverhalten gestört → Missverständnisse mit Artgenossen
  • Merle-Syndrom:
 * Pigmentmangel → Augenmissbildungen, Blindheit, Taubheit
  • Dilute-Gen:
 * Kann mit Haarausfall, Hauterkrankungen und geschwächter Immunabwehr einhergehen

Katzen:

  • Nacktkatzen (z. B. Sphinx):
 * Fehlen der Tasthaare → Verlust von Orientierungsfähigkeit
  • Kängurukatzen:
 * Zucht auf verkürzte Vorderbeine → eingeschränktes Sprungverhalten
  • Perserkatzen:
 * Verstopfte Tränen-Nasenkanäle → lebenslange Augensalbung nötig
  • Faltohrkatzen (z. B. Scottish Fold):
 * Verformte Knorpelstruktur → oft kombiniert mit Skelettdeformationen
  • Haarlose Tiere:
 * Thermoregulation gestört, erhöhte Hautanfälligkeit

Spätfolgen & Inzuchtproblematik

  • Manche genetische Defekte zeigen sich erst im Erwachsenenalter
  • Beispiel: Hüftgelenksdysplasie
 * Fehlstellung erst spät sichtbar, aber extrem schmerzhaft
  • Teils extreme Inzuchtgrade:
 * → Verlust an Vitalität, Immunabwehr, arteigenem Verhalten

Züchterpflichten

  • Zucht darf nur erfolgen, wenn:
 * die Elterntiere auf rassetypische Defekte untersucht wurden
 * Problemmerkmale bekannt sind
 * keine tierschutzwidrigen Eigenschaften vererbt werden
  • Merkblatt Nr. 141 (Brachycephalie) beachten – Pflichtlektüre für Züchter
  • Jeder Züchter ist verantwortlich für:
 * Gesundheitszustand
 * Ausdrucksverhalten
 * langfristige Lebensqualität der Tiere

Zielsetzung der Zucht (aus Tierschutzsicht)

  • Zucht soll keine Marktanpassung, sondern Verbesserung der Art sein
  • Kriterien:
 * Vitalität
 * Schmerzfreiheit
 * normales Verhalten & Kommunikation
  • Ablehnung des „Kindchen-Schemas“ als Zuchtkriterium

Wirbelsäule, Schwanzdefekte, Bewegung & EU-Heimtierausweis

Weitere Qualzuchtmerkmale

  • Schädelanatomie (z. B. Mops, Perser):
 * Runder Kopf, große Augen, kurzer Kiefer, deformierte Nase & Gaumensegel
 * → führen zu chronischem Leiden, v. a. Atemnot & Fütterungsproblemen
  • Kurze Gliedmaßen (z. B. Dackel, Corgi):
 * Gefahr von Bandscheibenvorfällen (v. a. bei genetisch bedingter Chondrodysplasie)
 * Schmerzen meist ab mittlerem Alter
  • Schwanzverkürzung (z. B. bei Bulldoggen, Boston Terrier):
 * Teils genetisch veranlagt, teils durch Zucht auf stumpfe Ruten
 * In schweren Fällen:
   * Innenwachstum des Schwanzes in den Enddarmbereich
   * Folge: Schmerzen, Probleme beim Kotabsatz
  • Fellproblematik:
 * Übermäßige oder fehlende Behaarung führt zu:
   * eingeschränkter Thermoregulation
   * erhöhtem Pflegeaufwand
   * Hautproblemen
 * → Hinweis auf Merkblatt Nr. 141 („Brachycephalie und Qualzucht“)

Gesetzliche Grauzone: EU-Heimtierausweis

  • Bei qualzuchtbedingten Veränderungen (z. B. bei Reiserouten) fehlt gesetzliche Handhabe
  • Es besteht eine Lücke im EU-Heimtierausweis-System:
 * Tierschutzaspekte sind dort nicht explizit geregelt
 * Trotz TierSchG: keine systematische Kennzeichnung von Qualzuchtmerkmalen
  • Diskussion im Vortrag vertagt („spreche ich gleich noch dazu“) – wichtig für Zukunftsregulierung

Bewegung als Tierschutzkriterium

  • Zitat:
 > „Das Schlimmste ist keine Bewegung. Das ist das Schlimmste überhaupt.“
  • Implizite Forderung:
 * Tiere müssen in der Lage sein, sich normal zu bewegen
 * Bewegungsverhinderung = massiver Tierschutzverstoß

Veterinäramt, Betretungsrechte & Hygiene

Auskunfts- und Mitwirkungspflichten (§ 16 TierSchG)

  • Betriebe unterliegen einer gesetzlich verankerten Auskunfts- und Unterstützungspflicht
  • Verpflichtung zur:
 * Erteilung relevanter Auskünfte auf Anfrage
 * Vorführung von Tieren
 * Einsicht in geschäftliche Unterlagen
 * Zugang zu Räumen und Behältnissen, in denen Tiere gehalten werden

Betretungsrechte des Veterinäramts

  • Veterinärämter dürfen:
 * Grundstücke, Geschäftsräume und Transportmittel tagsüber ohne Voranmeldung betreten
 * Wirtschaftsgebäude besichtigen
 * auch ohne ausdrückliche Genehmigung, wenn gesetzlich gedeckt
  • In dringenden Fällen (§ 16 Abs. 2a TierSchG):
 * Betretung auch nachts, an Feiertagen und Wochenenden
 * auch Wohnräume, wenn Gefahr für Tiere besteht
 * teils ohne richterlichen Beschluss – wird aber zur Absicherung häufig eingeholt

Kontrollrealität – Landwirtschaft vs. Tierschutz

  • In landwirtschaftlichen Betrieben:
 * Durchschnittliche Kontrolldichte sehr gering (ca. alle 20–25 Jahre)
 * Ursachen:
   * Mangel an Personal
   * priorisierte Risikobetriebe
  • Kontraste:
 * Bei Tiertransporten oder Tierschutzfällen häufigere Kontrollen
 * Relevanz von Risikofaktoren, Vorverstößen oder Haltungsform

Animal Hoarding & Zugriffsrecht

  • Animal Hoarding nimmt zu
 * Fälle mit 90+ Katzen oder 50+ Hunden in Wohnungen
  • Tierhalter verweigern oft Auskunft („Habe keine Tiere“)
  • Veterinäramt darf auch ohne richterliche Anordnung:
 * Zugriff auf Grundstücke und Räume
 * besonders bei Gefahr im Verzug

Tierhalterinformation (Empfehlung)

  • Gesetzlich vorgeschrieben nur für den gewerblichen Handel
  • Empfehlung:
 * Auch Züchter und Tierheime sollten schriftliche Hinweise mitgeben
 * Inhalt: Haltungsempfehlungen, Gesundheitsaspekte, Verhalten
 * kein Prüfungsstoff, aber Best Practice

Einstieg in das Thema Hygiene

Zielsetzung

  • Fokus: Infektionskrankheiten
  • Ziel: Übertragung durch Hygienemaßnahmen verhindern, Leben retten

Krankheitserreger: Vier Gruppen

  • Viren:
 * Tollwut, Parvovirose, Staupe, Herpes
  • Bakterien:
 * Leptospiren (Hunde)
 * Mykoplasmen (bei Katzen relevant)
  • Pilze:
 * Mikrosporum (v. a. bei Katzen aus warmen Regionen)
 * latente Träger → Übertragung auf Menschen möglich
  • Parasiten (folgt im nächsten Abschnitt?)

Praxisrisiko: Hautpilze

  • Tiere oft symptomfrei – besitzen Antikörper
  • Menschen (z. B. neue Halter:innen) können dennoch erkranken
  • Besonders kritisch bei Berufen mit Hautkontakt (z. B. Ergotherapie)

Parasiten – Innen, Außen & Zoonosen

Parasitenklassen im Überblick

Grunddifferenzierung:

  • Innenparasiten: z. B. Rundwürmer, Bandwürmer, Einzeller (z. B. Giardien, Babesien)
  • Außenparasiten: z. B. Flöhe, Zecken, Milben, Haarlinge, Lausfliegen
  • Deutscher Begriff: „Schmarotzer“ – leben auf Kosten des Wirts, ohne ihn sofort zu töten

Pilze – oft vergessen, aber prüfungsrelevant

  • Pilze werden in mündlichen Prüfungen häufig übersehen
  • Beispiel: Hautpilze bei Katzen aus warmen Regionen (Mikrosporum)
  • Übertragungsrisiko auf Menschen – relevant für Tierheime und Pflegekräfte (z. B. Hebammen)

Giardien – weit verbreitet & zoonotisch

  • Hochinfektiöse Einzeller mit Übertragung über Kot, Näpfe, Wasserschüsseln
  • Resistenz: Oozysten monatelang infektiös
  • Zoonose: Übertragung Hund ↔ Mensch möglich
  • Relevanz v. a. bei Welpen, Tierheimen, Katzencafés, Großstadthaltung

Babesien – tödlich bei Erstkontakt (Hundemalaria)

  • Vorkommen: Süd- und Osteuropa
  • Übertragung durch Zecken
  • Gefahr bei Importhunden ohne Vorkontakt → Letalität möglich in wenigen Tagen
  • Praxisbeispiel: 2022 viele Todesfälle in Potsdam

Weitere Einzeller mit Prüfungsrelevanz

  • Leishmanien – Zoonose, relevant im Auslandstierschutz
  • Toxoplasmen – besonders bei Katzen, Hinweis für Schwangere: keine automatische Entfernung der Katze notwendig

Rund- und Plattwürmer – Unterschiede & Übertragung

Rundwürmer (z. B. Spulwurm):

  • Querschnitt rund („Spaghetti“)
  • Direkte Übertragung Tier ↔ Tier
  • Übertragung auch über Muttermilch möglich → Welpen direkt infiziert

Plattwürmer (z. B. Bandwurm):

  • Querschnitt abgeplattet („Band“)
  • Brauchen immer einen Zwischenwirt:
 * Flöhe
 * Nager (v. a. Mäuse)
  • Hinweis: Freilaufende Katzen besonders gefährdet

Prüfungsrelevanz

  • Überblick über Parasitenformen ist zentraler Prüfungsinhalt
  • Einzelwissen nützt nur, wenn Einordnung gelingt
  • Wichtig: Übertragungswege, zoonotisches Potenzial, Unterschiede in Fortpflanzungsstrategien

Zoonosen, Desinfektion & Biozidrecht

Zoonosen – Definition & Beispiele

Zoonosen sind Infektionskrankheiten, die zwischen Tier und Mensch übertragbar sind. Typische Vertreter:

  • Tollwut – bei Hunden/Katzen in Deutschland kaum noch, aber Risiko durch:
 * Auslandseinschleppung
 * Fledermäuse
  • Giardien – parasitärer Einzeller, häufig bei Jungtieren, zoonotisch
  • Leptospirose – bakterielle Zoonose, besonders bei Hunden
 * Übertragung über kontaminierte Gewässer
 * Gefahr für Menschen: Nierenversagen, Todesfälle im Berliner Raum
  • Hautpilze – z. B. Mikrosporum bei Katzen, Meerschweinchen
  • Grabmilben – keine klassische Zoonose, aber wechselseitige Übertragung möglich

Infektionsketten & Hygiene

  • Infektionsketten müssen aktiv unterbrochen werden
  • Maßnahmen:
 * Verdachtsbehandlung
 * Hygiene
 * Informationsweitergabe bei Tierhaltung in Pflege-/Altenheimen
  • Appell: Zoonosen ≠ „Zoo-Krankheiten“, sondern relevante Alltagsgefahr

Desinfektion – Biozidprodukte richtig wählen

  • Biozide = chemische Wirkstoffe zur Bekämpfung von Schadorganismen
 * Beispiele: Desinfektionsmittel, Köderpasten
  • Problem:
 * Hersteller werben mit „99,9 % Wirksamkeit“
 * Aber: evtl. gerade *nicht* wirksam gegen den gesuchten Erreger
  • Lösung:DVG-Liste

DVG-Liste – Prüfungsrelevantes Wissen

  • Herausgeber: Deutsche Veterinärmedizinische Gesellschaft (DVG)
  • Auflistung geprüfter Desinfektionsmittel:
 * Nach Erregerspektrum sortiert:
   * behüllte/unbehüllte Viren, Bakterien, Pilze, parasitäre Einzeller
  • Zwei Varianten:
 * für Tierhaltung
 * für tierärztliche Praxis/Tierheime
  • Anwendung:
 * Beispiel: Verdacht auf Parvovirose → gezieltes Mittel nachschlagen
 * Ziel: wirksame Seuchenhygiene, kein blindes Desinfizieren

Prüfungsmerksätze

  • „VG-Liste ins Internet eingeben“ genügt als Prüfantwort
  • Dosierung muss nicht auswendig gewusst werden
  • Wissen über Erregerklassen (Bakterien, Pilze, Parasiten) entscheidend

Biozidprodukte & Kennzeichnungspflicht

  • Kennzeichen: „BAuA-Registriernummer“ auf dem Produkt
 * Herausgeber: Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA)
 * Format: „N-123456“
  • Warnung: Biozidprodukte ≠ harmlos
 * Tötende Wirkung = Gefahr für Haustiere und Menschen bei Fehlgebrauch
 * Gefahrenhinweise und Dosierungen strikt einhalten

Alles-rein-alles-raus & Hygiene in Tierheimen

Hygieneprinzip „Alles-rein-alles-raus“

  • Prüfungsrelevantes Hygienekonzept zur Vermeidung von Infektionsketten
  • Praxis aus der Landwirtschaft (z. B. Geflügelmast):
 * Komplette Entfernung des Altbestands
 * Reinigung, Desinfektion, Neueinstreu
 * erst danach Neueinstallung des Bestands
  • Keine Mischung von alten und neuen Tieren
  • Ziel: Infektionsfreiheit und Hygienekontrolle

Umsetzung im Tierheimkontext

  • Idealfall auch für Tierheime oder Zuchtanlagen
  • Bei Neueinzug:
 * Nur nach vollständiger Desinfektion
 * Kein Kontakt zu Alttieren
  • Komplikationen:
 * Platzmangel
 * laufender Betrieb
 * Notaufnahmen/Abgabetiere

Sonderfall: Urlaubsbetreuung im Tierschutzbetrieb

  • Schwierigkeit: Tiere können weder vermittelt noch abgegeben werden
  • Veterinärämter fordern ggf. Hygienepläne mit Minimierungsstrategie
  • Mögliche Maßnahmen:
 * Gruppierung nach Herkunft oder Kontaktstatus
 * zeitliche oder räumliche Trennung
 * Minimierung von Überschneidungen bei Auslauf, Betreuung, Versorgung

Praktische Empfehlungen

  • Reduzierung von Wechselfrequenz (nicht alle Tiere täglich mischen)
  • Planvolle Gruppenführung (zeitlich oder räumlich differenziert)
  • Infektionsträger isolieren (eigener Raum, eigenes Equipment)
  • Tierarztkontakt bei Unsicherheit über Zoonosen (z. B. Leishmaniose)

Spannungsfeld: Hygiene vs. Tierschutz

  • Kollision zwischen:
 * Hygienischer Isolation
 * und dem sozialen Bedürfnis der Tiere
  • Beispiel: Hund mit Leishmaniose → Diskussion über Gruppentrennung
  • Empfehlung:
 * Differenzierte Risikoabschätzung
 * Tierärztliche Begleitung
 * Einzelfallbeurteilung

Gruppenhaltung, Hygiene & Praxisdilemmata

Einzelhaltung trotz Gruppenhaltungspflicht

  • Grundsatz: Hunde sollen sozial in Gruppen gehalten werden
  • Ausnahme bei:
 * Infektionsrisiken
 * Verhaltensauffälligkeiten
  • Juristisch erlaubt durch das Prinzip „grundsätzlich = mit Ausnahme“
  • Sichtkontakt + Betreuung als Mindestmaß
  • Ziel: Abwägung zwischen Sozialbedürfnis und Gefahrenschutz

Praxisdilemma in Tierheimen

  • Fallbeispiel:
 * Tier gilt als „gesund“, verhält sich aber problematisch in Gruppen
 * Tierheimleitung steht zwischen Gruppenzwang und Schutzpflicht
  • Lösungsmöglichkeiten:
 * Einschaltung verhaltenskundlich geschulter Personen
 * Partnerwahl nach Sozialkompetenz
 * Einzelfallprüfung statt Standardlösung

Prüfungswissen: „Alles-rein-alles-raus“ & Zwischenprinzip

  • Wiederholung:
 * Alte Tiere raus, dann Reinigung/Desinfektion → neue Tiere rein
 * Keine Mischung alter & neuer Tiere
  • Zwischenlösung:
 * Zwischenentseuchung möglich, aber nicht gleichwertig
  • Prüfungsrelevant:
 * Auch in schriftlicher und mündlicher Prüfung

Rechtliche & wirtschaftliche Grenzen der Umsetzung

  • Viele Tierheime wissen, wie es fachlich richtig wäre
 * Aber: finanzielle Mittel, Personal und Infrastruktur fehlen
  • Beispiel:
 * Vermeidung infektiöser Gruppenzusammenführung → oft nicht realisierbar
 * Frage nach Haftung im Fall von Fehlvergesellschaftung
  • Dozent: „Die Praxis beißt sich mit der Theorie.“

Hygienemaßnahmen zur Risikominderung

  • Füßlinge beim Wechsel zwischen Katzengruppen (z. B. bei Giardien)
  • Alternativ: getrenntes Personal
  • Ziel: Minimierung von Keimverschleppung durch Personal

Fazit & Realitätsabgleich

  • Tierheimleitung muss zwischen Schutzpflicht, Sozialbedürfnis & Umsetzbarkeit navigieren
  • Gesetz bietet Ausnahmen, verlangt aber Dokumentation und Begründung
  • Prüfungsbezug bleibt: fachlich wissen, pragmatisch denken, juristisch begründen

Desinfektion in der Tierhaltung

Schwarz-Weiß-Prinzip in Tierhaltungen

  • Einteilung in:
 * „Schwarzbereich“: außenliegend, unsauber (z. B. Zugang, Außenbereiche)
 * „Weißbereich“: desinfizierter Innenbereich (Eintritt nur mit Schutzkleidung, Händedesinfektion etc.)
  • Ziel: Trennung von unreinen und sauberen Zonen, Vermeidung von Keimverschleppung

Grundregel: „Reinigung vor Desinfektion“

  • Reinigung = mechanisches Entfernen von Schmutz, Futterresten, Kot
  • Desinfektion = chemische Inaktivierung von Krankheitserregern
  • Reihenfolge ist entscheidend:
 * Nur trockene, saubere Flächen desinfizieren
 * Sonst: → Eiweißfehler

Eiweißfehler – typischer Wirkungsverlust

  • Desinfektionsmittel wirken auch auf:
 * Eiweiße in Kot, Futterresten oder Einstreu
  • Folge:
 * Mittel wird „verbraucht“, bevor es Erreger erreicht
 * → Keine tiefenwirksame Desinfektion möglich
  • Lösung:
 * Vorreinigung, Trocknung, dann gezielte Anwendung

Auswahl & Anwendung von Desinfektionsmitteln

  • DVG-Liste nutzen (erregerspezifische Wirksamkeit)
  • Auf Konzentration & Einwirkzeit achten:
 * z. B. 4 % Lösung = 40 ml Konzentrat + 960 ml Wasser
 * → ergibt 1 l Gebrauchslösung
  • Unterscheidung:
 * Fertiglösungen (teurer, sofort einsatzbereit)
 * Konzentrate (günstiger, Mischung erforderlich)

Einwirkzeit & Kontaktvermeidung

  • Nicht vorzeitig entfernen!
  • Beispiele:
 * 15, 30 oder 60 Minuten – laut Herstellerangabe oder DVG-Liste
  • Wichtig:
 * Tiere erst nach Ablauf der Einwirkzeit wieder in Raum lassen
 * ggf. Klarwasserspülung bei aggressiven Mitteln (z. B. Aldehyden)

Bodenbeschaffenheit & Hygienetauglichkeit

  • Ideal:
 * Glatte, fugenarme, desinfizierbare Untergründe
 * Fliesen (mit Einschränkungen), Kunststoffe
  • Problematisch:
 * Raues Holz, offene Fugen, poröse Materialien
  • Hinweis: Desinfektion auf Holz nur in Ausnahmefällen wirksam

Prüfungsrelevante Faustformeln

  • „Reinigung vor Desinfektion“ = Standardfrage
  • Eiweißfehler kennen & erklären
  • Konzentrationsmischung exemplarisch herleiten können
  • Weiß-/Schwarz-Prinzip benennen können
  • Bodenbeschaffenheit kritisch beurteilen

Quarantäne & Desinfektionsgrenzen

Desinfektion bei Ausläufen & Naturmaterialien

  • Gras & natürlicher Bodengrund sind nicht desinfizierbar
  • Hilfsmittel:
 * Kalkbrand (Vorsicht: nur nach Abbinden betreten → Verbrennungsgefahr)
 * Austausch des Bodens: 0,5–1 m Tiefe abtragen
 * Vorab-Materialwahl: besser entfernbare Beläge (z. B. Holzschnitzel, Rindenmulch – dennoch problematisch)

Thermische & physikalische Verfahren

  • Heißwasser (Kärcher über 60 °C) zur Reduktion von z. B. Giardien
 * Wirkung begrenzt: keine Tiefenwirkung
  • Ozon & UV-Bestrahlung: reduziert Erreger, aber limitiert bei Textilien und porösen Materialien
  • Textilien (z. B. Decken, Kissen, Kratzbäume):
 * nur sinnvoll bei Waschbarkeit ≥ 60 °C
 * sonst: Entsorgung
  • Trink- & Fressnäpfe separat waschen, Kreuzkontamination vermeiden

Parvovirose als Extremfall

  • Sehr resistenter Erreger
  • Beispiel: Zuchtstätten mussten neu aufgebaut werden, da Desinfektion scheiterte
  • Vorbeugend: Materialien & Böden bei Planung berücksichtigen

Quarantäne – Definition & Umsetzung

  • Prüfungsrelevant – schriftlich & mündlich
  • Definition:
 > „Zeitlich befristete Absonderung von Tieren, die unter dem Verdacht stehen, infektiös zu sein.“
  • Nicht identisch mit Krankenstation:
 * Quarantäne = Verdacht
 * Krankenstation = bestätigte Krankheit
  • Tiere mit fehlender Anamnese gelten als potenziell infektiös
  • Ziel: Einschleppung und Verbreitung von Erregern verhindern
  • Begriff stammt historisch von der „quaranta giorni“ (vierzig Tage) in Venedig während der Pestzeit

Inkubationszeit als Quarantänezeitmaßstab

  • Zeitraum zwischen Infektion & Ausbruch → definiert Quarantänedauer
  • Beispielwerte:
 * 7 / 10 / 14 / 21 Tage – abhängig vom Erreger
  • Besonders relevant bei:
 * geschwächten, gestressten oder transportierten Tieren

Prüfungsfragen (Beispiele)

  • Warum ist Gras nicht desinfizierbar?
  • Wie funktioniert Quarantäne praktisch & juristisch?
  • Was unterscheidet Quarantäne von einer Krankenstation?
  • Wie kann man Giardien ohne Chemie eindämmen?
  • Warum ist Parvovirose so gefährlich?

Tierarzneimittel & Stationslogik

Abgrenzung: Quarantäne, Krankenstation, Isolierstation

  • Quarantäne:
 * Tiere mit unklarer Anamnese oder Verdacht auf Infektion
 * Ziel: Einschleppung vermeiden (z. B. nach Aufnahme, Fund, Auslandstier)
  • Krankenstation:
 * Tiere mit bestätigter Erkrankung, aber nicht hochansteckend
  • Isolierstation:
 * Hochinfektiöse Tiere (z. B. Parvovirose, Staupe, Tollwutverdacht)
 * Separater Bereich mit strikter Hygiene und Zutrittskontrolle
  • → Diese Differenzierung ist mündlich prüfungsrelevant

Tierarzneimittel – Klassifikation & Rechtslage

  • Zulassungspflicht:
 * Tierarzneimittel müssen zugelassen sein oder  
 * Humanarzneimittel dürfen nur verwendet werden, wenn keine Alternative für Tiere existiert
  • Drei Kategorien nach Verfügbarkeit:
 * Frei verkäuflich  
   * z. B. Wurmmittel, Pflegemittel  
   * erhältlich im Handel, Tierarzt, Apotheke, Landhandel  
   * Achtung: nicht automatisch ungefährlich
 * Apothekenpflichtig  
   * nur über Apotheke oder Tierarzt  
   * Tier muss nicht zwingend vorher vorgestellt worden sein
 * Verschreibungspflichtig  
   * nur nach tierärztlicher Untersuchung und Anweisung  
   * Beispiel: Antibiotika, Impfstoffe, bestimmte Schmerzmittel

Antimikrobielle Tierarzneimittel (seit 2022)

  • Alle antimikrobiellen Wirkstoffe (bakteriell, antiviral, antifungal, antiparasitär) sind:
 * verschreibungspflichtig, auch für Heimtiere
 * nur über Tierarzt mit schriftlicher Behandlungsanweisung zu beziehen
  • Vorratskäufe oder Altbestände rechtlich unzulässig

Anwendungsvorschriften

  • Tierhalter dürfen verschriebene Medikamente nur nach Anweisung des Tierarztes verabreichen
  • Behandlungsanweisung = z. B. Dosierung, Frequenz, Dauer
  • Eigeninitiative oder „Import“ (z. B. Bestellung aus Australien) ist illegal

Nachweis- und Dokumentationspflichten

  • Geregelt in: Tierhalter-Arzneimittel-Anwendungs- und Nachweisverordnung
  • Gilt für:
 * Tierheime
 * gewerbliche Haltung
 * Pflege auf fremde Rechnung
  • Pflicht:
 * Aufbewahrung von Rezepten/Rechnungen für verschreibungspflichtige Mittel
 * 5 Jahre Nachweisführung
 * Vorlage bei Behördenkontrolle

Prüfungsrelevante Aspekte

  • Unterschiede zwischen frei verkäuflich, apothekenpflichtig, verschreibungspflichtig
  • Warum sind auch frei verkäufliche Arzneimittel nicht automatisch sicher?
  • Welche rechtlichen Konsequenzen hat Eigenbezug oder Import?
  • Was regelt die Tierhalter-Arzneimittel-Anwendungs-VO konkret?

Mikrochip-Kennzeichnung & EU-Recht

Technische Grundlagen der Kennzeichnung

  • Heimtiere (insb. Hunde) werden durch implantierbare Mikrochips gekennzeichnet
  • Transponder senden eine 15-stellige individuelle Nummer
  • Nummer dient:
 * Identifikation des Tieres
 * Eintragung im Heimtierausweis
 * ggf. Zuordnung zu Registrierdatenbanken (z. B. TASSO, FINDEFIX)

EU-Heimtierausweis & gesetzliche Einschränkungen

  • Chippen für EU-Heimtierausweis darf nur durch registrierte Tierärzt:innen erfolgen
  • Registrierung erfolgt beim Veterinäramt
  • Hintergrund: EU-Verordnung schreibt dies zwingend vor
  • Selbstchippen (durch Halter, Pflegestellen etc.) ist hier nicht erlaubt

Unklare Lage beim „normalen“ Heimtierausweis

  • Gesetzliche Lücke: Chippen für nicht-EU-Ausweise ggf. nicht explizit geregelt
  • Möglicherweise rechtlich erlaubt, sofern Tierarzt, Veterinäramt und Halter zustimmen
  • Aber: erhebliche Haftungs- und Verletzungsrisiken bei unsachgemäßer Implantation

Versäumnis der Züchterverbände bei EU-Anhörung

  • Züchterverbände (z. B. VDH) hätten Möglichkeit gehabt:
 * Verfahren & Schulungen für tierschutzgerechtes Chippen vorzuschlagen
  • Hätten dadurch ggf. Ausnahmeregelung erwirken können
  • Da keine Stellungnahmen eingingen, wurde die EU-Verordnung ohne Ausnahmen erlassen

Tierschutz & Implantationsrisiken

  • Fachlich fundierter Hinweis:
 * Bei unsachgemäßer Implantation besteht Risiko von Nerven-, Gefäß- und Gewebeschäden
  • Besonders bei jungen Welpen problematisch (Größe, Verletzlichkeit)
  • Aussage: „Es ist im Grunde gut, dass das der Tierarzt macht.“

Argumente gegen Selbstchippen

  • Praktisch sinnlos:
 * Heimtierausweise können nicht einfach bestellt werden
 * Ausweise sind ärztlich registriert und nur mit Chipnummer gültig
  • Ohne Tierarzt → kein gültiger Ausweis, keine zentrale Registrierung

Prüfungsrelevante Fragen (Auswahl)

  • Warum darf der EU-Heimtierausweis nur vom Tierarzt ausgestellt werden?
  • Welche Gefahren bestehen beim Setzen von Mikrochips?
  • Gibt es eine gesetzliche Pflicht zur Kennzeichnung?
  • Wie wird ein Chip ausgelesen und registriert?

Tollwut, EU-Heimtierausweis & Transportrecht

Voraussetzung für EU-Heimtierausweis

  • Nur Tierärzt:innen dürfen den EU-Heimtierausweis ausstellen
  • Voraussetzung:
 * Tier muss gechippt sein (Nachweis der Identität)
 * Ohne Mikrochip → keine Tollwutimpfung, kein Ausweis
  • Reihenfolge:
 * Erst Mikrochip setzen
 * Dann Tollwutimpfung
 * Dann EU-Heimtierausweis

Reiseabsicht bestimmt die Ausweispflicht

  • Innerhalb Deutschlands: kein EU-Heimtierausweis nötig
  • Ab grenzüberschreitender Reise (auch Transit): Ausweis verpflichtend
  • Prüfungshinweis: Pflicht ergibt sich aus Reiseabsicht, nicht aus Haltung

Einreisebestimmungen für Welpen (ab 2014)

  • Tollwutimpfung frühestens mit 12 Wochen
  • Wartezeit bis zur Gültigkeit: 21 Tage
  • Einreise erst ab 15 Wochen erlaubt
  • Frühere Ausnahme („geimpfte Mutter“) nicht mehr gültig
  • Gilt für: Hunde, Katzen, Frettchen
  • Auch Ausreise aus Deutschland erst ab 15 Wochen zulässig

Tötungsverbot bei Tollwutverdacht & Behandlungsverbot

  • Tieren mit Tollwut oder Tollwutverdacht darf nicht geimpft oder behandelt werden
  • Hintergrund: Schutz der Tierärzt:innen vor lebensbedrohlicher Infektion
  • Beim Menschen ist Impfung nach Exposition erlaubt, bei Tieren nicht

Epidemiologische Lage: Tollwut nicht vergessen

  • Deutschland: terrestrische Tollwut ausgerottet, Fledermaustollwut weiterhin existent
  • Osteuropa: hohes Risiko
 * Regelmäßige Fälle in: Türkei, Ukraine, Rumänien, Polen, Balkan, Russland
  • Probleme:
 * Fehlende flächendeckende Impf- & Kastrationsprogramme
 * Hohe Zahl an Streunern
  • Beispiel: Fall in Bremen – Welpe mit Tollwut aus der Türkei eingeschleppt

Infektionsweg & Verhaltenstipps

  • Hauptübertragungsweg: Biss
  • Ausnahmefälle: Kontakt mit Ausscheidungen (z. B. Kot)
  • Achtung bei verhaltensauffälligen Fledermäusen:
 * Tagsüber fliegend oder am Boden liegend → potenziell infiziert
  • Hunde/Katzen nicht mit auffälligen Wildtieren in Kontakt bringen

Rechtsquellen für Tiertransporte (ab 65 km)

  • EU-Verordnung 1/2005 (Tierschutz beim Transport)
  • Tierschutztransportverordnung (Deutschland, 2009)
  • IATA-Richtlinien (urspr. für Luftfracht, auch von Behörden im Straßenverkehr herangezogen)
 * Regelungen zu Transportboxen, Größe, Belüftung, Sicherheit

Tollwut, Einreise, Tiertransporte

Tollwutimpfung & Heimtierausweis

  • Tollwutimpfung darf nur nach erfolgter Chip-Kennzeichnung erfolgen
  • EU-Heimtierausweis darf ausschließlich durch Tierärzt:innen ausgestellt werden
 * Nur zulässig bei eindeutiger Zuordnung via Chip
  • Impfungen:
 * Frühestens ab 12. Lebenswoche
 * 21 Tage Karenzzeit bis zur vollen Wirksamkeit
 * Daraus ergibt sich: Ein- oder Ausreise frühestens ab 15 Wochen
  • Ohne gültige Tollwutimpfung: keine Aus- oder Einreise erlaubt

Gültigkeit & Pflicht des EU-Heimtierausweises

  • Keine generelle Pflicht – aber Pflicht bei Reiseabsicht
  • Innerhalb Deutschlands nicht erforderlich
  • Notwendig bei:
 * Einreise in EU-Länder
 * Transit durch Drittstaaten
  • Prüfungsrelevant: Abgrenzung innerstaatlicher vs. grenzüberschreitender Vorschriften

Praktische Implikationen für Züchter

  • Frühabgabe mit 9 Wochen kollidiert mit Einreiseverbot
  • Tollwutimpfung + Karenzzeit → erst ab 15 Wochen transportfähig
  • Auch Einreise mit geimpfter Mutterhündin nicht mehr erlaubt
  • Folge: Welpen müssen eigenständig geimpft sein
  • Relevanz für:
 * Zuchtbetriebe
 * Auslandstierschutz
 * Pflegestellen und Vermittlung

Tödlichkeit & Therapie der Tollwut

  • Zoonose: Zwischen Tier und Mensch übertragbar
  • Beim Tier: immer tödlich, keine Therapie erlaubt
 * Auch keine Impfung nach Infektion
  • Beim Menschen: Postexpositionsimpfung möglich
  • Gesetzliches Behandlungsverbot beim Tier
 * Vermutlich zum Schutz des tierärztlichen Personals

Epidemiologische Lage in Europa

  • Deutschland seit den 80ern tollwutfrei bei Landtieren (terrestrisch)
  • Erfolgreich durch Impfköderaktionen
  • Fledermäuse weiterhin Träger – Impfbarrieren greifen hier nicht
  • In Nachbarstaaten (v. a. Balkan, Ukraine, Türkei, Rumänien):
 * Häufige Fälle
 * Kaum Kastrations-/Impfkampagnen
 * Tötungen ohne nachhaltigen Effekt
  • Beispiel: Tollwutfall nach Import eines Welpen aus der Türkei → komplette Tierarztpraxis musste nachimpfen

Übertragungswege Tollwut

  • Hauptweg: Biss
  • Selten: Ausscheidungen (z. B. Speichel, Kot)
  • Auch durch Kontakt mit infizierten Fledermäusen möglich (z. B. über Kot)
 * Berichte über Infektionen bei Höhlenforschern

Tiertransporte – Rechtliche Grundlagen

  • Gültig für Transporte ab 65 km Distanz
  • Relevante Regelwerke:
 * EU-Tierschutztransportverordnung Nr. 1/2005
 * Tierschutztransportverordnung (Deutschland, 2009)
 * IATA-Richtlinien (v. a. für Flugtransporte, aber auch auf Boxen im Kfz angewendet)
  • Prüfungswissen: Diese Quellen müssen bekannt und benennbar sein

Prüfungsrelevante Kernaussagen

  • Kein Heimtierausweis ohne Chip
  • Kein EU-Ausweis ohne Tierarzt
  • Kein Transport ohne gültige Tollwutimpfung
  • Tollwut = Behandlungsverbot beim Tier
  • Mindestalter für Auslandsreise: 15 Wochen
  • Chip → Tollwutimpfung → 21 Tage Wartezeit → Heimtierausweis → Reise
  • Tiertransporte ab 65 km = zusätzliche Rechtsnormen

Auslandstierschutz, TRACES & Handelsrecht

Tierimport aus dem Ausland

  • 48h vor Abreise: klinische Untersuchung durch praktizierende:n Tierärzt:in → Tier ist reisetauglich
  • 24h vor Abreise: amtstierärztliche Bescheinigung → TRACES-Zertifikat wird ausgestellt
  • TRACES = elektronisches EU-Datenbanksystem für Tiertransporte (nur innerhalb EU funktionsfähig)
  • Drittstaaten wie Türkei, Kasachstan, etc. → TRACES erst bei Ankunft an EU-Grenze möglich
  • Sonderfälle: Einige Drittstaaten (z. B. Belarus) haben TRACES implementiert

Verfahren bei Flug- oder Landreise aus Drittländern

  • Flugzeug: Meldung an Grenzveterinärdienst am Zielflughafen (z. B. Berlin) im Voraus
  • Grenze per Auto: Grenzkontrollstelle ansteuern – keine „grüne Grenze“!
  • Amtliche Meldung und TRACES-Anmeldung erfolgt durch Grenztierarzt vor Ort

Einreisevoraussetzungen – Heimtierausweis & Tollwut

  • Transpondernummer (Mikrochip) muss im Heimtierausweis eingetragen sein
  • Tollwutimpfung:
 * Mindestens 21 Tage alt
 * Gültigkeit nach Herstellerangaben (1–3 Jahre)
 * Muss im Ausweis dokumentiert sein

Rechtsgrundlagen & Prüfungsrelevanz

  • Auslandstierschutz ist ein eigener Schwerpunkt in der Prüfung
  • Gültige EU-Rechtsgrundlagen:
 * Durchführungsverordnung (EU) 2021/404 – listet zugelassene Drittstaaten
 * Delegierte Verordnung (EU) 2019/2035 – Zulassungspflicht für Tierheime, Sammelstellen, Tierschutzvereine
 * TVT-Merkblatt 193 – zur Altersbestimmung, kein Prüfungsstoff, aber als Fachquelle erwähnenswert
  • Veterinärbescheinigungen gemäß 2019/2035 müssen Tiere begleiten

Abgrenzung Tierschutz vs. Handelsrecht

  • Vermittlung von Tieren aus dem Ausland gilt rechtlich als wirtschaftliche Tätigkeit
 * Höchstrichterlich bestätigt (Urteil 2020)
  • Verpflichtung zur Betriebsregistrierung
  • Konsequenzen:
 * Zuständigkeit beim Handelsrecht, nicht mehr nur Tierschutz
 * Erfassung über TRACES
 * Dokumentationspflichten

Dimension des Problems: illegale Einfuhren

  • Über 100.000 gewerblich eingeführte Hunde pro Jahr (offiziell)
  • Vermutete Dunkelziffer: 3–4× höher
  • Warnung des BMEL: Gefahr durch illegalen Welpenhandel
  • Forderung: Einhaltung der Einfuhr-, Impf- und Meldepflichten

Prüfungsnotizen & Sonderfälle

  • Keine Einfuhrverweigerung bei kupierten Tieren, wenn sie legal eingeführt wurden
  • Tiere sind nicht schuld – auch bei Tierschutzbedenken (z. B. Herkunft Bulgarien) ist Einfuhr möglich
  • Wichtig: Bescheinigungen, Registrierungen, Impfnachweise, TRACES-Protokolle

Prüfungsrelevante Fragen (Auswahl)

  • Wie funktioniert die TRACES-Anmeldung bei Einreise aus Drittstaaten?
  • Welche gesetzlichen Grundlagen gelten für Auslandstierschutz?
  • Was unterscheidet Heimtierausweis, TRACES-Zertifikat und Veterinärbescheinigung?
  • Warum gilt Auslandstierschutz als wirtschaftliche Tätigkeit?
  • Welche Dokumente braucht ein Tier bei Einfuhr aus einem Drittland?

Tierheimpflicht & Flugpatenschaften

Gesetzliche Aufnahmepflicht für Tierheime?

  • Es besteht kein genereller Zwang, Tiere aufzunehmen
  • Maßgeblich ist:
 * Ob ein Vertrag mit Kommune/Veterinäramt/Stadt vorliegt
 * Ob die Aufnahme freiwillig oder im Auftrag geschieht
  • Fazit: Ohne vertragliche Bindung → keine Pflicht zur Aufnahme → keine Tierschutzverletzung

Flugpatenschaften – juristische Einordnung

  • Vermittlungstiere über Flugpaten → rechtlich problematisch
  • Fluggesellschaften nehmen an, das Tier gehöre dem Reisenden → tatsächliche Weitergabe = gewerbliche Vermittlung
  • § 11 Tierschutzgesetz greift, da das Tier nicht beim Flugpaten verbleibt
  • → Erlaubnispflicht für:
 * Den vermittelnden Verein
 * Die Begleitperson, wenn sie regelmäßig handelt
  • Beispiel: Azoren nach Portugal → Flugpatenschaften nicht mehr erlaubt
  • In Deutschland wird dies derzeit kaum kontrolliert, dennoch ist es formal unzulässig

Prüfungsrelevanz

  • Auslandstierschutz = Prüfungsschwerpunkt
  • Flugpatenfrage kann in Prüfungen als Fallbeispiel auftauchen
  • Wichtig: Differenzieren zwischen Eigenbedarf und Weitergabe
  • Rechtliche Argumentationslinie:
 * Vermittlungsabsicht = Erlaubnispflicht
 * Umgehung = unzulässig

Verhaltenslehre I – Domestikation & Verwandtschaft

Einführung: Hund als Kanide

  • Hund gehört zu den hundeartigen Raubtieren (Caniformia), nicht zu den katzenartigen (Feliformia)
  • Spezies: Canis lupus familiaris
  • Stammt vom Wolf ab – genaue Domestikationszeitpunkt unbekannt

Domestikation – wissenschaftlicher Streit

  • Frühste Annahmen: Domestikation vor 100.000 Jahren
  • Gesichert: mind. 18.000 Jahre (archäologische Funde)
  • Verlauf vermutlich in mehreren Etappen und geografischen Regionen

Verwandte Arten und Hybridisierungen

  • Enge genetische Verwandtschaft zu:
 * Fuchs (Vulpes)
 * Schakal (Canis aureus)
  • Hybride mit Hund wurden experimentell erzeugt (nicht in Deutschland)

Krankheitsrelevanz der Verwandtschaft

  • Übertragbare Krankheiten zwischen Wild- und Haushunden:
 * Parvovirose
 * Staupe
 * Wurmerkrankungen
  • Klinische Bedeutung: Erkrankungen beim Fuchs können epidemiologisch relevant für Hundebestände sein

Didaktischer Hinweis

  • Heute Einstieg in Verhaltenslehre – Überblicksniveau
  • Keine Tiefenvermittlung, sondern Begriffsklärung und Grundstruktur
  • Infektionskrankheiten folgen am Folgetag mit Dr. Heidrich

Bewegungsapparat & Verhaltenseinführung

Orthopädische Sichtdiagnostik

  • Schwerpunktverlagerung zeigt sich an Muskelverhältnissen:
 * Vorderhandüberlastung bei Hüftproblemen (HD)
 * Hinterhandüberlastung bei Ellbogenproblemen (ED)
  • Sichtbare Indikatoren:
 * Muskulatur asymmetrisch
 * Entlastungshaltung
  • Knochenstruktur erklärt:
 * Schulterblatt, Oberarm, Ellenbogen, Elle/Speiche
 * Lendenwirbelsäule → Becken → Oberschenkel → Knie → Pfote

Kniescheibe und Instabilität

  • Luxation der Patella = Kniescheibe gleitet seitlich
  • Führt zu Instabilität, häufig bei kleinen Rassen

Zahnform & Zahngesundheit

  • Zahnformel:
 * I1–I3 (Schneidezähne), C (Eckzahn), P1–P4 (Prämolaren), M1–M3 (Molaren)
  • Häufig fehlend: P1
  • Probleme:
 * Milchzahn bleibt → Entzündungsrisiko
 * Zahnschiefstand = kein echtes Scherengebiss
 * Zahnstein → Herzklappenprobleme bei kleinen Rassen
  • Wichtig: Backenzähne nur schwer einsehbar → Kontrolle nötig

Übergang zur Verhaltensbiologie

  • Verhalten = jede beobachtbare Veränderung (auch Mimik, Geruch, Drüsenaktivität)
  • Menschliche Wahrnehmung reduziert:
 * Nase, Ohren, visuelle Reizverarbeitung eingeschränkt
 * Technik nötig zur Objektivierung (Kameras, Sensorik)

Angeboren vs. erworben

  • Historische Extreme:
 * „Alles ist genetisch fixiert“ → Unsinn
 * „Gene haben keinen Einfluss“ → ebenfalls Unsinn
  • Realität: Verhalten ist interaktiv bedingt
 * Genetik + Umwelt + Lernen
  • Zucht als Beleg für vererbbares Verhalten (z. B. Jagdtrieb, Wachsamkeit)

Ernährung & Verhalten (Randnotiz)

  • Diskussionsteilnehmerin: Zusammenhang zwischen Nährstoffmangel und Verhalten
  • Antwort: Ernährung kann Verhalten beeinflussen, wird später im Lehrgang vertieft

Verhaltensbiologie II – Kommunikation, Sinne, Sozialisierung

Angeboren vs. Erworben

  • Verhalten entsteht aus Wechselwirkung von:
 * Genetik (Disposition)
 * Umwelt/Erfahrung (Erwerb)
  • Anteil variiert je nach Verhaltensweise – individuell schwer quantifizierbar
  • Beispiel Merle-Merle-Zucht: taubblinde Hunde zeigen trotz Sinnesdefizit viele artspezifische Verhaltensweisen (→ stark genetisch fixiert)

Kommunikationskanäle beim Hund

  • „Man kann nicht nicht kommunizieren“
  • Kommunikation erfolgt bewusst + unbewusst über:
 * Körperhaltung und Bewegung
 * Mimik (z. B. Ohren, Augenbrauen, Lefzen)
 * Geruchssignale
 * Berührung/Taktile Reize (z. B. Schnauzenstoß, Anrempeln)
 * Lautäußerungen (werden hier nicht thematisiert)

Sinneswahrnehmung und soziale Interaktion

  • Sehen: Bewegungssehen hoch ausgeprägt, Gesichtserkennung schwach
 → Hund erkennt Mensch an Bewegungsmuster, nicht an Gesicht
  • Riechen: entscheidend für Näheinteraktion
 → wird meist nach Sichtkontakt aktiviert (Windrichtung relevant!)
  • Hören: sehr feine Wahrnehmung, selektiv
  • Tastsinn: zentral für Sozialverhalten (z. B. Knabbern, Stoßen) und Umweltverarbeitung
 → Sozialisierung auf Untergründe notwendig (z. B. Fliesenangst)

Sozialisierung und Umweltlernen

  • Ziel: Hund an Reize, Sinneseindrücke und Kommunikationsmuster gewöhnen
  • Fehlerhafte oder unzureichende Sozialisierung = späteres Fehlverhalten
  • Praxisbeispiel: Hund „Rexer“ bricht bei neuem Untergrund (Gras/Fliesen) psychisch zusammen

Prüfungsrelevante Aussagen

  • Spielverhalten (z. B. Vorderkörper-Tiefstellung) ist arttypisch und angeboren
  • Auch taubblinde Hunde zeigen arttypische Spielsignale → Hinweis auf genetische Codierung
  • Reizverarbeitung erfolgt in sinnesmodaler Reihenfolge:
 1. Sehen
 2. Riechen
 3. Tasten
 4. (später Hören)

Kontext-Exkurs

  • Beispiel Grunewald (Berlin): Anforderungen an Stadthunde = genetisch + lernbasiert
  • Zucht muss moderne Umweltbedingungen berücksichtigen

Sinnesphysiologie & Wahrnehmung beim Hund

Visuelle Wahrnehmung

  • Hunde sind rot-grün-blind (dichromatisch)
  • Sehen v. a. Bewegungen, Konturen und Kontraste (nicht Farben)
  • Praxis:
 * Roter Ball auf grüner Wiese = schwer sichtbar für Hund
 * Hund erkennt Mensch an Bewegungsmuster, nicht am Gesicht
 * Hunde können sich vor unbewegten Objekten (z. B. Steinlöwen) erschrecken

Olfaktorik (Geruchssinn)

  • Nase = primäres Sinnesorgan beim Hund
  • Beispiele:
 * Trüffelsuche durch Hunde oder Schweine
 * Krebsfrüherkennung (subklinisch, prädiagnostisch)
  • Pheromone:
 * Hündin sondert beim Säugen Duftstoffe ab → wirken hormonell
 * Wirtschaft nutzt dies (z. B. Adaptil-Produkte)

Akustik (Hören)

  • Hunde hören bis zu 40 kHz (Mensch max. 20 kHz)
  • Problem:
 * Viele Alltagsgeräte senden Ultraschall-Signale (z. B. Türöffner, Lautsprecher, Stand-by-Elektronik)
 * → Ursache für unerkannte Geräuschangst
  • Empfehlung:
 * Apps zur Detektion von Ultraschallfrequenzen (z. B. zur Umweltanalyse bei Angsthunden)

Taktiles System (Tastsinn)

  • Tastrezeptoren auf Haut & Pfoten
  • Tasthaare (Vibrissen):
 * Hoch innerviert, wichtige Umweltinformationsquelle
 * Vorkommen:
   * Schnauze
   * Zwischen den Zehen
   * Über den Augen, an den Pfoten (z. B. „Warzenpunkt“)
 * Funktion: Untergrundanalyse, Balance, Koordination
 * Rasur = Verletzung eines Sinnesorgans
   * In Österreich verboten
   * In Deutschland erlaubt, regional aber abnehmend
  • Praxisfall:
 * Pudel mit nackter Schnauze – Ausdruck tierschutzethischer Debatte

Ethologischer Exkurs: Hund & Wolf

  • Kein Vertiefungsthema im Kurs
  • Hinweis:
 * Wolf und Mensch lebten historisch koexistent
 * Haltung des Dozenten: Zusammenleben mit Wölfen in Deutschland ist möglich – selektive Regulation notwendig

Wolfsverhalten, Rudelstruktur und ethologische Irrtümer

Wolfsrudel – Aufbau & Altersstruktur

  • Klassisches Rudel: Elterntiere + Nachwuchs verschiedener Jahrgänge
  • Biologische Definition:
 * Alle Jungtiere gelten bis 01.05. des Folgejahres als „Welpen“
 * Danach: Jungtier, später Erwachsener
  • Rudelgröße variiert:
 * Je nach Abwanderungsverhalten 5–20 Tiere möglich
 * Abhängig von Revierverfügbarkeit und Fortpflanzungserfolg
  • Nicht alle Tiere gründen neue Rudel → Einzelgänger analog menschlicher Lebensläufe

Besetzte Gebiete & Populationsdynamik

  • Früher hohe Zuwachsraten (2000–2015)
  • Heute: Stagnation der Wolfszahlen
 * Grund: Verknappung unbesetzter Reviere
 * Jungtiere müssen durch andere Rudelreviere wandern → hohe Mortalität

Irrtum: Lineare Rangstruktur mit Alpha-Wolf

  • Ursprung:
 * Beobachtung gestresster Gehegewölfe mit unnatürlichem Sozialverhalten
 * Resultat: Fehlannahme linearer Hierarchie (Alpha → Omega)
  • Realität:
 * Natürliche Wolfsrudel zeigen kooperative, harmonische Strukturen
 * Versorgung verletzter Rudelmitglieder belegt
 * Rudel = Familie, nicht Konkurrenzverband
  • Aber: Aggression gegen fremde Wölfe ist real und teils tödlich

Hundeverhalten – Querbezüge aus Wildtierethologie

  • Klassisches Kanidenverhalten:
 * Revierverhalten: Territorium wird gegen gleichgeschlechtliche Rivalen verteidigt
 * Koexistenz unkastrierter Rüden im engen Raum (Stadt, Hundeplatz) = biologisch untypisch
  • Zuchtproblem:
 * Deckrüden häufig nicht selektiert nach Sozialverträglichkeit
 * Folge: Erhöhte Aggressionsrate gegenüber Rüden
  • Dozent fordert:
 * Härtere Selektionskriterien, wenn Hunde in dichten Sozialräumen gehalten werden sollen

Prüfungsrelevanz

  • Thema laut Dozent nicht direkt prüfungsrelevant
  • Aber:
 * Für Fachgespräche, Argumentationstrainings und Beratungsgespräche mit Haltern extrem nützlich
 * Relevanz für:
   * Hundeverhalten
   * Rudelhaltung
   * Sozialverträglichkeit in Mehrhundehaltung

Sozialstruktur beim Wolf – Rückschlüsse für Hundehaltung

Wolfsrudel: Aufbau und Variabilität

  • Klassisch: Muttertier + Vatertier + Nachwuchs = Familienverband
  • Welpenstatus (biologisch) bis 1. Mai des Folgejahres, unabhängig von Größe oder Entwicklungsstand
  • Jungtiere verbleiben i. d. R. 1–3 Jahre im Rudel, bevor sie abwandern
  • Rudelgröße variiert stark – bis 20 Tiere möglich bei mehreren Jahrgängen
  • Es gibt auch Einzelgänger oder abweichende Strukturen (z. B. mehrere erwachsene Rüden, Tiere verbleiben dauerhaft)

Einfluss des Lebensraums

  • Unterschied 2000 vs. 2025: Großteil der Gebiete (z. B. Brandenburg) mittlerweile besetzt
  • Folge: Abwanderung junges Wolfes durch besetzte Gebiete = geringere Überlebenswahrscheinlichkeit
  • Population stagniert, nachdem sie lange stark gewachsen ist

Falsche Mythen: Dominanzstruktur im Rudel

  • Irrtum: „Alpha-Wolf“-Modell mit linearer Hackordnung (Chef → Omega)
 * Ursprung: Beobachtung gefangener Gehegewölfe unter Zwang
 * Realität: In der Natur herrscht Kooperation, Versorgung verletzter Tiere, Harmonie im Rudel
  • Beispiel:
 * Verletzter Wolf mit Beinbruch wird über Wochen mitversorgt

Aggression und Todesursachen

  • Innerhalb des Rudels: sozialer Friede
  • Außerhalb: hohe Aggressivität
 * Bis zu 50 % der Todesfälle (ohne Menscheneinfluss) durch Artgenossen
  • Relevanz für Hunde:
 * Haushunde sollen in Ballungsräumen sozialverträglich agieren
 * Bei Wildkaniden wäre das ohne massive Selektion unmöglich
 * Unkastrierte Rüden zeigen territoriales Verhalten → Haltungsproblematik in dicht besetzten Gebieten

Übertragbare Denkanstöße

  • Kaniden halten Reviere konkurrenzfrei – Konfliktvermeidung durch Distanz
  • Haushunde leben im Dauerstress, wenn sie sich Revier mit unkastrierten Rüden teilen müssen → ethisches Problem
  • Zucht & Haltung müssen sich stärker an der Verhaltensbiologie orientieren

Körpersprache, Imponieren & Aggressionsdynamiken beim Hund

1. Ausgangslage: Recht, Grauzonen, Ethik

  • Viele Haltungspraktiken rechtlich nicht eindeutig geregelt (z. B. bestimmte Trainingsmittel)
  • Es gibt Gutachten, Empfehlungen, aber oft keine bindenden Urteile → rechtliche Grauzone
  • Folge: Verunsicherung bei Hundehaltern

2. Imponierverhalten & Körpersprache

  • Beispiel: Rüde betritt Hundewiese
 * Hohes Kopfhalten, gestreckte Beine, steifer Gang = Imponieren
 * Rückenlinie gerade, Rute hoch, Ohren vorne = sicher, offensiv
  • Unsichere Hunde:
 * Einknicken hinten, Rute tief, Ohren nach hinten, runde Rückenlinie
 * Pomeranian (Spitz): Rute geht erst bei massiver Angst runter → Signallücke

3. Kopfstudie: Bedeutung der Mimik

  • Viele Trainer scheitern in Prüfungen an der Deutung von Gesichtsausdrücken
  • Beispielhafte Differenzierungen:
 * Drohung mit Sicherheit: feste Ohrenposition, kontrollierter Gesichtsausdruck
 * Drohung mit Angst: gespannter Maulwinkel, zurückgezogene Ohren, erweiterte Pupillen
  • Tabelle als Dreieck dargestellt → Verbindung zwischen Offensive, Defensive und Neutralität

4. Kommunikationsdefizite durch Morphologie

  • Hunde mit starkem Fell (z. B. Wuschel) oder fleischigen Schlappohren (z. B. Bernhardiner):
 * Einschränkung der körpersprachlichen Kommunikationsfähigkeit
  • Unterschied: Hund ↔ Wolf
 * Reduktion nonverbaler Ausdrucksmöglichkeiten um bis zu 80 %
 * Folge: Grobmotorik ersetzt feine Signale → erhöhtes Missverständnisrisiko

5. Aggressionsverhalten: Motivation & Differenzierung

  • Zwei Grundmotive:
 * Aus Sicherheit heraus („Ich will das nicht – und setze mich durch“)
 * Aus Unsicherheit heraus („Ich habe Angst – aber gehe vorwärts“)
  • Viele Hunde lernen: „Wenn ich vorwärts gehe, bekomme ich Raum“ → scheinbar souverän, aber innerlich unsicher
  • Problem:
 * Therapie mit Druck verschärft Unsicherheit → gefährliche Dynamik
  • Richtlinie: Verhalten lesen, nicht unterdrücken

6. Beobachtungsmarker für Trainer/Prüfung

  • Ohrenstellung (nach vorne / angelegt / unklar durch Morphologie)
  • Maulspalte:
 * Sichtbarkeit vorderer Zähne → moderate Drohung
 * Rachen sichtbar → Panik, Angriff wahrscheinlich
  • Kontext beachten: Verhalten ist dynamisch, kein starres Schema

Aggressionsverhalten, Kommunikation & Stressreaktionen beim Hund

Aggression: Kein Fehlverhalten, sondern Sprache

  • Aggression ≠ Wut oder Fehlverhalten
  • Auch ängstliche Hunde zeigen Aggressionsverhalten → z. B. aus Panik heraus
  • Aggression ist ein Teil ritualisierter Kommunikation
  • Ein Hund darf „Nein“ sagen – wichtig besonders für:
 * Tiergestützte Interventionen
 * Therapieeinsätze
 * Arbeit mit Kindern

Ausdrucksmöglichkeiten und Eskalationsverlauf

  • Beispiel: Hund wird gestreichelt – sagt erst mit Körpersteifheit „Stopp“, dann mit Zähnefletschen oder Schnappen
  • Ziel: Hunde sollen frühzeitig kommunizieren dürfen (z. B. durch Kopfwendung, Maulspalte, Abwendung)
  • Problem: Viele Hunde lernen, dass nur starke Reaktion wirkt → „Ich muss krachen, damit man mich ernst nimmt“

Biologische Wurzeln des Druckverhaltens

  • Sicherer Hund: zeigt vordere Zähne, Ohren nach vorne, Maul bleibt eher geschlossen
  • Ängstlicher Hund: Maulwinkel nach hinten, Ohren angelegt, Gesicht zurückgezogen
  • Analogie zum Menschen:
 * Auch wir zeigen „Zähne“ bei Unsicherheit – z. B. durch Lächeln

Kommunikationslücken durch Erziehung oder Morphologie

  • Hunde dürfen oft nicht „Halt“ sagen → langfristig gefährlich
  • Fehler: Aggression wird unterdrückt statt kontextualisiert
  • Manche Hunderassen (z. B. Wuscheltypen) sind in Mimik stark eingeschränkt → erhöht Missverständnisse

Das 4F-Modell der Stressreaktion

  • Flucht (flight)
  • Kampf (fight)
  • Einfrieren (freeze)
  • Flirten (fiddle/fawn)
  • Reaktion hängt ab von:
 * Lernerfahrungen
 * Kontext
 * genetischer Disposition

Fallbeispiel: „Fluchthund wird zum Wildtier“

  • Hundeflucht kann in Überlebensmodus führen – selbst zahme Familienhunde lassen sich nicht mehr einfangen
  • Beispiel: Hund erschrickt, rennt weg, wird über Monate nicht erkannt → reagiert wie ein Wildtier
  • Nur durch Geduld, ruhige Präsenz und Distanzarbeit kann Rückführung gelingen
  • Relevanz für:
 * Tierschutzarbeit
 * Sicherheitskonzepte bei Ausführdiensten
 * Einsatzplanung tiergestützter Arbeit

Prüfungsrelevanz

  • Verstehen von Signalverhalten und Konfliktdynamik ist zentral
  • Aggression muss im Kontext bewertet werden – nicht pathologisiert
  • Hunde mit gesunder Kommunikation sind weniger gefährlich als Hunde mit unterdrücktem Ausdrucksverhalten

Fehlinterpretationen & Eskalation bei Hundeverhalten

Freeze ≠ Kooperation

  • Hunde im Freeze („Fries“) wirken angepasst, sind aber innerlich im Notfallmodus
  • Keine Mimik, keine Körpersprache → scheinbare Unauffälligkeit
  • Hunde „laufen mit“, weil sie keine Wahl sehen – nicht weil sie kooperieren
  • Frage: Was passiert, wenn sie aus dem Freeze herauskommen?
 * Flucht?
 * Angriff?
 * Rückfall in Freeze?

Fallbeispiel: Pudelhündin mit Zeitbombe im Verhalten

  • Erste 3 Tage: brav, lieb, stressresistent – danach: massive Eskalation
  • Kommunikation war nicht sichtbar – Panik kam schlagartig, aber war latent da
  • Typisches Wechselverhalten: Freeze → Fluchtversuch → Aggression → Rückfall
  • Lehrstück für Einschätzung von Tierheim- oder Auslandshunden

Fehlwahrnehmung: Flirtverhalten als „positiv“

  • Spielaufforderung, Lecken, Umherspringen = Fiddle/Fawn
 * Stressbewältigung durch Kontaktaufnahme
 * Hund fühlt sich bedroht, sucht aber Nähe
  • Greift man zu → kann Hund „plötzlich“ beißen → kein Kontrollverlust, sondern vorhersehbare Eskalation
  • „Der Hund hat nie vorher was gezeigt“ = Missverständnis menschlicherseits

Warnsignale erkennen & korrekt interpretieren

  • Zentrale These: Hunde beißen nicht aus dem Nichts
  • Wer Mimik, Körperhaltung, Verhalten nicht lesen kann, erzeugt Gefahr
  • Beispiel: Hunde aus Transporter zeigen Flirt – lassen sich aber nicht anfassen → Schutzreaktion
  • Aufzwingen führt zu Verteidigung – berechtigt aus Sicht des Hundes

Ernstkampf bei Hunden: Leise, tödlich, missverstanden

  • Unterschied zu Imponierverhalten: keine Show, keine Geräusche
  • Kein Knurren, kein Bellen – oft übersehen
  • Biss mit voller Kraft, Schütteln → innere Verletzungen, Nerven-/Geweberisse
  • Häufige Unterschätzung durch Halter → „In der Küche, im Wohnzimmer, plötzlich war’s still“

Fachliche Relevanz

  • Kommunikationsfähigkeit ≠ Kommunikationsbereitschaft
  • Hunde mit eingeschränkter Mimik (z. B. durch Morphologie, Trauma) brauchen besonderes Handling
  • Trainer:innen brauchen Differenzierungsfähigkeit:
 * Flirt ≠ Freude
 * Freeze ≠ Einvernehmlichkeit
 * „Braver Hund“ ≠ sicherer Hund

Stress, Freezing, Flirtverhalten & Eskalation bis Ernstkampf

Kommunikationsmuster unterdrückter Hunde

  • Hunde aus dem Tierschutz verhalten sich oft unauffällig – zeigen scheinbar nichts
  • Freezing als Überlebensstrategie: Hunde bewegen sich nicht, selbst unter extremer Belastung
  • „Nicht kommunizieren“ ist ein deutliches Signal – Ausdruck massiver innerer Anspannung

Übergangsreaktionen: Flucht – Angriff – Freeze – Wechselverhalten

  • Hunde pendeln zwischen Verhaltensstrategien, z. B.:
 * Leinenaggression nach scheinbarer Gelassenheit
 * Angriff nach mehrtägiger Unterwürfigkeit
 * Rückfall ins Freeze nach fehlgeschlagener Flucht
  • Beispiel: Pudelhündin greift ab Tag 3 panisch an, obwohl sie zunächst „unauffällig“ war

Flirtverhalten = Stressverhalten

  • Flirtverhalten (z. B. Spielaufforderung, Anschmiegen, Pfoteheben) ist oft:
 * Beschwichtigung
 * Versuch, Distanz zu regulieren
 * Ausdruck innerer Unsicherheit
  • Fehler: Mensch deutet dies als „positives“ Verhalten → greift zu → Eskalation

Hunde aus dem Tierschutz: Annäherung und Grenzverletzung

  • Tiere fühlen sich schnell bedroht, auch bei scheinbar harmlosen Annäherungen
  • Vertrauen muss aktiv aufgebaut werden – ohne Erwartungsdruck
  • Griffkontakt kann als Angriff erlebt werden → Abwehrbiss

Fehldeutung von Stresssignalen

  • Klassische Signale:
 * Pfoteheben
 * Wedeln mit nach hinten gelegten Ohren
 * Maulspalte, Abwendung, Lecken
  • Werden diese übersehen → entsteht das Missverständnis: „Der Hund hat aus dem Nichts gebissen“

Sozialdynamik unter Hunden: Imponierverhalten und Ernstkampf

  • Kommentkämpfe gehören zum Normalverhalten – bergen aber Verletzungsrisiko
  • Ernstkampf ist qualitativ anders:
 * Lautlos, zielgerichtet, ungehemmt
 * Keine Drohsignale – keine Zeit für Deeskalation
 * Zerreißendes Schütteln: schwere innere Verletzungen bis Tod möglich
  • Situationen entstehen z. B.:
 * In engen Räumen (Wohnküche)
 * Bei unklarer sozialer Struktur
 * Bei Fehlinterpretation durch den Menschen

Handlungskompetenz für Trainer & Halter

  • Frühzeitiges Erkennen nonverbaler Stresssignale
  • Nicht jede Annäherung als Zustimmung deuten
  • Flirtverhalten ≠ Freude, sondern oft Ausdruck von Not
  • Eskalationsketten verstehen und frühzeitig unterbrechen
  • Bei Ernstkampf: keine Illusionen – es geht um Leben und Tod

Kind-Hund-Gefahr, Defensive Aggression & Videoanalyse

Fallanalyse: Kind in Gefahr

  • Video zeigt scheinbar „niedliche“ Szene zwischen Kind & Hund
  • Hund öffnet Maul, geht Richtung Gesicht – entscheidet sich im letzten Moment fürs Abschlecken
  • Fachlich: Beinahe-Biss, keine Spielszene
  • Sachkundige müssen intervenieren, auch gegenüber Verwandten oder Vorgesetzten
  • Video wurde geschickt mit: „Schau mal, wie süß“ – fatale Fehleinschätzung

Klinischer Ernstfall

  • Oberlippe abgerissen durch Hund – Mutter des Kindes
  • Szene: Begrüßung → Zunge → Biss → Schockraum
  • Hintergrund: Hund kennt keine dosierte Beißhemmung im menschlichen Gesicht
  • Theorie: Orientierung an Schnauzengriff der Hündin in Wurfdisziplinierung

Defensives Aggressionsverhalten

  • Typische Szenarien:
 * Spaziergang: Hündin wird von aufdringlichem Rüden bedrängt
 * Mensch fummelt am Halsband – Hund hat Rückzugssignale gezeigt
  • Signale:
 * Riesenaugen, Ohren „halb acht“, Kopf weggedreht
 * „Schrilles“ Bellen, plötzliches Abwehrschnappen
  • Wichtig: Nicht spektakulär = nicht harmlos

Ressourcenthematik: Napfverteidigung

  • Videoanalyse einer Hündin mit ressourcenbedingter Aggression
  • Auch leerer Napf kann Auslöser sein
  • Verhalten sichtbar, bevor es zum Angriff kommt – wenn Kamera mitläuft

Methodik: Videoanalyse für Trainer

  • Videos helfen bei:
 * Differenzialdiagnostik: Ursache ≠ Symptom
 * Nachvollziehbarkeit von Verläufen
 * Reflexion der eigenen Einschätzung
  • Hinweis: Hunde zeigen mehr, als Menschen auf den ersten Blick wahrnehmen
  • Empfehlung: Aufzeichnen, in Zeitlupe analysieren, Details studieren

Verantwortung sachkundiger Personen

  • Pflicht zur Gefahreneinschätzung
  • Keine Verharmlosung gegenüber „liebem Hund“ oder „niedlichem Video“
  • Einschreiten bei:
 * Unterschätzten Gefahren
 * Missverstandener Kommunikation
 * Mangelnder Aufsicht in Kind-Hund-Situationen

Aggression, Persönlichkeit, Schmerzverhalten beim Hund

Defensive Aggression bei Hündinnen

  • Beispiel: Rottweilerhündin mit deutlich defensivem Aggressionsverhalten
  • Klassische Körpersprache:
 * Rosa Ohr sichtbar (Ohren nach hinten)
 * Rückenlinie durchgedrückt
 * Rute unten, Beine angewinkelt, alle Zähne sichtbar
  • Warnung: Gewalt oder „Durchgreifen“ verstärken das Problem
  • Irrglaube: „Weil Rottweiler“ – biologisch unsauber, führt in Sackgassen

Fotoanalyse als Schulungstool

  • Verhalten verändert sich in Millisekunden
  • Einzelbilder (z. B. Zeitraffer) zeigen Signale, die in Echtzeit übersehen würden
  • Beispiel: junge Hündin wird bedrängt – nonverbales Display ändert sich situativ
  • Empfehlung: Fotos und Videos systematisch nutzen, nicht nur zur Dokumentation, sondern zur Schulung der Wahrnehmung

Verhaltensbeeinflussung: Persönlichkeit als dynamische Matrix

  • Verhalten ist beeinflussbar – kurzfristig und dauerhaft
  • Einflussfaktoren auf Persönlichkeit:
 * Genetik
 * Sozialisation
 * Gesundheit
 * Umwelt/Lebensumstände
  • Beispiel:
 * Retriever aus Massenzucht kann passabler Familienhund werden
 * Ridgeback oder Straßenhunde kompensieren schlechter – begrenzte Plastizität
  • Grundsatz: Schlechte Genetik kann durch gute Sozialisation (teilweise) ausgeglichen werden – umgekehrt aber auch

Gesundheitsfaktor: Schmerz & Verhalten

  • Schmerzen verändern Verhalten nachhaltig – oft verkannt
  • Unterschied zwischen:
 * Akutem Schmerz (z. B. Loch in der Wiese → Lahmheit plötzlich)
 * Chronischem Schmerz (z. B. HD, Arthrose → schleichende Anpassung)
  • Gefahr: Besitzer gewöhnen sich an das „immer schon so“-Laufbild
  • Hunde zeigen bei chronischem Schmerz oft weniger deutliche Symptome

Kritik an Veterinärmedizinischer Praxis

  • Tierärzte lernen im Studium nichts über Schmerzerkennung
  • Fokus liegt auf biochemischen Grundlagen (z. B. Citratzyklus), nicht auf Verhaltensanalyse
  • Keine objektiven Schmerzskalen bei Hunden oder Menschen – Diagnostik bleibt subjektiv
  • Tierärzte, die Schmerzen erkennen können, sind die Ausnahme

Empirischer Befund aus Praxis und Beratung

  • Hunde mit identischer Diagnose zeigen sehr unterschiedliche Reaktionen:
 * Schmerzempfindlichkeit ist individuell (wie beim Menschen)
 * Manche Hunde kompensieren massiv – andere zeigen früh Symptome
  • Empfehlung:
 * Beobachtbarkeit > Befund
 * Lieber einmal zu viel untersuchen lassen als zu spät
 * Wissen über Stress- und Schmerzzeichen ist prüfungsrelevant

Krankheiten mit Verhaltensbezug beim Hund

Schmerz & Verhalten

  • Hunde, die „von Natur aus“ wenig zeigen (z. B. kampfgezüchtete Rassen), erschweren Schmerzdiagnostik
  • Lahmheit ≠ Laune: Immer Hinweis auf Schmerz oder funktionelle Störung
  • Diagnostik:
 * Schmerzmitteltest als pragmatischer Indikator („wird Hund lebhafter?“)
 * Muskulatur beobachten – Atrophie = mögliches Schmerzzeichen
  • Therapie:
 * Schmerzmittel helfen nur begrenzt
 * Bei schwerer HD ggf. OP (z. B. Femurkopf-Resektion)

Komplementäre Diagnostik: Tierarzt vs. Physio/Osteo

  • Tierärzte oft unterqualifiziert für funktionelle Schmerzdiagnostik
  • Physiotherapeuten, Osteopathen, Chiropraktiker oft präziser in der Einschätzung
  • Grund: Spezialisierung auf Muskeltonus, Bewegung, Schmerzzeichen

Verhaltensverändernde Krankheiten

Tollwut

  • Hochgradig verhaltensverändernd
  • Weltweit noch >60.000 Todesfälle/Jahr
  • In Deutschland unterschätzt – Fledermäuse tragen Virus → Impfempfehlung

Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose)

  • Rasseanfällig: z. B. Dobermänner
  • Symptome: Trägheit, Gewichtszunahme, Hautveränderungen – aber auch atypisch
  • Sonderform: Halluzinationen (z. B. „Fliegenfangen“)

Cushing-Syndrom

  • Cortisolüberschuss: alter Pudel, dicker Bauch, Hungerattacken
  • Symptome:
 * Frisst übermäßig
 * Öffnet Kühlschränke, nagt Türen an

Addison-Krankheit

  • Cortisolmangel → lebensbedrohlich ohne Substitution
  • Symptome: Lethargie, Appetitverlust, ggf. Addison-Krise

Epilepsie

  • Klassisch: Krampfanfall → postiktal normal
  • Sonderform: postiktale oder präiktale Aggression
  • Komplex: plötzlicher Gesichtswechsel, aggressive Attacken ohne Auslöser
  • Diagnostische Schwierigkeit: kein Kontext (kein Auslöser erkennbar), spontane Wesensänderung
  • Begrifflich gefasst als:
 * Ad-hoc-Syndrom
 * Cocker-Wut
 * NCL (Neurodegenerative Ceroid-Lipofuszinose)

Praxisrelevanz

  • Größe des Hundes spielt Rolle bei Gefährdungsbeurteilung
  • Medikamentöse Einstellung oft möglich, aber nicht garantiert
  • Differenzierte Diagnostik ist Pflicht: Kontextfreie Aggression ≠ „Verhaltensproblem“

Ernährungseinfluss auf Verhalten

  • Nur angedeutet am Ende, aber relevant:
 * Nährstoffmangel
 * Elektrolythaushalt
 * Futterzusammensetzung → Verhalten (z. B. Reizbarkeit, Hyperaktivität)

Pathophysiologische Ursachen für Verhaltensveränderungen beim Hund

Gastrointestinale Störungen & Vitaminmangel

  • IBD (Inflammatory Bowel Disease):
 * beeinträchtigt die Aufnahme von Vitamin B
 * Vitamin B = zentral für Nerventätigkeit → Mangel kann Verhalten verändern

Allergien und chronischer Juckreiz

  • Juckreiz – auch ohne sichtbare Hautveränderung – führt zu gereizter Grundstimmung
  • Unterscheidung:
 * äußere Allergien: sichtbar an Haut, Ohren etc.
 * innere Allergien: Schleimhaut-Reizung (z. B. Pudeltypus)
  • Typisches Verhalten:
 * Futterverweigerung, exzessives Grasfressen
 * Fressen von Teppichen, Socken, Erde, Franzen
 * Magenprobleme werden mit Schmerz/Übelkeit assoziiert

Ernährung & Neurochemie

  • Mais:
 * reduziert Serotonin im Gehirn → Auswirkung auf Glücksgefühl
 * bestimmte Rassen reagieren empfindlich → Maisfreie Diäten als Therapieoption

Grasfressen: Pathophysiologisch vs. „normal“

  • Unterscheidung:
 * gelegentliches Grasfressen: unproblematisch
 * exzessives Grasfressen bei jedem Spaziergang → Magenprobleme!
  • Funktion:
 * mechanisches Ausleiten von Fremdkörpern, Knochen, Haaren
 * kein echtes „Nahrungsergänzungsmittel“

Fremdkörper und Magenproblematik

  • Fremdkörper im Magen → Schwerkraftlage → Gefahr der Abkapselung (Granulom)
  • Symptome: chronische Magensymptome, Erbrechen
  • Pathologische Befunde: „versteinerte“ Fremdkörper in Einzelfällen nachweisbar

Organverlagerung & akute Schmerzereignisse

  • Magentorsion:
 * lebensbedrohlich, tödlich in < 2 h bei Nichtbehandlung
 * keine echte „Drehung“, sondern Aufgasung mit Abklemmung der Ein-/Ausgänge
  • Weitere mögliche Torsionen:
 * Milz, Darmkonvolut, sogar Lungenflügel
  • Diagnostik schwierig → Probelaparotomie bei Verdacht

Skelettsystem: Schmerzdiagnostik bei alten Hunden

  • Spondylosen:
 * Verknöcherte „Brücken“ zwischen Wirbeln
 * Bruch dieser Brücken = akuter Schmerz (aber volle Reflexe bleiben!)
 * Schmerzmittel → schnelle Besserung möglich
  • Arthrose in Facettengelenken:
 * hochgradige, nicht operable Gelenkveränderung
 * diffuse Schmerzen, eingeschränkte Beweglichkeit
 * Schmerzmittel nur begrenzt wirksam

Differenzialdiagnostik Schmerzursachen

  • Laien (Hundetrainer) unterscheiden oft nicht:
 * Brückenbruch ≠ Arthrose
  • Relevanz:
 * Nicht der genaue Befund, sondern Schmerzerkennung und -behandlung ist entscheidend
 * Ziel: Belastung des Hundes senken, Lebensqualität steigern

Körpersymptome und Verhalten – Schmerz, Verdauung, Arthrose

Ernährung, Magen-Darm-Trakt und Verhalten

Vitamin-B-Mangel bei IBD

  • Hunde mit IBD (inflammatory bowel disease) nehmen Vitamin B schlecht auf
  • Vitamin B zentral für neuronale Aktivität und Verhalten
  • Folge: gestörte Reizverarbeitung, diffuse Unruhe

Allergien und Juckreiz

  • Juckreiz (sichtbar oder auf Schleimhäuten) → starke psychische Belastung
  • Hunde mit unsichtbaren Allergien zeigen oft:
 * Futterverweigerung
 * Fressen von Teppichen, Socken, Gras (kompensatorisches Verhalten)
 * Dauergestresstes Verhalten mit niedriger Reizschwelle
  • Therapie: Schmerzfreiheit auf Haut und Schleimhäuten → massiver Verhaltenswandel

Mais und Serotonin-Level

  • Bestimmte Rassen zeigen auf Mais-sensitiv reagierende Verhaltensauffälligkeiten
  • Mais kann Serotoninspiegel senken → schlechtere Stimmung
  • Intervention: Mais-freie Diät kann deutliche Verhaltensbesserung bringen

Grasfressen – Diagnostik, Differenzierung

  • Normales Verhalten ≠ exzessives Grasfressen
  • Exzessives Grasfressen ist Symptom für Magenbeschwerden
  • Zweck: um Fremdkörper, Haare oder Knochenteile zu ummanteln → Ausscheidung
  • Unterscheidung:
 * Gelegentlich = normal
 * Ständig = pathologisch

Fremdkörper im Magen-Darm-Trakt

  • Fremdkörper können verweilen, aber führen meist zu Symptomen
  • Komplikationen:
 * Granulombildung, chronische Entzündung, Abkapselung
 * In seltenen Fällen: „Versteinerungen“ (z. B. bei Katzen)
  • Klinische Symptome: Erbrechen, Unruhe, Fressverweigerung

Organverlagerung und -verdrehung

Magendrehung

  • Klinische Notfall-Situation – kann in 2 h tödlich sein
  • Pathophysiologie: Aufgasung → Magenverlagerung → Abschnürung von Ein- & Ausgang
  • Klinik: Unruhe, Würgereiz, pralles Abdomen, Kreislaufschwäche

Weitere Organverlagerungen

  • Milzdrehung
  • Lungendrehung → starke Atemnot
  • Darmkonvolut-Volvulus – Rotation um eigene Achse
  • Diagnose oft nur über Explorationslaparotomie möglich

Spondylosen, Bandscheiben, Arthrose

Bruch von Spondylosenbrücken

  • Alte Hunde mit Verknöcherungen zw. Wirbeln → bei falscher Bewegung → Bruch
  • Symptome:
 * Plötzliche Bewegungsunfähigkeit
 * Schmerzreaktion
 * Aber: Reflexe intakt → Abgrenzung zum Bandscheibenvorfall

Bandscheibenvorfall

  • Reflexausfälle
  • Kein Aufstehen möglich – auch nicht nach Schmerzmittelgabe

Facettengelenksarthrose (Wirbelgelenke)

  • Degenerative Prozesse, sichtbar als „wolkige“ Risse im Röntgenbild
  • Therapie:
 * Nur Schmerzmanagement
 * Keine operative Möglichkeit
 * Begrenzte medikamentöse Optionen

Tiermedizinisch-diagnostischer Rahmen

  • Ziel: Lokalisierung der Schmerzquelle, aber nicht immer möglich
  • In der Praxis: Therapieentscheidung basiert auf Gesamtsymptomatik, nicht auf Einzelbefund
  • Schmerzfreiheit = oberstes Ziel – unabhängig von Ätiologie

Stressanzeichen beim Hund – Gesicht, Verhalten, Schmerz

Chronischer Schmerz und Verhalten

  • Hunde mit chronischen Schmerzen zeigen oft keine direkten Schmerzlaute
  • Symptome:
 * Glattes Gesicht, verspannte Gesichtsmuskulatur
 * Extrem weit nach hinten gezogene Maulspalten („Stresslächeln“)
 * Hecheln mit starrer Mimik
  • Beispiel:
 * Rüde mit Spondylose liegt auf weicher Matratze, dennoch abduzierte Ellenbogen → Hinweis auf Schmerz
 * Stark verlängerte Krallen = zu wenig Bewegung → indirektes Schmerzsignal
 * Unterbemuskelung, eingesunkene Brustmuskulatur

Stresssignale im Verhalten

  • Stress = kumulatives Geschehen mit multiplen Ausdrucksformen
  • Typische Körpersignale:
 * Blinzeln, Gähnen, Kopf wegdrehen
 * Schnüffeln am Boden außerhalb des Kontexts
 * „Föteln“ (Pfote anheben)
  • Kontextuelle Bewertung entscheidend:
 * Hund kann „Sitz“ – dreht sich aber stattdessen weg → Hinweis auf Überforderung oder Verweigerung
 * Unpassende Verhaltensmuster = Konfliktanzeichen

Körpersprache: Schwanzbewegung im Kontext lesen

  • Hektisches Wedeln ≠ Freude
 * Langsames Wedeln bei hoher Rutenhaltung = Drohgebärde
 * Normales Spielwedeln = weich, mittlere Frequenz, tiefere Rutenhaltung
 * Sehr schnelles Wedeln = Stress oder Unsicherheit
  • Kontext und Körperspannung mitbewerten

Tierarztbesuch und Prüfungssituation: Stressspiegelung

  • Hunde in der Praxis zeigen oft:
 * Föteln, Gähnen, Versteifung, Stressgesicht
  • Analogie zur Prüfungssituation beim Menschen:
 * Eigene Symptome wahrnehmen (Herzklopfen, Schwitzen, Leere im Kopf)
 * Analog auf Hund übertragen: Stress = physiologisch sichtbar

Gesichtsausdruck als Langzeitindikator

  • Tierschutzhunde mit chronischem Stress zeigen typische Gesichtszüge:
 * „Trauriges Gesicht“
 * Aufgezogene Maulwinkel, Zähne sichtbar, Stirnmuskeln angespannt
  • Veränderung im Zeitverlauf sichtbar (z. B. Hasky-Mix im Heim vs. in Pflege)

Diagnostik durch Bildanalyse

  • Fotos helfen, Mimikveränderungen zu erfassen
  • Empfehlenswert: Vergleichsbildreihen zur Evaluation von Veränderung über Zeit
  • Beobachtungsschulung durch Vergleich mit eigenem Hund

Schmerz, Stress & Mobbing im Hundeverhalten

1. Schmerzverhalten über Körpersprache erkennen

  • Schmerzsymptome sind oft primär verhaltensbasiert, nicht körperlich messbar.
  • Klassische körperliche Krankheitssymptome (z. B. Fieber, Durchfall) ≠ spezifische Schmerzsignale.
  • Typische Schmerzverhaltensmuster:
 * Hecheln ohne körperliche Belastung
 * Abwendung des Kopfes bei Kommandos (z. B. auf "Sitz")
 * Kratzen ohne Reiz
 * Aufstehen, bevor Übung beendet ist
 * Vermeidung (so tun, als wisse der Hund nicht, was "Sitz" bedeutet)
  • Diagnostisch wertvoll: Beobachtung im Tierarzt-Warteraum (Stressverhalten sichtbar)

2. Stress ≠ Schmerz – aber oft gekoppelt

  • Schmerz erzeugt fast immer Stress.
  • Stress erzeugt nicht zwingend Schmerz.
  • Verhaltensbeobachtung muss immer im Kontext gelesen werden.

3. Prüfungssituation: Transfer auf Mensch & Hund

  • Vergleich menschlicher Prüfungsstress ↔ Hundeverhalten:
 * Blanker Blick, Herzklopfen = Blinzeln, Föteln, Fluchtverhalten
 * Keine Abrufbarkeit, keine Impulskontrolle
  • Taktisches Vorgehen: Entlangtasten durch bekannte Kontexte (Tierarztpraxis)

4. Mobbing unter Hunden

  • Tiere mobben ebenfalls – nicht nur Menschen.
  • Mobbing erkennen heißt: Feinzeichen im sozialen Kontext deuten.
  • Grobes Mobbing:
 * Hund wird vom Futter oder Spielzeug verdrängt
 * Spielverweigerung wird nicht respektiert
  • Subtiles Mobbing:
 * Wiederholte Anrempler, Pseudo-Spiel
 * Kein echtes Ausweichen möglich
 * Körperspannung, Ausdrucksverflachung beim gemobbten Tier
  • Fehlerquelle Mensch:
 * Mobbing wird oft als „Spiel“ verharmlost
 * Sympathien für den mobbenden Hund (v. a. bei eigenem Hund) führen zu Verzerrung

5. Dynamik bei neuer Rudelintegration

  • Neue Hunde (v. a. junge) testen häufig Grenzen – wirken „frech“.
  • Fehler: sofortige Gleichstellung im Rudel
 * → Der neue Hund muss sich soziale Rechte erarbeiten.
  • Der etablierte Hund fühlt sich oft gestört, nicht erfreut:
 * „Warum bringt Frauchen noch einen Babyhund mit?“
 * Ablehnung ist normal, nicht gleich „Problemverhalten“.

Handlungsempfehlung zur Beobachtung

  • Verhaltensdiagnostik braucht:
 * Kontextkenntnis
 * Differenzierung zwischen Spiel, Konflikt und Schmerz
 * Selbstreflexion des Menschen: „Was will ich sehen?“ vs. „Was ist tatsächlich da?“
  • Prüfungsrelevanz: Stress- & Schmerzverhalten klar benennen und begründen können.

Mobbingverhalten unter Hunden II – Subtile Signale und präventive Intervention

Stressmaskierte Spielerforderung

Nicht jede Spielerforderung ist ein Ausdruck echter Spielfreude. Insbesondere Mobbingopfer zeigen oft „spielerisches“ Verhalten, das in Wahrheit aus Stress entsteht:

  • Körpersprache angespannt, hektisch
  • Schnelles Wedeln bei tief gehaltener Rute
  • Stressgesicht (Maulspalte, angespannte Stirn, zurückgelegte Ohren)

Analogie zum Menschen: In sozialen Stresssituationen (z. B. Mobbing im Büro) zeigen Betroffene oft überangepasstes Verhalten wie Kuchen backen oder Freundlichkeit heischen – kein echtes Bedürfnis nach Gemeinschaft, sondern strategische Selbstberuhigung.

Warum Mobbing nicht „von selbst“ aufhört

Die weitverbreitete Idee, Hunde müssten Konflikte „selbst lösen“, ist fatal. Denn:

  • Mobbing-Opfer lernen: Ich kann mich nicht wehren.
  • Mobber lernen: Mobbing macht Spaß und bringt Erfolg.
  • Beide verschlechtern ihr Sozialverhalten.

Konsequenz: Es braucht klare menschliche Intervention. Keine naive Sozialromantik.

Strategien für Gruppenhaltung

In Gruppen (z. B. Gassi-Service, Hundepension) sind folgende Varianten praktikabel:

  • Mobber oder Opfer isolieren, je nach Dynamik.
  • Manchmal reicht Leinenführung oder gezielte Unterbrechung.
  • In schweren Fällen: komplette Neuzusammensetzung der Gruppe.

Neurobiologische Grundlagen des Mobbings

Mobbing aktiviert im Gehirn Belohnungsketten (z. B. Dominanz, soziale Überlegenheit). Wie bei Kindern entsteht Lust am Machtgefälle. Diese Signalketten sind nicht immer bewusst steuerbar – daher braucht es frühzeitige Regulation durch den Menschen.

Mobbing unter Welpen – ein Mythos bricht

Auch unter sehr jungen Hunden kann es zu ernsthaftem Mobbing kommen. Beispiel: Drei gleichaltrige Junghunde, ungleich groß – Kangal „Karlchen“ bleibt außen vor, während Lotta (größer) Mika (kleiner) dominiert:

  • Lotta tackert Mika auf den Boden, beißt gezielt in Hinterbeine
  • Keine Rollenumkehr, kein echtes Spielverhalten
  • Mika muss sich durch Knurren und Schnappen „befreien“

Folgen:

  • Lotta lernt: Kleine Hunde = Spielzeug
  • Mika lernt: Nur durch Abwehr bekomme ich Ruhe

TGI: Therapiehunde unter Stress beobachten

Im Bereich der tiergestützten Intervention (TGI) ist es essenziell, subtile Stresssignale zu erkennen:

  • Züngeln über die Schnauze
  • Blinzeln
  • Vermeidung, Abwenden

Diese Signale müssen als Abbruchsignale anerkannt werden. Ziel: Kein Hund soll erst beißen müssen, um entlastet zu werden. Die Belastung muss vorher erkannt und beendet werden.

Gesundheit hört nicht bei der Physis auf

Gesundheit umfasst auch psychische Unversehrtheit und beginnt bei der Genetik:

  • Verhalten ist zu 100 % ererbt und zu 100 % erworben (nach Tinbergen)
  • Genetik prägt Kommunikationsfähigkeit und Stressverarbeitung (z. B. Labrador: Wasserfreude; Dackel: Eigensinn)
  • Prädispositionen müssen berücksichtigt, nicht ignoriert werden

Fazit

Mobbing ist kein Kavaliersdelikt, sondern eine sozial destruktive Dynamik – auch bei Hunden. Prävention, Beobachtung und Eingreifen sind nicht optional, sondern Ausdruck verantwortungsvoller Haltung. Der Mensch hat die Pflicht, Kommunikation zu lesen, Rollen zu erkennen – und frühzeitig einzugreifen.

Qualzucht bei Hunden: Anatomie, Genetik und Konsequenzen

Definition und Problematik

Qualzucht beschreibt die gezielte Zucht von Tieren mit angeborenen Merkmalen, die zu Schmerzen, Leiden, Schäden oder Verhaltensstörungen führen. Betroffen sind insbesondere kurzschnäuzige (brachycephale) Hunderassen wie Bullys, Möpse, Shih Tzus oder Pekingesen.

Anatomische Belastungen

Nase und Atmung

Die sogenannte „Klimaanlage“ des Hundes sitzt in der Nase. Stark verkürzte Schnauzen führen zu reduziertem Lufteintritt, ineffizienter Thermoregulation und Atemnot – besonders bei Hitze. Viele dieser Hunde sind nicht mehr in der Lage, durch die Nase zu atmen und müssen auf anstrengende Maulatmung umstellen. Studien belegen: Rund 50 % ersticken, wenn sie das nicht rechtzeitig lernen.

Nasenlöcher und Luftzufuhr

Anatomische Fehlbildungen wie schmale Schlitz-Nasenlöcher („stenotische Nares“) führen zu Atemnot. Hunde versuchen mit gesteigertem Kraftaufwand zu atmen – mit erheblichen Belastungen für Herz und Kreislauf.

Augenprolaps

Bei Rassen mit flacher Augenhöhle (z. B. Shih Tzu, Pekingese) kann leichter Druck auf das Gesicht dazu führen, dass die Augäpfel herausspringen („Augenprolaps“). Die Augen müssen dann manuell reponiert werden – eine Folge extremer Zuchtmerkmale.

Genetische Belastungen

Allergien

Hunde aus hochallergenen Zuchtlinien zeigen eine starke genetische Disposition zu Allergien. Häufige Folge: lebenslange Medikamentengabe (z. B. Apoquel, Cytopoint) – mit Kosten- und Belastungsfolgen für Tier und Halter.

Skelett- und Gelenkprobleme

Typische Erkrankungen sind:

  • HD (Hüftdysplasie)
  • ED (Ellbogendysplasie)
  • Kniescheibenluxation (v. a. bei Kleinhunden wie Yorkies)
  • Wirbelsäulendeformationen

Große Hunde können seltener kompensieren als kleine – das kann zur Euthanasie führen.

Rechtliche und gesellschaftliche Situation

Trotz wissenschaftlicher Gutachten fehlt in Deutschland eine klare gesetzliche Regelung zur Begrenzung oder Sanktionierung von Qualzucht. Andere Länder sind teils weiter. Aktuell dürfen auch extrem belastete Tiere gezüchtet werden, z. B. „nackte Bullys“ oder Tiere ohne funktionsfähige Nasen.

Verantwortung in Tierheim, Pension, Ausbildung

Fachkräfte im Hundewesen sollten rassetypische Belastungen kennen – auch ohne selbst zu züchten. Wer mit Tieren arbeitet (Hundeschule, Tierheim, Zuchtberatung), muss Qualzuchtmerkmale erkennen und Halter sachlich, aber deutlich aufklären.

Fazit

Qualzucht ist kein Randphänomen, sondern Ausdruck eines systemischen Versagens in Zuchtethik, Tiergesundheit und Rechtsdurchsetzung. Die Aufgabe von Fachpersonen ist es, zu erkennen, zu benennen und im Rahmen der eigenen Tätigkeit gegenzusteuern – notfalls auch mit unbequemen Wahrheiten gegenüber Haltern.

Qualzucht bei brachyzephalen Hunden: Anatomische Defekte und chirurgische Grenzen

Einleitung

Brachyzephale Rassen wie Mops und Französische Bulldogge gelten als "süß" – doch hinter dem runden Kopf verbirgt sich oft massives tiermedizinisches Leid. Das folgende Transkript wurde fachlich kuratiert: Smalltalk wurde entfernt, die anatomischen und genetischen Fakten verdichtet.

Atemnot als Dauerzustand

Ein Mops hat Schleimhäute auf der Fläche einer Tischtennisplatte – ein gesunder Hund auf der Fläche eines Fußballfelds. Der Unterschied ist dramatisch. Viele Tiere haben kaum durchgängige Nasenöffnungen. Chirurgische Eingriffe umfassen:

  • Erweiterung der Nasenlöcher
  • Abtragung der Nasenschleimhaut
  • Kürzung des Gaumensegels
  • Entfernung der Mandeln

Doch: Ist der Kehlkopf stark deformiert, bleibt auch nach Operation Atemnot bestehen. Viele Tiere leiden unter Schlafstörungen, fallen beim Einschlafen um, meiden die Seitenlage – nicht weil sie "putzig" sind, sondern weil sie in Lebensgefahr geraten.

Wahrnehmungsstörung durch Luftmangel

Nach OPs zeigen viele Bullys irritiertes Verhalten – erstmals können sie riechen. Die Schleimhäute sind belüftet, Luft transportiert Reize, die vorher nie ankamen. Das ist neurologisch wie sensorisch ein Schockzustand. Selbst ein Tubus im Hals wird toleriert – ein Hinweis auf chronische Reizung durch zu langes Gaumensegel.

Muskulatur und Fehlbelastung

Typische Verformungen:

  • Überentwickelte Atemhilfsmuskulatur im Brustbereich
  • Starke Belastung des Zwerchfells
  • Atembedingte Haltungsschäden

Stummelruten und Inkontinenz

Bullys mit Stummelruten haben keine weniger Wirbel, sondern fehlgebildete. Die "unsichtbare Rute" wächst im Beckeninnern und kann:

  • Den Enddarm abdrücken → Stuhlverhalt
  • Nerven schädigen → Inkontinenz (Harn und Kot)

Missbildungen der Wirbelsäule

Beispiele:

  • Keilwirbel
  • Schmetterlingswirbel
  • Halbverschmolzene Wirbel

Nur ein CT zeigt das ganze Ausmaß – klassische Röntgenbilder verschleiern die Deformation. Die Folge: unentdeckte Schmerzen, Bewegungsstörungen, chronische Fehlhaltungen.

Genetik und Farbzucht: Das Merle-Problem

Merle-Fellzeichnung ist genetisch riskant. Tragen beide Elterntiere das dominante Merle-Gen, besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit für:

  • Gehörlosigkeit
  • Augendeformation
  • Fehlbildungen des Nervensystems

Das Risiko ist mathematisch klar beschreibbar (25 % Doppel-Merle bei homozygoter Vererbung). Trotzdem wird es in vielen Zuchtlinien ignoriert.

Fazit

Brachyzephale Hunde sind keine Haustiere – sie sind medizinische Dauerpatienten. Ihre Existenz basiert auf ästhetischen Idealvorstellungen mit massiven gesundheitlichen Kollateralschäden. Solche Zuchtpraxis ist nicht nur medizinisch problematisch, sondern ethisch untragbar.

Literatur & Quellen

  • CT-Aufnahmen aus tierärztlicher Praxis
  • Genetische Modelle der Vererbung (Mendel)
  • Studien zu Keilwirbeln bei brachyzephalen Rassen
  • Tierschutzrelevante Gutachten (BMEL, 2023)

Farbgenetik und Qualzucht bei Hunden

Merle-Gen und seine Risiken

Das Merle-Gen führt zu typischen Farbmustern mit aufgehellten Bereichen, insbesondere bei einfarbig schwarzen oder zobelfarbenen Hunden. Problematisch ist die Zucht mit zwei Merle-Trägern (Merle x Merle), da hier sogenannte Doppelmerles entstehen können:

  • Doppelmerles sind häufig taub, blind oder beides
  • Sie können unter Gleichgewichtsproblemen leiden (Veränderungen des Vestibularorgans)
  • Die betroffenen Zellen (Melanozyten) spielen nicht nur bei der Pigmentierung eine Rolle, sondern auch in Sinnesorganen (Augen, Ohren)

Phantom-Merles (sichtbar nicht als Merle erkennbare Hunde) tragen ebenfalls das Gen und können es weitervererben.

Blaue Augen ≠ Merle

Blauäugigkeit allein ist kein sicheres Zeichen für das Merle-Gen:

  • Huskys, Weimaraner u.a. können genetisch blaue Augen haben – ohne Merle
  • Auch heterochrome Augen (ein blaues, ein braunes) kommen rasseunabhängig vor

Dilute-Gen ("Blau")

Das Dilute-Gen hellt schwarze Fellfarbe auf – je nach Rasse mit sehr unterschiedlichen Konsequenzen:

  • Weimaraner vertragen die Farbe gut
  • Dobermänner mit Blau sind genetisch instabil – mittlerweile in vielen Linien ausgeschlossen
  • Blaue Labradore neigen zu:
 * Haarverlust (Deckhaar fällt aus)
 * chronisch-entzündlichen Hautproblemen
 * eingeschränkter Lebensqualität bis hin zu Euthanasie

Farbvererbung ≠ gesundheitlich neutral

Farben sind nicht nur ästhetisch, sondern oft mit genetischen Risiken behaftet. In der Zucht ist die Reflexion über die Farbgenetik elementar, insbesondere im Hinblick auf Qualzuchtaspekte.

Unterschied: Hütehunde vs. Herdenschutzhunde

Zuchtlinien werden häufig irreführend unter dem Sammelbegriff "Hütehunde" vermarktet. Tatsächlich unterscheiden sich die Aufgaben gravierend:

  • Hüte-/Treibhunde: arbeiten aktiv an der Herde (z. B. Border Collies)
  • Herdenschutzhunde: bewachen passiv, arbeiten autonom, reagieren anders auf Reize

Eine klare Abgrenzung ist zuchtethisch und für die Haltungspraxis relevant.

Genetik, Haltung und Verhalten von Herdenschutzhunden

Einleitung

Herdenschutzhunde sind genetisch auf autonome Arbeit unter rauen Umweltbedingungen gezüchtet worden. Ihre Eignung als Familienhunde oder für urbane Umfelder ist stark begrenzt und setzt hohe Erfahrung voraus. Der folgende Artikel fasst relevante Aspekte der genetischen Selektion, Zaunsicherheit und Jagdverhalten zusammen.

Missverständnisse über Herdenschutzhunde

Es besteht ein weit verbreitetes Laienbild, Herdenschutzhunde wie Kaukasen seien geeignete Familienhunde. Dies widerspricht ihrer ursprünglichen Zuchtintention: Verteidigung der Herde, nicht Integration in reizarme Sozialräume.

  • Kaukasen erfordern hohe Sachkunde.
  • Einfamilienhaus mit Garten ist kein geeignetes Umfeld.
  • Fehlpassung führt zu Verhaltensproblemen oder Gefährdung.

Zaunsicherheit als genetischer Faktor

Die Fähigkeit, innerhalb eines begrenzten Territoriums zu verbleiben, ist nicht selbstverständlich.

  • Ursprungsbedingungen: keine Zäune, mitlaufende Herden.
  • Genetische Variante: Zaunsicherheit muss gezielt gezüchtet werden.
  • Beobachtung: Wölfe und Wildtiere klettern; Haushunde unterschiedlich.

Beispiel: Herdenschutzhund in deutscher Kleingartenanlage – 1,20 m Zaun reicht nicht. Korrekte Auswahl und Bewertung von Zaunhöhe und -typ ist tierschutzrelevant.

Verhalten und Selektion

Gezielte Selektion kann bestimmte Verhaltensweisen stabil etablieren – auch ohne Training.

  • Fallbeispiel Ukraine-Hund („Klette“): jagte alles außer Hühner.
  • Ursache: harte Selektion in Herkunftsregion (Hühnerjäger = erschossen).
  • Ergebnis: klare Differenzierung „Huhn = Schutzobjekt“, ohne Training.

Jagdverhalten – Segmentierung und Übertragung

Die Jagdsequenz (Orientierung → Fixieren → Anpirschen → Hetzen → Packen → Töten → Fressen) ist genetisch tief verankert. In vielen modernen Hunderassen wurden Teile gezielt verstärkt oder abgeschwächt.

Beispiele:

  • Border Collies: Fixieren + Anpirschen → auf Schafe ausgerichtet.
  • Spaniel: Stöbern und Aufscheuchen.
  • Laika: Spurlaut über Kilometer, ursprünglicher Jagdhund.
  • Problem: Umadressierung bei fehlender Auslastung – z. B. Kind statt Schaf.

Missverständnisse in der Interpretation von Jagdverhalten

Jagdverhalten ist oft nicht durch klassische Aggressionszeichen (Knurren, Drohen) markiert.

  • Fehldeutung durch Halter:innen häufig.
  • Bewegungsorientiertes Fixieren kann still und schnell eskalieren.
  • Beispiel: Schäferhündin im Jagdmodus – Maulkorb notwendig trotz fehlender „Warnsignale“.

Fazit

Herdenschutzhunde sind hoch spezialisierte Arbeitstiere mit genetischen Dispositionen, die durch unreflektierte Haltung schnell zu Problemen führen. Wesentliche Faktoren sind:

  • Kenntnis genetischer Merkmale (z. B. Zaunsicherheit, Jagdtrieb).
  • Kontextgerechte Haltung (Schutzbedürfnis ≠ Familienanschluss).
  • Bewusstsein für ursprüngliches Zuchtziel.

Literaturhinweis

Diese Inhalte basieren auf fachlichen Diskussionen und Erfahrungsberichten aus der praktischen Hundeausbildung im Kontext Herdenschutz, Jagdverhalten und Verhaltensselektion.

Hormonelle Grundlagen, Stressverhalten und Kastration beim Hund

Neurobiologie und Bedürfnislage

Im Hundehirn befinden sich Vesikel, die sogenannte „Glückshormone“ (z. B. Dopamin) speichern. Diese Vesikel verfügen über Rezeptoren, die durch Reize geöffnet werden können – was zur Ausschüttung der Hormone und damit zur Entspannung führt. Dieses neurobiologische Prinzip gilt gleichermaßen für Menschen wie für Hunde und steht in enger Verbindung mit Grundbedürfnissen wie Bewegung, Nahrung, Schlaf und sozialer Interaktion.

Besonders Schlaf ist essenziell: Viele Tierheimhunde leiden nicht primär unter Bewegungsmangel, sondern unter Reizüberflutung und Schlafentzug. Chronische Übererregung senkt ihre kognitive Leistungsfähigkeit und Sozialverträglichkeit.

Sexualität und Domestikation

Sexuelles Verhalten gehört zu den genetisch verankerten Grundbedürfnissen, ist jedoch bei domestizierten Hunden stark von der natürlichen Reproduktionslogik abgekoppelt. Während Wölfe und Wildkaniden hormonell nur saisonal aktiv sind, sind Haushunde durch Zucht und Domestikation häufig das ganze Jahr über sexuell empfänglich – sowohl Hündinnen als auch Rüden. Dies führt zu dauerhaft erhöhtem Stresslevel.

Kastration – Nutzen, Risiken und Missverständnisse

Viele Rüden profitieren von einer Kastration, insbesondere wenn sie unter Hypersexualität, Stress, Futterverweigerung oder mangelnder Kontrollierbarkeit leiden. Vor einer endgültigen Entscheidung kann der Einsatz eines Suprelorin-Implantats (Kastrationschip) sinnvoll sein, um die Wirkung einer Hormonunterdrückung reversibel zu testen. Dies erlaubt eine fundierte Verhaltensprognose.

Risiken bei ängstlichen Hunden

Bei ängstlichen Tieren wird Testosteron oft als stabilisierender Faktor angesehen. Eine zu frühe oder pauschale Kastration kann die Angst verstärken. Dennoch profitieren auch manche ängstliche Hunde langfristig von einer Kastration, sofern sie durch innere Ambivalenz blockiert sind (z. B. sexuelles Wollen vs. psychische Hemmung).

Rechtliche und gesellschaftliche Rahmenbedingungen

In Deutschland ist die präventive Entfernung gesunden Gewebes (z. B. durch Routinekastration) laut Tierschutzgesetz grundsätzlich verboten – was zu Widersprüchen führt: Tierschutzvereine dürfen keine unkastrierten Tiere importieren, gleichzeitig ist die Kastration ohne medizinische Indikation formal nicht zulässig. Diese Regelung trifft vor allem Tierheime, die keine kastrationsfreie Gruppenhaltung gewährleisten können.

Im internationalen Vergleich ist diese Diskussion ein deutsches Phänomen. In vielen Ländern gilt Kastration als Standardmaßnahme im Tierschutz – insbesondere in Regionen mit hoher Streunerpopulation.

Fazit

Die Entscheidung zur Kastration sollte weder ideologisch noch pauschal erfolgen, sondern auf fundierter Diagnostik und individueller Fallbetrachtung beruhen. Suprelorin bietet ein elegantes Instrument zur Verhaltensprognose. Gesetzliche Vorgaben und tierschutzethische Zielkonflikte sollten kritisch reflektiert werden.

Welpenentwicklung, Geburt und frühe Sozialisierung

Bedeutung für Tierschutz und Alltagspraxis

Auch wer nicht züchtet, sollte sich mit der Welpenentwicklung beschäftigen. In Tierpensionen oder Pflegestellen kommt es immer wieder vor, dass unerwartet trächtige Hündinnen aufgenommen werden – teils durch Unkenntnis, teils durch fehlende Ehrlichkeit der Vorbesitzer. Eine fundierte Vorbereitung auf mögliche Geburten ist deshalb auch im Alltag relevant.

Ablauf der Geburt

  • Welpen können **vorwärts oder rückwärts** geboren werden – mit oder ohne intakte Fruchthülle.
  • Auch die Nachgeburt kann noch anhaften oder bereits ausgestoßen sein.
  • Hündinnen zeigen meist ein instinktiv gutes Geburtsverhalten, dennoch sollte man auf typische Komplikationen vorbereitet sein.

Trächtigkeitsdiagnostik

  • Eine sichere Darstellung im Ultraschall ist meist ab dem **21. Tag nach dem Deckakt** möglich.
  • Mit hochwertigem Gerät kann bei geübten Tierärzten auch schon **am 18.–19. Tag** etwas erkennbar sein.
  • Vorzeitige Diagnostik birgt Unsicherheiten, da die Befruchtung und Einnistung zeitlich variabel sind.

Sozialisierung beginnt früh

Die Sozialisierung des Welpen beginnt nicht erst nach der Abgabe, sondern wird bereits **durch Züchter, Pflegestellen und Umfeld geprägt**. Frühzeitige Umweltreize, menschlicher Kontakt und sichere Bindung sind für die gesunde Verhaltensentwicklung essenziell – auch im Hinblick auf spätere Resilienz und Führbarkeit.

Trächtigkeit und Geburt bei Hündinnen

Trächtigkeitsdiagnostik

  • Röntgen ist erst ab dem 45. Trächtigkeitstag sinnvoll, da die Welpen erst dann ausreichend mineralisiert sind.
  • Vorher ist nur Ultraschall aussagekräftig, allerdings mit hoher Fehlerquote bei der Zählung.
  • Einlingsträchtigkeiten sind besonders risikobehaftet: Sie können zu groß wirken und den natürlichen Geburtsverlauf behindern.

Ultraschall- und Röntgenbefunde

  • Herzaktivität der Welpen ist früh sichtbar, das Herz liegt initial außerhalb des Körpers.
  • Röntgen zeigt primär Knochenstrukturen; genaue Zählung bei mehreren Welpen bleibt schwierig.
  • Einzelwelpen erscheinen im Verhältnis oft zu groß – was nicht immer der Realität entspricht.

Geburtsauslösung

  • Die Geburt wird hormonell durch den Fötus eingeleitet.
  • Einlinge können aufgrund hormoneller Unterstimulation nicht spontan geboren werden.
  • Zu lange Tragedauer kann zu übergroßen Welpen führen.

Wurfkiste

  • Gesetzlich vorgeschrieben, jedoch nicht mit festen Maßen – sie muss zur Mutterhündin passen.
  • Abstandshalter verhindern das Erdrücken der Welpen zwischen Rücken und Wand.
  • Bodenquetschungen können dadurch nicht verhindert werden – abhängig vom Verhalten der Hündin.

Nestbauverhalten

  • Hündinnen benötigen geeignetes Nistmaterial (z. B. alte Decken), jedoch so gesichert, dass keine Welpen darin verschwinden oder verletzt werden.
  • Stroh ist ungeeignet: Es reizt die Haut und verursacht häufig Ekzeme bei Welpen.

Phasen der Geburt

1. Vorbereitungsphase

  • Kann bis zu zwei Tage dauern.
  • Ein Temperaturabfall von mind. 1 °C (unter 37 °C) deutet auf bevorstehende Geburt hin.
  • Hündinnen reagieren individuell – von ruhig und souverän bis panisch und überfordert.

2. Geburtsphase

  • Kann wenige Stunden bis zu zwei Tagen dauern – auch längere Verläufe können unproblematisch sein.
  • Erfahrende Hündinnen gebären oft selbstständig und effizient.
  • Unerfahrene oder nervöse Hündinnen benötigen oft Unterstützung.

Verhalten nach der Geburt

  • Instinktsichere Hündinnen säubern, nabeln ab und versorgen eigenständig.
  • Verhalten variiert stark mit Erfahrung, Genetik und psychischer Verfassung der Mutter.

Fazit

Die Trächtigkeit und Geburt bei Hunden ist ein vielschichtiger biologischer, hormoneller und verhaltenspsychologischer Prozess. Fehlerquellen in Haltung, Vorbereitung und Intervention sind vielfältig. Fachwissen, Erfahrung und situative Aufmerksamkeit sind zentrale Faktoren für eine gesunde Geburt und Welpenversorgung.

Geburt und Notfallindikationen bei Hündinnen

1. Wehentypen und Geburtsphasen

Es gibt zwei Formen von Wehen:

  • Vorschiebewehen: Leichtes Hecheln, Pressen ohne sichtbare Fortschritte. Möglich bis zu 2 Stunden, ohne dass Komplikationen vermutet werden.
  • Presswehen: Der Welpe ist im Geburtskanal. Hier sollte innerhalb von 30 Minuten ein Welpe geboren werden.

2. Geburtsprobleme

Verzögerte Geburt

  • Bei über 30 Minuten Presswehen ohne Geburt ist tierärztliche Hilfe erforderlich.
  • Erste Bewegung im Auto kann Wehentätigkeit auslösen.

Physische Blockaden

  • Zu großer Kopf (v. a. Chihuahua)
  • Breite Schultern (v. a. Bulldoggen)

→ Kaiserschnitt indiziert.

Gebärmutterdrehung

  • Hinweis: Scheide wirkt schiefstehend.
  • Bestätigung per Ultraschall.

Risse / innere Blutungen

  • Flüssigkeit in der Bauchhöhle → sofortige OP erforderlich.

Grundsatzregel

Lebenspriorität:

  1. Mutterhündin
  2. Welpen

3. Gefahren durch Oxytocin

  • Niemals ohne tierärztliche Indikation.
  • Überdosierung kann Gebärmutterrupturen, innere Blutungen und Tod verursachen.
  • Ein Milliliter kann tödlich für große Hündinnen sein.

4. Nachgeburten und Nachsorge

  • Jeder Welpe hat eine Nachgeburt, muss aber nicht gleichzeitig kommen.
  • Verbleib in der Gebärmutter ist selten kritisch.
  • Blutiger Ausfluss (dunkel) bis zu 8 Wochen post partum ist normal.
  • Achtung bei grünlichem oder eitrigem Ausfluss.

5. Welpenversorgung unmittelbar nach der Geburt

  • Welpe sollte sofort atmen – Reanimation bis 30 Minuten möglich.
  • Sofortiger Saugreflex ist gutes Zeichen.
  • Problemursachen bei Nicht-Saugverhalten:
    • Zu viel Fruchtwasser
    • Nicht entwickelte Lunge
    • Gaumenspalte

6. Gaumenspalte: Diagnostik und Umgang

  • Milch gelangt in Nasengänge → Erstickungsgefahr.
  • Ernährung nur über Magensonde möglich.
  • Sozialverhalten kaum entwickelbar.

Empfehlung: Euthanasie zur Vermeidung lebenslangen Leidens.

7. Einzelhandaufzucht

  • Führt zu:
    • Sozialstörungen
    • Beißhemmungsdefiziten
    • Prostationstoleranzproblemen
    • Erhöhtem Aggressionspotenzial
  • → Unbedingt zu vermeiden, unabhängig von Tierart.

8. Reflexdiagnostik bei Neugeborenen

  • Griech-Reflex: Pendelbewegung, dient Orientierung nach Wärmequelle (Mutter).
  • Saugreflex: Test durch Fingerkontakt.
  • Tragereflex: Anziehen der Gliedmaßen bei Schultermobilisation.
  • Perianalreflex: Harn- und Kotabsatz nur durch Reizung möglich. Fehlt dieser → neurologischer Defekt möglich.

Geburt und Säugezeit bei Hunden

Bedeutung der ungestörten Geburt

In der Natur ist es für Wolfswelpen überlebenswichtig, nicht entdeckt zu werden – sie würden von Beutegreifern wie dem Luchs getötet. Daher halten sich Hündinnen während der ersten Lebenswochen besonders sauber, um keine Spuren zu hinterlassen. Kot- und Urinabsatz (Kotonurin) erfolgt erst später selbstständig, ab etwa der dritten bis vierten Lebenswoche.

Kalziumhaushalt und Eklampsie

Begriffsklärung

Die Begriffe Hypokalzämie, Eklampsie und Milchfieber bezeichnen denselben Zustand: eine Kalziumunterversorgung der säugenden Hündin.

Ursachen und Verlauf

Die Hündin gibt Kalzium über die Milch an ihre Welpen weiter. Sinkt der Kalziumspiegel im Blut unter ein kritisches Maß, kommt es zu unkontrollierten Muskelkontraktionen, Zittern und einem raschen Temperaturanstieg bis zum tödlichen Hitzeschock (bis 42 °C innerhalb von 2 Stunden).

Behandlung und Prävention

  • **Akut:** intravenöse Kalziuminfusion
  • **Nicht ausreichend:** orale Gabe (zu langsame Wirkung)
  • **Problematisch:** Vorfütterung mit zu kalziumreicher Nahrung → intestinale Blockade
  • **Robuster:** Straßenhunde aufgrund kontinuierlicher Kalziumaufnahme durch niedriges Ausgangsniveau

Säugeverhalten und Absetzprozess

Die Säugezeit dauert 6–8 Wochen. Mit der 5. Woche beginnt die Mutterhündin, das Saugen aktiv zu begrenzen. Diese Frustrationserfahrung ist essenziell für:

  • Aufbau von Frustrationstoleranz
  • spätere Impulskontrolle und soziales Verhalten

Fehlt diese Phase (z. B. durch zu frühe Abgabe), zeigen Hunde oft Defizite in Sozialverhalten und Frustrationstoleranz.

Handaufzucht: Milchersatz und Fütterung

Bei Milchmangel: Einsatz hochwertiger Milchaustauscher (z. B. Royal Canin – gute Verträglichkeit, passende Saugerform).

  • Neugeborene: alle 2 Stunden
  • Ab 3. Woche: langsamer Übergang zur festen Nahrung
  • Wichtig: regelmäßiges Nuckeln verhindert gegenseitiges Benuckeln und Verletzungen im Genitalbereich

Entwicklungsphasen von Welpen

Neugeborenenphase (0–2 Wochen)

  • Blind, taub, bewegungsarm
  • Keine eigene Thermoregulation
  • Wärmebedarf: 38–39 °C

Übergangsphase (2–3 Wochen)

  • Augen und Ohren öffnen sich
  • Erste Sinneseindrücke – Gehirn beginnt zu integrieren

Sozialisierungsphase (ab 3. Woche)

  • Intensivste Prägung durch Umwelt, Menschen, Artgenossen
  • Wichtig: strukturierte, vielseitige Reize ohne Überforderung

Thermoregulation bei Welpen und Hunden

  • Neugeborene: abhängig von externer Wärme (Nest, Wärmelampe)
  • Erwachsene Hunde:
 - Sommer: hecheln, baden, Boden kühlen
 - Winter: einrollen, Wärmerückhalt über Fell
  • Körperoberfläche-Volumen-Verhältnis: kleine Hunde erfrieren schneller
 - Beispiel: Chihuahua (große Oberfläche, geringe Körpermasse) vs. Dobermann (mehr Heizmasse, weniger Fläche)

Schlussfolgerung

Eine sachkundige Begleitung der Geburt und Aufzuchtphase – inkl. Kalziumhaushalt, Frustrationserziehung und Thermoregulation – ist zentral für gesunde Welpenentwicklung. Frühzeitige Entnahme oder mangelhafte Versorgung führen langfristig zu Verhaltens- und Gesundheitsdefiziten.

Welpenentwicklung, Prägung und Fehlerquellen in der Aufzucht

Thermoregulation und Umweltbedingungen

Bei Welpen ist die Fähigkeit zur Temperaturregulation anfangs stark eingeschränkt. Frühwarnzeichen wie das „Zirkelbauen“ in der Wurfhöhle (Welpen kriechen in die Mitte) deuten auf Unterkühlung hin, während eine diffuse Verteilung und Unruhe eher auf Überhitzung schließen lässt. Sowohl Kälte im Winter als auch Hitze im Sommer stellen ernste Risiken dar, da Welpen ihren Energiebedarf kaum über Futter decken können.

Markierung und Identifikation

In Zuchten mit engem menschlichem Kontakt ist die tägliche Kontrolle von Halsbändern zur Identifikation gängig. In Tierschutzeinrichtungen mit wechselndem Personal ist diese Methode fehleranfällig. Alternative Markierungen (z. B. farbiger Nagellack oder frühzeitiges Chippen) bieten praktikablere Lösungen.

Entwicklung der Sinnesorgane

Die Öffnung der Augen und Ohren erfolgt in der dritten Lebenswoche. Die anfänglich bläuliche Färbung der Augen ist normal – Welpen sind in dieser Phase funktional blind. Reize wie Licht und Geräusche müssen gezielt eingesetzt werden, da sonst neurologische Bahnungen nicht ausreifen. Isolation in dieser Phase kann zu bleibenden Wahrnehmungsstörungen führen.

Prägephase und Sozialisierung

Die vierte bis siebte Lebenswoche gilt als kritische Prägephase. Erlebnisse in diesem Zeitraum legen die Grundlage für Resilienz und Umweltkompetenz. Beispiele:

  • Wackelbretter im Welpenauslauf → Gewöhnung an instabile Untergründe
  • Geräusche (Feuerwerk, Straßenlärm) → Geräuschtoleranz
  • Verschiedene Bodenarten (Fliesen, Rasen, Bällebad) → sensorische Vielfalt

Fehler durch fehlende Sozialisierung

Unzureichende Reize in der Prägephase können zu Angstverhalten führen – etwa gegenüber Geräuschen (Silvester, Fußballspiele). Probleme manifestieren sich oft zeitverzögert ab dem 1,5. Lebensjahr:

  • Stufenweise Zunahme von Angstverhalten
  • Rückzug, Panik, Fluchtverhalten

Importproblematik bei Auslandshunden

Viele importierte Hunde (z. B. aus Rumänien) kennen keine Leine. Das erstmalige Anleinen erfolgt oft hektisch am Flughafen – mit unpassender Ausrüstung. Folgen:

  • Panik, „Aalbewegungen“, Fluchtverhalten
  • Gefahr für Flughafenbetrieb (Hund läuft über das Rollfeld)

Lerninhalte in der Welpenzeit

Wichtige Aspekte für die Prägung:

  • Lernen, Hund zu sein (Artgenossenkontakt)
  • Menschen in verschiedenen Varianten erleben (Kinder, Helme, Mäntel)
  • Umweltreize: Geräusche, Gerüche, Untergründe, Spielzeug
  • Beißhemmung: entsteht durch Erfahrung, nicht angeboren
  • Frustrationstoleranz: Verlust eines Spielzeugs durch ein Geschwister ist kein Drama – Einzelwelpen lernen das nicht

Fazit

Fehler in den ersten Lebenswochen lassen sich später kaum kompensieren. Frühzeitige, vielfältige Reizangebote und strukturierte Sozialkontakte sind essenziell. Mangelhafte Prägung zeigt sich meist nicht sofort, sondern in der Adoleszenz. Eine professionelle Welpenaufzucht erfordert systematisches Vorgehen, keine Improvisation.

Welpenentwicklung, Sozialverhalten und Stubenreinheit

Beißhemmung und soziale Lernerfahrungen

Welpen lernen die Beißhemmung nicht durch passives Ertragen von Schmerz, sondern im sozialen Spiel – insbesondere mit Geschwistern. Ein zu fester Biss wird durch Gegenreaktion beantwortet, wodurch der Welpe lernt, sein Verhalten zu modulieren. Diese Erfahrung ist durch Wiederholung notwendig, um nachhaltiges Sozialverhalten zu entwickeln.

Einfluss der Aufzuchtumgebung

Die Qualität der frühen Umwelt hat maßgeblichen Einfluss auf die Entwicklung. Unterschiedliche Untergründe, Sinnesreize und Spielangebote (z. B. Puzzlematten) fördern die neuronale und emotionale Entwicklung. Welpen aus beengten, reizarmen Umgebungen zeigen häufig Fehlprägungen – etwa mangelnde Stubenreinheit oder Unsicherheit gegenüber Reizen.

Stubenreinheit: Lernmechanismen und Fehlprägungen

Stubenreinheit ist kein instinktives Verhalten, sondern ein durch Umfeld und Erfahrung geprägter Lernprozess. Entscheidend ist eine klare räumliche Trennung zwischen Schlaf-, Futter- und Lösebereichen sowie ein geeigneter Untergrund (z. B. Rasen, Sand). Welpen, die ausschließlich glatte Böden kennen (z. B. Beton in Tierheimen), entwickeln häufig eine Fehlprägung: Sie lösen sich bevorzugt in Innenräumen mit glatten Oberflächen.

Typische Fehlprägungen:

  • Welpen aus Rumänien oder Massenzuchten urinieren bevorzugt in Innenräumen
  • Fehlendes Unterscheidungsvermögen zwischen Aufenthalts- und Lösebereichen
  • Fehlende Gewöhnung an Außengeräusche, Untergründe oder Trennungssituationen

Sensible Phase: 8. bis 12. Lebenswoche

Die Sozialisierungsphase (8.–12. Woche) ist entscheidend für die psychische Stabilität. In dieser Zeit sollten gezielt Umweltreize, fremde Menschen und Tiere, sowie Alltagssituationen (Leine, Auto, Trennung) eingeführt werden.

  • Welpen, die bis zur 12. Woche beim Züchter in angereicherter Umgebung verbleiben, zeigen häufig höhere Resilienz gegenüber Stress.
  • Bei mangelnden Ressourcen kann eine Abgabe ab der 8. Woche sinnvoll sein – sofern die neuen Halter geschult sind und die Umweltreize gezielt setzen.

Gesetzliche Vorgaben

  • Abgabe vor der vollendeten 8. Lebenswoche ist gemäß Tierschutzgesetz verboten.
  • Fachkräfte im Tierheim, in Hundepensionen und bei privaten Abgaben sollten diesen rechtlichen Rahmen und die entwicklungspsychologischen Grundlagen kennen.

Praktische Empfehlungen

  • Einsatz strukturierter Welpenausläufe mit variierenden Untergründen
  • Frühzeitige Begegnungen mit anderen Tierarten (z. B. Hühnern), sofern diese im späteren Lebensumfeld vorhanden sind
  • Geduld bei Welpen mit angelerntem Fehlverhalten – Umprägung braucht Zeit, Konsistenz und positive Verstärkung

Literaturhinweise

  • Scott & Fuller: Genetics and the Social Behavior of the Dog
  • Battaglia: Early Neurological Stimulation
  • Tierschutzgesetz §11 – Abgabe von Welpen

Qualitätskriterien verantwortungsvoller Hundezucht

Ein zentraler Anspruch an seriöse Züchter:innen in Deutschland ist die frühe, systematische Sozialisierung der Welpen. Dazu gehören:

  • **Spielumgebungen** mit Wackelbrettern, Bällebädern und akustischen Reizen (z. B. Geräusch-CDs)
  • **Desensibilisierung** durch kontrollierte Alltagsreize (Regenschirm, Halsbandtraining)
  • **Medical Training**: Welpen werden frühzeitig an Untersuchungen wie Zähne- und Pfotencheck gewöhnt

Diese Maßnahmen dienen nicht nur der Habituation, sondern prägen dauerhaft das Stress- und Bindungsverhalten erwachsener Hunde.

Haltungskritik: Zwingerhaltung vs. Familienanbindung

Zuchtanlagen mit vielen Hunden und fehlendem Familienanschluss führen häufig zu Defiziten in der sozialen Entwicklung. Ideal ist die Aufzucht im engen Sozialkontakt – nicht nur aus ethischen, sondern auch aus entwicklungspsychologischen Gründen.

  • Zwingerhaltung isoliert Hunde sozial
  • Familienanbindung fördert Selbstwirksamkeit, Bindung und Stressresilienz
  • Die Realität: Gute Aufzuchtbedingungen sind eher die Ausnahme

Zuchtkontrolle und gesetzliche Rahmenbedingungen

  • Die Zuchtüberwachung variiert stark nach Rasse und Vereinszugehörigkeit
  • Zuchtwarte prüfen oft nur zu Beginn; regelmäßige Kontrollen sind selten
  • Illegale Vermehrung unterhalb des Radars ist verbreitet – auch mit hoher Tierzahl
  • Welpenschutz (im juristischen oder sozialen Sinn) existiert **nicht** automatisch – weder biologisch gegenüber fremden Hunden, noch systemisch durch lückenhafte Kontrollen

Fazit: Aufzuchtqualität ist entscheidend

Verantwortungsvolle Zucht beginnt **nicht** mit Papieren, sondern mit Haltung, Präsenz und systematischer Sozialisation. Der rechtliche Rahmen deckt nur einen Teil ab – echte Qualität entsteht durch ethisches Handeln, Fachkenntnis und strukturiertes Training.

Geschlechtsreife, Zuchtreife und Deckverhalten bei Hunden

Unterschied zwischen Geschlechtsreife und Zuchtreife

Die **Geschlechtsreife** tritt bei Hündinnen häufig bereits ab dem 5. Lebensmonat ein. Erste Läufigkeiten können daher in Einzelfällen sehr früh auftreten. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Tiere zuchtreif sind. Eine verantwortungsvolle Zucht beginnt bei Hündinnen frühestens mit ca. **18 Monaten**, abhängig von der Rassegröße. Kleine Rassen wie Chihuahuas oder Yorkies reifen früher aus als große Rassen wie Doggen oder Irish Wolfhounds.

Bei Rüden ist die Einschätzung der Geschlechtsreife schwieriger. Als grobe Orientierung gilt das Heben des Beines, das jedoch nicht zwangsläufig mit Spermienproduktion einhergeht. Daher wird meist der **7. Lebensmonat** als Schwelle angenommen, ab der bei den meisten Rüden mit beginnender Geschlechtsreife zu rechnen ist.

Zuchtzulassung und Risiken

Zuchtreife ist nicht allein biologisch, sondern auch durch Rassezuchtverbände reglementiert. Es gibt Mindestalter und meist die Anforderung, dass die zweite Läufigkeit abgewartet wird – **sofern diese nicht zu früh auftritt**. Frühläufikeit (z. B. zweite Läufigkeit mit 9 Monaten) führt dazu, dass Alterskriterien Vorrang haben.

Für Hündinnen gilt zusätzlich:

  • **Erster Wurf spätestens bis zum 5. Lebensjahr** (später = Risiko von Schwergeburten).
  • **Keine Zucht mehr ab dem 7. Lebensjahr**, da Risiko für Mutter und Welpen deutlich steigt.

Späte und unerwünschte Trächtigkeit

Hündinnen haben **keine Menopause**. Eine Trächtigkeit ist auch im hohen Alter biologisch möglich. Beispiel: Eine 15-jährige Hündin war unbeaufsichtigt und bekam Welpen, obwohl sie nie zuvor geworfen hatte. Dies verdeutlicht: **Gebärmutteraktivität bleibt potenziell zeugungsfähig**, was strenge Aufsicht in Pensionen notwendig macht.

Mythen zur einmaligen Trächtigkeit vor Kastration

Der weit verbreitete Glaube, dass eine Hündin einmal geworfen haben müsse, bevor sie kastriert wird, um gesünder zu bleiben (z. B. weniger Tumorrisiko), ist **nicht evidenzbasiert**. Weder Tumorraten noch Gebärmuttergesundheit lassen sich durch eine einmalige Trächtigkeit signifikant beeinflussen.

Deckverhalten und Physiologie

  • Der **Deckzeitpunkt** liegt bei den meisten Hündinnen um den **12. Tag der Läufigkeit**.
  • **Individuelle Unterschiede**: Einige Hündinnen lassen sich bereits ab Tag 1, andere erst ab Tag 28 decken.
  • Eine Hündin kann durch mehrere Rüden gedeckt werden → **Mehrfachvaterschaften** in einem Wurf sind möglich.
  • Der **Kopulationsvorgang** (sog. "Hängen") dauert bis zu 60 Minuten. **Ein gewaltsames Trennen** ist tierquälerisch und medizinisch riskant.

Trächtigkeit und Wurfgröße

  • Die **Trächtigkeit** dauert im Schnitt **63 Tage** (zwischen 58 und 65 Tagen).
  • **Wurfgröße**: Zwischen **3 und 8 Welpen** sind normal. Extreme Einzelfälle sind dokumentiert (z. B. 24 Welpen bei einem Rekordwurf), stellen jedoch keine Norm dar.

Fazit

Die saubere Trennung von Geschlechtsreife und Zuchtreife ist zentral für tierethische Zucht. Der Mensch trägt Verantwortung für Timing, Partnerwahl und Überwachung – insbesondere bei Unterbringung in Pensionen. Reproduktive Biologie darf nicht mit psychologischer oder medizinischer Reife gleichgesetzt werden. Aufklärung und sachliche Abwägung ersetzen Mythen.

Kastration und Sterilisation – Begriff, Praxis und Folgen

Begriffsklärung

  • **Sterilisation** bedeutet: Alles bleibt an Ort und Stelle, nur die Samen- bzw. Eileiter werden durchtrennt.
  • **Kastration** heißt: Die hormonproduzierenden Organe (Eierstöcke bzw. Hoden) werden entfernt.
  • Die Unterscheidung ist **operationsbezogen**, nicht geschlechtsbezogen.

Vorteile einer Kastration

  • Kein Risiko für **Gebärmuttervereiterung** bei Hündinnen.
  • Signifikant reduzierte Wahrscheinlichkeit für **Mammatumore**, insbesondere bei Kastration **vor der ersten Läufigkeit**.
  • Tierschutzaspekt: Reduktion unkontrollierter Vermehrung, besonders im Auslandstierschutz.

Risiken und Nebenwirkungen

  • **Gewichtszunahme** – teils erwünscht („halb so viel füttern“), teils problematisch (z. B. bei Labradoren mit ohnehin schwachem Sättigungsgefühl).
  • **Harninkontinenz** – vor allem bei großen Hündinnen, aber auch bei Rüden möglich. Häufig medikamentös behandelbar, aber als Dauermedikation kritisch zu bewerten.
  • **Veränderte Entwicklung bei Frühkastration**: längere Wachstumsschübe, schlankere Körperformen, kindliches Verhalten.

Alter und Timing

  • **Deutschland:** Empfehlung: mindestens **18 Monate** vor Kastration.
  • **USA:** Frühkastration ab **12 Wochen** üblich – führt zu sichtbar veränderten Körperproportionen (z. B. hochbeinigere Golden Retriever).
  • **Katzen:** Häufige Frühkastration im Tierschutzbereich (bis 12 Wochen), bei Besitzertieren meist ab 6 Monaten wegen Markierverhalten.
  • **Main Coon**: Spätkastration empfohlen wegen genetischer Neigung zu Knochenproblemen.

Ethische Abwägung

  • Kastration ersetzt keine Erziehung.
  • Frühkastrierte Tiere sind möglicherweise besser für Familien geeignet (verspielter, kindlicher).
  • Jede Entscheidung sollte **zielorientiert** und **tierartspezifisch** getroffen werden, nicht pauschal.

Deprivationssyndrom bei Hunden – Ursachen, Symptome und Differenzierung

Definition

Das Deprivationssyndrom beschreibt ein psychisches und soziales Defizitverhalten, das durch Reizarmut in sensiblen Entwicklungsphasen entsteht. Es tritt häufig bei Hunden aus Tierschutzkontexten auf – insbesondere bei Langzeitinsassen von Sheltern.

Etymologie und Synonyme

  • **Deprivare** (lat.): „berauben“
  • Synonyme: Hospitalismus, Kasper-Hauser-Syndrom

Ursachen

  • **Reizarmut**: Die Tiere wachsen unter extrem reizreduzierten Bedingungen auf – ohne Umweltvielfalt, soziale Lernmöglichkeiten oder Bindungserfahrungen.
  • **Verlust vertrauter Kontexte**: Hunde, die sich an den Shelter-Alltag angepasst haben, zeigen erst nach Entnahme aus diesem Kontext Symptome – nicht im Shelter selbst.
  • **Fehlende sichere Bindungen**: Nach oft jahrelanger Isolation können enge Bindungen (z. B. an neue Halter) pathologisch übersteigert werden, was zu starker Verlustangst führt.

Symptome

  • Soziale Unsicherheiten bis hin zu Angst- oder Panikreaktionen bei Umweltreizen
  • Fehlendes Explorationsverhalten
  • Übermäßige Bindung an Bezugspersonen („kein Sekunde allein bleiben können“)
  • Psychosomatische Reaktionen, erhöhte Stresserregbarkeit

Historischer Hintergrund (Hospitalismus)

  • Ursprünglich bei Kindern beschrieben, die in früheren Zeiten über Monate in Krankenhäusern ohne familiären Kontakt vegetierten (z. B. bei Tuberkulosebehandlungen).
  • Resultate: emotionale Verwahrlosung, Störungen im Sozialverhalten, Entwicklungsverzögerungen.

Relevanz im Tierschutz

  • Besonders verbreitet bei Auslandshunden aus Langzeitunterbringungen (z. B. Rumänien, Bosnien).
  • Wichtig: Hunde wirken im Shelter häufig stabil – Probleme zeigen sich oft erst in familiären Strukturen.
  • Frühzeitiges Erkennen und fachlich fundierte Unterstützung sind essenziell zur Verhaltensrehabilitation.

Prüfungsrelevanter Kurzabriss

Können Sie erklären:

  • Was ein Deprivationssyndrom ist?
  • Wie es entsteht?
  • Woran man es erkennt?
  • Warum es im Tierschutzkontext eine Rolle spielt?

Deprivationssyndrom und Sozialisierung bei Hunden

Begriffsklärung

Deprivationssyndrom beschreibt eine tiefgreifende Entwicklungsstörung infolge fehlender Umweltreize in der frühen Lebensphase. Es ist bei Hunden ebenso relevant wie beim Menschen. Der Begriff entstammt ursprünglich der Humanpsychologie (z. B. "Hospitalismus", "Kaspar-Hauser-Syndrom").

Historische Bezüge

Kaspar-Hauser-Syndrom

Der Fall Kaspar Hauser – ein junger Mann, der behauptete, in einem dunklen Keller ohne menschlichen Kontakt aufgewachsen zu sein – wurde zum Namensgeber für ein Syndrom, das extreme soziale Isolation beschreibt. Auch wenn seine Geschichte stark bezweifelt wird, blieb der Begriff erhalten.

Hospitalismus

Der Begriff bezieht sich auf Kinder in früher Krankenhaus- oder Heimerziehung, die durch Reizarmut schwere psychische und emotionale Störungen entwickelten. Parallelen zu vernachlässigten Hunden sind evident.

Harry Harlow – Rhesusaffen-Experimente

Harry Harlow zeigte in den 1950ern, dass Affenkinder, die ohne soziale Nähe (z. B. nur mit Drahtmüttern mit Nuckelflaschen) aufwachsen, massive Verhaltensstörungen entwickeln. Nur die Aufzucht bei der Mutter oder mit Plüschmüttern erzeugt halbwegs gesunde Tiere.

Biologische Funktion von Sozialisierung

Die Natur nutzt Prägung und Sozialisierung als adaptive Mechanismen zur Umweltanpassung. Ob Jagdverhalten, Sozialverhalten oder Umweltreize – frühe Erfahrungen prägen nachhaltig, wie Hunde mit Menschen, anderen Tieren oder Reizen umgehen.

Sozialisierung in der Hundehaltung

Ziel

Ein Hund, der sich anfassen, führen und in alltäglichen Situationen regulieren lässt – ohne Angst, Aggression oder Überforderung.

Typische Defizite

  • Angst vor Berührungen (z. B. Pfoten, Maul, Geschirr)
  • Reaktive Aggression gegenüber Fremden oder Artgenossen
  • Überforderung im urbanen Raum (Geräusche, Bewegungen, Menschenmengen)
  • Fehlkategorisierung von Tieren als Futter/Feind

Drei-Kategorien-Modell

Hunde kategorisieren neue Reize/Begegnungen instinktiv als:

  • Freund
  • Feind
  • Futter

Ziel der Sozialisierung ist eine angemessene, differenzierte Einordnung.

Anforderungen an die Aufzucht

  • Kontakt mit Menschen nicht nur funktional (z. B. Futter), sondern sozial-emotional (Streicheln, Spielen)
  • Kontakt mit verschiedenen Umwelten (Stadt, Wald, fremde Gebäude)
  • Gewöhnung an Handling: Geschirr, Leine, Pfotenpflege, medizinisches Training
  • Lernen von Spielverhalten und Konfliktvermeidung

Bedeutung für die Tierschutzpraxis

Insbesondere bei Tierschutzhunden ist unzureichende Sozialisierung häufig. Frühzeitiges, gezieltes Training in Form von "Medical Training" und strukturierter Reizgewöhnung ist essenziell.

Prüfungsrelevanz

Es ist weniger wichtig, Fachbegriffe korrekt auszusprechen, als ihre Bedeutung und Konsequenzen zu verstehen. Zentral ist:

  • Was bedeutet Deprivation?
  • Welche Symptome zeigt ein solcher Hund?
  • Was kann man präventiv/trainierend tun?

Fazit

Eine strukturierte, reizarme oder rein funktionale Aufzucht schadet der emotionalen und sozialen Entwicklung eines Hundes nachhaltig. Sozialisierung ist keine Option – sie ist biologische Notwendigkeit.

Umgang mit Auslandshunden im Tierschutz

Einleitung

Die Aufnahme von Auslandshunden stellt Halter, Organisationen und Trainer vor besondere Herausforderungen. Verhaltensauffälligkeiten, mangelnde Sozialisierung und Missverständnisse führen nicht selten zu Überforderung. Der folgende Artikel beleuchtet Ursachen, Fallbeispiele und Lösungsansätze für einen verantwortungsvollen Umgang.

Fehlinterpretationen von Verhalten

Viele Adoptanten verkennen Verhaltensweisen als "Aggression", obwohl es sich um Unsicherheit, Überforderung oder Misskommunikation handelt. Beispiel:

  • Ein Chihuahua mobbt zwei Galgos, verweigert Körperkontakt, beißt in die Leine – und zeigt sich kurz darauf anschmiegsam und zutraulich gegenüber einer Fachperson.
  • Überforderung tritt oft zwischen Woche 1 und 4 nach Adoption auf, was auf unrealistische Erwartungen und mangelnde Vorbereitung hinweist.

Sozialisierung und Selektionsprobleme

Ein zentrales Problem ist mangelnde Sozialisierung im Herkunftsland:

  • Hunde, die keine Kinder, alte Menschen, Regenschirme oder Motorradhelme kennen, entwickeln Unsicherheiten im deutschen Alltag.
  • In Shelteranlagen fehlt oft Reizvielfalt – keine Welpenspielplätze, keine Individualförderung, keine gezielte Gewöhnung an Umweltreize.

Lernfähigkeit und mentale Stimulation

Lernen muss gelernt werden:

  • Hunde aus reizarmen Umgebungen zeigen häufig Schwierigkeiten bei Basis-Kommandos wie "Sitz".
  • Lernverhalten ist eng mit körperlicher Stimulation verknüpft – Tunnel, verschiedene Untergründe und klappernde Geräusche fördern neuronale Entwicklung.
  • Auch erwachsene Hunde benötigen regelmäßig mentale Herausforderungen zur Stabilisierung.

Dramatische Einzelfälle

Nicht alle Probleme sind harmlos:

  • Hunde, die keine Menschen (z. B. Babys) als solche erkennen, können gefährlich werden.
  • Ein Fall schildert die Übergabe einer Tosa Inu, die nicht angekündigt war, Türen öffnete, einen Cane Corso schwer verletzte und eine Halterin in die Klinik brachte.

Verantwortung der Vermittlungsstellen

Tierschutzvereine agieren unterschiedlich:

  • Es gibt Organisationen mit hoher fachlicher und ethischer Qualität, die Verhalten realistisch einschätzen und vorbereiten.
  • Andere übergeben Tiere an Autobahnraststätten ohne Leine, Halsband oder Menschenkontakt – mit fatalen Folgen.
  • Hunde, die nicht anfassbar sind, benötigen ggf. Narkose zur sicheren Übergabe.

Futter als Notlösung bei Reizarmut

Fehlt Reizvielfalt, kann Futter zum Trainingselement werden:

  • Futter verstecken
  • Besucher dürfen Hunde füttern (Gegenkonditionierung statt Schutzverhalten)
  • Kauartikel bei Besuch einsetzen

Fazit

Der Umgang mit Auslandshunden erfordert fundiertes Wissen, strukturiertes Training und ehrliche Kommunikation aller Beteiligten. Emotionen wie Mitleid oder Schuld ersetzen keine systematische Einschätzung. Jeder Hund ist ein Individuum – und jedes Versäumnis im Umgang mit Herkunft, Umwelt und Verhalten hat reale Folgen.

Kastration: Entscheidungskriterien und Fehleinschätzungen

Die Frage, ob eine Kastration sinnvoll ist, wird oft vorschnell beantwortet – teils auch von Hundetrainern, die sie als „Lösung für alles“ empfehlen. Dabei wird übersehen:

  • Eine Kastration wirkt **nur** auf Verhalten, das hormonell (v. a. testosteronbedingt) gesteuert ist.
  • Verhaltensweisen mit anderen Ursachen (z. B. Angst, Frust, fehlende Impulskontrolle) bleiben unverändert.

Zudem liegt es **nicht in der Natur des Hundes**, dauerhaft unter hormoneller Hochspannung zu stehen. Diese Tatsache findet bislang kaum Eingang in die rechtliche und ethische Bewertung. Eine sachliche Abwägung sollte beide Seiten einbeziehen:

Vorteile einer Kastration:

  • Reduktion hormonbedingter Stresssymptome
  • Entlastung bei stark sexualisiertem Verhalten
  • Praktikabilität in Mehrhundehaltung oder Tierheimen

Nachteile / Risiken:

  • Fehlindikation bei nicht-hormonellen Ursachen
  • Mögliche Verschärfung von Angst- oder Unsicherheitsverhalten
  • Gesetzliche Restriktionen trotz tierschutzpraktischer Notwendigkeit

Die Entscheidung sollte stets individuell getroffen und von Diagnostik begleitet werden – etwa durch Einsatz reversibler Hormonblocker zur Verhaltensevaluation.