Bewegungapparat
Aus wiki.hundekultur-services.de
Ich wünsche mir, dass Hunde frei laufen dürfen
Einleitung / Themenüberblick
Im Fokus des Interviews steht die funktionelle Anatomie und Gangwerksentwicklung des Hundes. Wichtige Erkenntnisse zur Bewegung und Anatomie werden erläutert. Zusätzlich fließen aktuelle biomechanische Aspekte aus Praxis und Forschung ein, die für das Verständnis gesunder Bewegung essenziell sind.
Beobachtungen / Verhaltenserklärungen
- Die Vielfalt der Fortbewegung bei Hunden ist nicht rasseabhängig. Unabhängig von Größe und Gewicht laufen Hunde im Kern sehr ähnlich.
- Die Pfotenabdrücke und das Bewegungsmuster geben Hinweise auf Gesundheit und Verhalten des Hundes.
- Übergewicht ist extrem schädlich für Hunde, da Fettgewebe isoliert und Hunde dadurch weniger Wärme abgeben können. Dies führt zu Problemen wie Gelenkbeschwerden, erhöhter Krebswahrscheinlichkeit und Diabetes.
- Eine koordinierte Gangart, insbesondere im Sport, setzt komplexe Bewegungssteuerung voraus und zeigt Rückschlüsse auf Trainingszustand und Erfahrung.
Fachliche Empfehlungen
- Hunde sollten regelmäßig frei laufen dürfen, um ein gesundes Bewegungsverhalten und eine optimale Muskel- und Knochenstruktur zu entwickeln und zu erhalten.
- Bewegung ist essenziell für die Gesundheit und das Wohlbefinden von Hunden, da sie tiefgreifenden Einfluss auf die körperliche und psychische Entwicklung hat.
- Eine gezielte Beobachtung und Analyse des Gangbildes und der Bewegung kann Hinweise auf mögliche gesundheitliche Einschränkungen geben.
- Besonders im Hundesport ist die Wahl der Bewegungsvariante entscheidend – Technik, Anlauf, Flugphase und Landung beeinflussen die Belastung maßgeblich.
Erkenntnisse zur Gangwerksentwicklung
- Die Gangwerksentwicklung beim Hund ist komplex, da sie sich von Welpenalter an kontinuierlich verändert.
- Fehlentwicklungen im Gangwerk entstehen häufig aufgrund fehlender Bewegung oder unzureichender motorischer Herausforderungen während des Wachstums.
- Die Muskulatur von älteren Hunden baut sich ab, weil Bewegungsmangel zu Unsicherheiten und daraus folgend zu noch weniger Aktivität führt.
- Durch biomechanisches Verständnis lassen sich Entwicklung, Bewegungsökonomie und Verletzungsrisiken gezielt beeinflussen.
Besondere Bedeutung von Osteocalcin
- Osteocalcin, ein von Knochen produzierter Botenstoff, beeinflusst nicht nur die Knochenstruktur, sondern auch Stoffwechselprozesse und Gehirnfunktionen.
- Osteocalcin ermöglicht, zusammen mit Adrenalin, den Fluchtreflex und spielt eine zentrale Rolle bei der Interaktion verschiedener Organe und Körpersysteme.
Konsequenzen von Übergewicht beim Hund
- Übergewicht beim Hund führt dazu, dass Osteocalcin und der Muskelstoffwechsel gestört werden.
- Zu viel Fett behindert die Wärmeabgabe und begünstigt Erkrankungen wie Diabetes, Gelenkprobleme und Stoffwechselstörungen.
- In sportlichen Aktivitäten steigt das Verletzungsrisiko durch fehlende Körperkontrolle und übermäßige Belastung von Sehnen und Gelenken.
Physiotherapie beim Hund
Physiotherapie verbessert Bewegungsabläufe, lindert Schmerzen und trägt wesentlich zur Lebensqualität von Hunden bei – sowohl therapeutisch als auch präventiv.
Anwendungsbereiche
- Erkrankungen des Bewegungsapparats (z. B. Arthrose, Spondylose, Bandscheibenvorfälle)
- Neurologische Erkrankungen (z. B. Cauda-Equina-Kompressionssyndrom, Myelopathien)
- Postoperative Reha (z. B. nach Kreuzbandriss, Frakturen)
- Altersbedingte Bewegungseinschränkungen
- Übergewicht und Muskelabbau
- Schmerztherapie und Mobilisation
Therapieverfahren
- Passive Bewegungen zur Mobilisierung der Gelenke
- Massagen zur Lockerung von Verspannungen
- Reflextraining zur Anbahnung von Bewegungsabläufen
- Muskelaufbau-, Koordinations- und Gleichgewichtstraining
- Einsatz von Hilfsmitteln wie Cavaletti, Orthesen, Tragehilfen, Bandagen, Balancekissen
- Wärmetherapie, Elektrotherapie, Laser, Magnetfeld, Hydrotherapie
Wirkung und Ziele
- Verbesserung der Beweglichkeit
- Reduktion von Schmerzen
- Erhalt und Aufbau von Muskulatur
- Förderung von Koordination, Gleichgewicht, Ausdauer und Kraft
- Unterstützung von Heilungsprozessen
- Erhalt der Selbstständigkeit im Alter
Nutzen und Grenzen
- Physiotherapie kann Schmerzen lindern und Lebensqualität verbessern, auch wenn keine Heilung möglich ist.
- In schweren Fällen (z. B. Tumorerkrankungen, akute Entzündungen, Trächtigkeit) ist eine Anwendung sorgfältig abzuwägen.
- Die Behandlung muss individuell an Hund und Gesundheitszustand angepasst sein.
Fachliche Empfehlung
- Hundephysiotherapie gehört in die Hände gut ausgebildeter Fachkräfte.
- Online-Ausbildungen oder kurze Zertifikatskurse reichen nicht für die Behandlung komplexer Fälle.
- Übungen sollten immer auf den individuellen Zustand des Hundes abgestimmt sein.
Motorik und Psyche beim Hund
Die Motorik von Hunden liefert wichtige Hinweise auf ihren psychischen Zustand. Bewegung ist nicht nur körperlich gesteuert, sondern spiegelt auch emotionale Prozesse wider.
Bewegung als Ausdruck innerer Zustände
- Unsicherheiten, Ängste oder Frustration äußern sich in verändertem Gangbild, Schrittfrequenz und Körperspannung.
- Hunde, die seelisch angespannt oder traumatisiert sind, zeigen oft gehemmte, verkrampfte oder unkoordinierte Bewegungen.
- Dynamische, fließende Bewegungsabläufe deuten dagegen auf innere Ausgeglichenheit und Handlungsfreiheit hin.
Frühkindliche Entwicklung
- Erfahrungen in den ersten Lebenswochen prägen die spätere Bewegungsentwicklung stark.
- Fehlende Fürsorge, Nahrungs- oder Bewegungseinschränkung im Welpenalter können zu dauerhaft gestörter Motorik und psychischen Unsicherheiten führen.
- Positive Exploration, soziale Bindung und Selbstwirksamkeit fördern eine gesunde motorische und psychische Entwicklung.
Zusammenhang zwischen Körpersystemen
- Spannungen in der Rückenmuskulatur, verändertes Gangbild oder Seitenwechsel beim Gehen können Hinweise auf Stresszustände sein.
- Auch innere Organe (z. B. Darm, Herz, Niere) reagieren auf Stress und beeinflussen über Muskelanspannung die Bewegungsqualität.
- Chronische seelische Anspannung kann zu Symptomen wie Durchfall, Hautirritationen, Übelkeit oder Bewegungsvermeidung führen.
Wahrnehmung und Regulation
- Bewusste Beobachtung der Bewegung hilft, psychische Zustände des Hundes zu erkennen und besser zu verstehen.
- Ziel ist, den Hund dabei zu unterstützen, Spannung abzubauen, Motorik sicherer zu gestalten und emotionale Ausgeglichenheit zu entwickeln.
- Selbstkontrollierte Bewegungen fördern Selbstwirksamkeit, Koordination und Stabilität.
Fachliche Empfehlung
- Die individuelle Motorik eines Hundes sollte als diagnostisches Werkzeug genutzt werden.
- Pädagogisch fundiertes, ruhiges Bewegungstraining hilft, emotionale Blockaden zu lösen.
- Bewegung ist ein direkter Zugang zur Psyche des Hundes und ein wichtiger Bestandteil ganzheitlicher Verhaltensbetreuung.
