Sachkundenachweis: Unterschied zwischen den Versionen

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* Eskalationsketten verstehen und frühzeitig unterbrechen
* Eskalationsketten verstehen und frühzeitig unterbrechen
* Bei Ernstkampf: keine Illusionen – es geht um Leben und Tod
* Bei Ernstkampf: keine Illusionen – es geht um Leben und Tod
= Zoom-Audio: Kind-Hund-Gefahr, Defensive Aggression & Videoanalyse (01.07.2025, 10:47–11:07) =
== Fallanalyse: Kind in Gefahr ==
* Video zeigt scheinbar „niedliche“ Szene zwischen Kind & Hund
* Hund öffnet Maul, geht Richtung Gesicht – entscheidet sich im letzten Moment fürs Abschlecken
* Fachlich: **Beinahe-Biss**, keine Spielszene
* Sachkundige müssen intervenieren, auch gegenüber Verwandten oder Vorgesetzten
* Video wurde geschickt mit: „Schau mal, wie süß“ – fatale Fehleinschätzung
== Klinischer Ernstfall ==
* **Oberlippe abgerissen** durch Hund – Mutter des Kindes
* Szene: Begrüßung → Zunge → Biss → Schockraum
* Hintergrund: Hund kennt keine dosierte Beißhemmung im menschlichen Gesicht
* Theorie: Orientierung an **Schnauzengriff** der Hündin in Wurfdisziplinierung
== Defensives Aggressionsverhalten ==
* Typische Szenarien:
  * Spaziergang: Hündin wird von aufdringlichem Rüden bedrängt
  * Mensch fummelt am Halsband – Hund hat Rückzugssignale gezeigt
* Signale:
  * Riesenaugen, Ohren „halb acht“, Kopf weggedreht
  * „Schrilles“ Bellen, plötzliches Abwehrschnappen
* Wichtig: **Nicht spektakulär = nicht harmlos**
== Ressourcenthematik: Napfverteidigung ==
* Videoanalyse einer Hündin mit ressourcenbedingter Aggression
* Auch **leerer Napf** kann Auslöser sein
* Verhalten sichtbar, bevor es zum Angriff kommt – wenn Kamera mitläuft
== Methodik: Videoanalyse für Trainer ==
* Videos helfen bei:
  * Differenzialdiagnostik: Ursache ≠ Symptom
  * Nachvollziehbarkeit von Verläufen
  * Reflexion der eigenen Einschätzung
* Hinweis: Hunde zeigen mehr, als Menschen auf den ersten Blick wahrnehmen
* Empfehlung: Aufzeichnen, **in Zeitlupe analysieren**, Details studieren
== Verantwortung sachkundiger Personen ==
* Pflicht zur Gefahreneinschätzung
* Keine Verharmlosung gegenüber „liebem Hund“ oder „niedlichem Video“
* Einschreiten bei:
  * Unterschätzten Gefahren
  * Missverstandener Kommunikation
  * Mangelnder Aufsicht in Kind-Hund-Situationen

Version vom 1. Juli 2025, 11:45 Uhr

Prüfungsstruktur & Zusatzmodule

In diesem Abschnitt wurden weitere Teilnehmervorstellungen aufgenommen sowie zentrale Prüfungsmodalitäten und Zusatzoptionen (z. B. Tiertransport) detailliert erläutert. Relevante Inhalte sind strukturiert dokumentiert.

Prüfungsstruktur (allgemeiner Sachkundenachweis)

  • Prüfung besteht aus zwei Teilen:
 * Schriftlich:
   * Allgemeiner Teil (Grundlagen, Recht, Hygiene): 24 Fragen (Multiple Choice), 18 müssen richtig sein (75 %).
   * Tierartspezifisch (Hund/Katze): 40 Fragen pro Tierart, 75 % richtig (30 von 40).
   * Bearbeitungszeit: 2 Stunden (i. d. R. < 1 h benötigt).
 * Mündlich:
   * Kleingruppenprüfung, Bezug zur jeweiligen Tätigkeit.
   * Fokus: praxisrelevante Anwendung (z. B. bei Zucht, Auffangstation, Tierschutzarbeit).

Zusatzmodul: Tiertransport (> 65 km)

  • Gesetzliche Grundlage: Wer Tiere im Rahmen seiner Tätigkeit über 65 km transportiert, benötigt einen Sachkundenachweis für Tiertransporte.
  • Beispiele:
 * Hundebetreuung mit Abholung/Bringservice.
 * Tierheimfahrzeuge über längere Strecken.
 * Züchtertransporte (z. B. zu Deckpartnern).
  • Angebot des Instituts:
 * Zusatzschulung + Prüfung (Multiple Choice, 20 Fragen).
 * Kostenpunkt: 160 €.
 * Optionaler Zusatz heute von 16:30–18:00 Uhr.

Prüfungsorganisation: Hinweise

  • Unklarheiten bei Fragen: mögliche Mehrfachantworten (z. B. „zwei Ohren und vier Beine“ → A + C).
  • Beispielaufgabe wurde demonstriert (gesunder Hund hat vier Beine).
  • Tierseuchensimulation vor Ort, aber nicht prüfungsrelevant – Ausnahme: Tollwut wird thematisiert.
  • Lautsprecher/Mikrofon funktionieren, alle Teilnehmenden hörbar.

Zusammenfassung

  • Das Prüfungsniveau ist schaffbar, verlangt jedoch sorgfältige Vorbereitung.
  • Flexibilität bei Prüfungsmodulen (Hund, Katze, Tiertransport).
  • Relevanz des Sachkundenachweises ist stark tätigkeitsbezogen – auch innerhalb desselben Betriebs (z. B. Katzentempel).

Prüfungsschwerpunkte, Nachweiskategorien & Gültigkeit

In dieser Sitzung wurden vertiefende Hinweise zu den Sachkunde-Prüfungen gegeben: Differenzierung der Schwerpunkte, rechtliche Voraussetzungen, Nachweisarten und Fristen zur Wiederholung. Zusätzlich wurden individuelle Teilnehmerfragen präzise beantwortet.

Auswahl & Definition der Prüfungsschwerpunkte

Teilnehmer geben bei Anmeldung den gewünschten Prüfungsschwerpunkt an – dieser kann am Prüfungstag final angepasst werden.

Mögliche Schwerpunkte

  • Tierheim oder tierheimähnliche Einrichtung
  • Pflegestelle / kleine Auffangstation
 → möglich ohne Tierheim-Zulassung  
  • Gewerbsmäßiges Züchten
 → nur bei dokumentierter Erfahrung (mind. eine Geburt miterlebt)  
  • Gewerbsmäßiges Halten (Pension, Tagesstätte, Dogwalking, Gassi-Service)
 → Unterscheidung nach tatsächlicher Tätigkeit
  • Tiergestützte Intervention (TGI)
 → aktuell kein Teilnehmer
  • Handel / Tiere zur Schau stellen / Veranstaltungen (z. B. Filmtiere)

→ Wichtig: Keine Vorratsprüfung erlaubt – Schwerpunkt muss mit praktischer Erfahrung belegbar sein.

Prüfungsorganisation

  • Prüfungsantrag wird am Prüfungstag ausgegeben – finaler Eintrag erfolgt dort.
  • Prüfungstermine: Schriftlich & mündlich am selben Tag.
 * Zwei Termine standen zur Auswahl; viele Teilnehmende nehmen am 12.07. teil.

Prüfungsumfang & -flexibilität

  • Erweiterung oder Wechsel möglich:
 * Wer z. B. zuerst Hund absolviert, kann später innerhalb eines Jahres Katze hinzufügen.
 * Dann muss nur der tierartspezifische Fragebogen absolviert werden, nicht erneut der Grundlagenteil.
  • Nachprüfung oder Ergänzung: Möglich ohne Wiederholung der gesamten Prüfung, wenn innerhalb der Frist.

Zusatz: Auslandstierschutz & Drittstaaten

  • Unterscheidung:
 * EU-Tierschutz / Vermittlung → einfach umsetzbar.
 * Drittland (z. B. Bosnien) → Sonderregelung, Erweiterung sinnvoll.
  • Empfehlung: Zunächst Pension prüfen lassen, später mit Auffangstation aufstocken (mündlich ausreichend).

Gültigkeit & Auffrischung

  • Grundsatz: Sachkunde gilt mind. 10 Jahre, wenn kontinuierliche Tätigkeit nachgewiesen wird.
  • Veterinäramt kann Fortbildungen verlangen:
 * Empfehlung: jährlich eine Tagesfortbildung
 * Auffrischungslehrgang für Hunde wird vom Institut im Herbst angeboten.
  • Tiertransportnachweis (wenn > 65 km):
 * Gültigkeit: 5 Jahre
 * Danach Neubeantragung beim Veterinäramt notwendig.

Begriffsabgrenzung (FAQ)

  • Dogwalking vs. Gassi-Service: kein juristischer Unterschied – eher sprachliche oder positionierende Selbstdefinition.


Prüfungsoptionen, Tierspezifika & Organisation

Dieser Artikel dokumentiert Feinabstimmungen zu Prüfungsinhalten, organisatorische Rahmenbedingungen und individuelle Hinweise für spezifische Tätigkeiten (z. B. Katzentempel, TGI, Auslandstierschutz). Zusätzlich wurden Wiederholungsregelungen und Tagesstruktur präzisiert.

Prüfungslogik & Schwerpunktdefinition

Teilnehmende wählen zwei Prüfungsschwerpunkte, die ihre tatsächliche Tätigkeit abbilden. Entscheidung erfolgt spätestens am Prüfungstag.

Typische Kombinationen

  • Katzentempel → Kombination aus:
 * Tiere zur Schau stellen (juristisch sperriger Begriff, aber formal korrekt)
 * Gewerbsmäßiges Halten
  • TGI (tiergestützte Intervention) – z. B. bei Problemjugendlichen (Fall: Frau Emrich)
 * Wird aktiv mitgeprüft, wenn angekreuzt.
  • Tiertransport:
 * Wird nicht als Hauptschwerpunkt angerechnet, sondern gesondert geprüft (20 Multiple-Choice-Fragen).
 * Kein Einfluss auf die Sachkunde-Schwerpunkte.

Organisation: Pausen & Ablauf

  • Große Pause: 12:00–12:45 Uhr
 * Vor Ort: Wer bestellt hat, kann direkt essen.
 * Alternativ: Kantine 3 Min. mit Auto erreichbar.
  • Kleine Pausen: ca. alle 60–90 Minuten, abhängig von Stoffdichte und Konzentration.
 * Individuelle Pausen möglich – sollen kommuniziert werden.
 * Dozierende achten aktiv auf Aufmerksamkeit und Erschöpfungssignale.
  • Tagesplanung:
 * Heute: Stoff bis ca. 16:30 Uhr, danach Tiertransport-Modul bis 18:00 Uhr.
 * Dienstag: Längster Tag, voraussichtlich bis nach 18:00 Uhr (ggf. bis 19:10 Uhr).
 * Mittwoch: Zielzeit bis ca. 17:30 Uhr, danach Prüfungstipps.
 * Freitag (Katzentag): Bitte keine Arzttermine – Prüfungsrelevanz gegen Ende hoch.

Prüfungsbedingungen

  • Keine Hilfsmittel erlaubt – kein Skript, keine Spickzettel.
  • Wiederholung:
 * Wer durchfällt, hat ein Jahr Zeit zur Wiederholung.
 * Prüfungen ab September wieder regulär möglich.
 * Nach zwei Fehlversuchen → Wiederholung des jeweiligen Lehrgangsteils erforderlich.
 * Bestehensquote: ~90 %.
 * Institut bietet Auffrischungskurse an (z. B. im Herbst für Hunde).

Prüfungsaufschub / Ergänzung

  • Wer z. B. Hundeprüfung absolviert, kann innerhalb eines Jahres auf Katzen aufstocken:
 * Nur tierartspezifischer Teil, kein erneuter Grundlagenteil nötig.
 * Gilt auch bei Erweiterung von Tätigkeit (z. B. Pension → Tierheim).
  • Steuerliche Relevanz:
 * Empfehlung: gewerbsmäßiges Halten mit ankreuzen, wenn steuerliche Absetzbarkeit von Tierhaltung angestrebt wird.

Fachlicher Einstieg verschoben

  • Fachteil beginnt um 10:02 Uhr – kurze Pause wurde eingelegt.

Prüfungsgruppen & Tierschutzrecht

Dieser Artikel dokumentiert die Planung der mündlichen Prüfungen, Ablauf des Prüfungsverfahrens, sowie die erste fachliche Einführung in das deutsche Tierschutzrecht.

Organisatorische Hinweise zur Prüfung

  • Prüfungsbeginn: 09:00 Uhr, Ankunft bitte 08:45 Uhr
  • Ablauf:
 * Schriftliche Prüfung: Allgemeiner Teil + Tierteil
 * Nur bei Bestehen → Zulassung zur mündlichen Prüfung
 * Ausnahme: Tiertransport → ausschließlich schriftlich
  • Prüfungsgruppen am 05.07.2025:
 1. Gruppe 1 (ca. 9:00): Lessig, Neubauer, Benning, Karlauch
 2. Gruppe 2 (ca. 13:00): Landmann, Förster, Jordan, Sarg
 3. Gruppe 3: Felden, Plaxina, Peters, Wolf
 4. Gruppe 4: Ichi, Kachler
  • Prüfungsgruppen am 12.07.2025:
 1. Gruppe 1 (ca. 12:00): Winkenstein, Hübner, Kertisch, Keitel
 2. Gruppe 2 (ca. 13:00): Angrick, Ziesler (2×), Nettke
 3. Gruppe 3 (ca. 14:00): Strasser, Bessler, Pelzer, Horn
 4. Gruppe 4 (ca. 15:00): Degelow, Emrich
  • Hinweise:
 * Gruppenanpassungen durch gegenseitigen Tausch möglich (z. B. wegen langer Anfahrt).
 * Prüfungsreihenfolge basiert primär auf Zahlungseingang.
 * Ergebnisbekanntgabe:
   * Direkt nach der schriftlichen Prüfung: Zulassung zur mündlichen
   * Direkt nach der mündlichen Prüfung: „Bestanden / Nicht bestanden“
   * Zertifikat per Post in der Folgewoche
   * Prozentzahlen erscheinen nicht auf Zertifikat, können aber bei Bedarf angefragt werden.
  • Prüferinnen:
 * 05.07.: Frau Diersen (Tierschutz-Promotion, aktuell Bundesministerium)
 * 12.07.: Frau Claudia Halbach (praktizierende Tierärztin aus Berlin)
 * Durchgängig: Dr. Stefan Heidrich

Fachlicher Einstieg: Rechtsgrundlagen des Tierschutzes

  • Verankerung:
 * Verfassungen der Bundesländer
 * Grundgesetz (Art. 20a – Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen & Tiere)
 * Tierschutzgesetz (TierSchG) – zentrale Rechtsgrundlage
 * Rechtsverordnungen:
   * z. B. Tierschutzhundeverordnung, Tiertransportverordnung
   * Keine eigene Tierschutzkatzenverordnung
  • Gutachten & Leitlinien:
 * Notwendig, da viele praktische Fragen nicht gesetzlich geregelt sind
 * Zentrale Quelle: TVT (Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz)
   * z. B. Mindestanforderungen für Raumgrößen, Haltung, Verhalten
 * Bundesministerium erstellt ebenfalls Gutachten, aber noch keine zur Katzenhaltung (!)
  • Wichtig für Prüfung:
 * Tiere sind durch Verfassung, Grundgesetz, Tierschutzgesetz, Gutachten und Leitlinien geschützt.
 * Häufiger Prüfungsfehler: Teilnehmer kreuzen nicht an, dass Tiere durch das Tierschutzgesetz geschützt sind → kein Trick, sondern Grundwissen.

Hinweise

  • Österreich und Schweiz haben teils deutlich weitergehende Regelwerke (z. B. Tierhaltungsverordnung).
  • Deutschland setzt in vielen Bereichen auf nicht-gesetzliche Standards (TVT, Gutachten).

TVT-Gutachten & Tiertransportrecht

In diesem Abschnitt werden die Rechtsgrundlagen des Tierschutzes vertieft (Staatsziel, Gesetzeslage, TVT-Gutachten) und die Anforderungen im Bereich Tiertransport detailliert dargestellt – insbesondere mit Blick auf die 65-Kilometer-Grenze und verschiedene Fallkonstellationen.

Staatsziel Tierschutz

  • Seit der Grundgesetzänderung wurde in Art. 20a GG folgender Zusatz aufgenommen:
 > „Der Staat schützt […] die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung.“
  • Bedeutung:
 * Der Tierschutz besitzt Verfassungsrang.
 * Verpflichtung für: Gesetzgeber, Gerichte, Behörden (inkl. Veterinärämter).
 * Wird als Grundlage für Anordnungen, Verfügungen und gerichtliche Entscheidungen genutzt.

Tierschutzrechtliche Grundlagen

  • Zentrale Norm: Tierschutzgesetz (TierSchG)
  • Verordnungen:
 * Tierschutzhundeverordnung → nur relevant für Hundehaltung
 * Tierschutztransportverordnung
   * EU-Verordnung Nr. 1/2005
   * Deutsche Durchführungsverordnung (Tierschutztransportverordnung)
 * Keine Verordnung für Katzenhaltung
  • IATA-Richtlinien: Technische Standards für Tiertransporte im Flugverkehr → werden von Veterinärämtern auch für Straßenverkehr herangezogen

Gutachten & TVT-Materialien

  • Gesetzliche Lücken (z. B. zur Haltung von Katzen, Raumgrößen, etc.) werden durch:
 * Gutachten der TVT (Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz)
 * Merkblätter des Bundesministeriums
  • Beispielhafte Anwendung:
 * Gerichte und Veterinärämter nutzen TVT-Leitlinien zur Beurteilung, ob Haltungsvorgaben erfüllt sind.
  • Teilnehmer erhielten Linksammlung mit relevanten Gutachten und Merkblättern.

Tiertransport: Pflichten & Schwellenwerte

  • Zulassungspflicht bei Transport über 65 km im Rahmen einer Tätigkeit:
 * Transportunternehmer im Sinne der Verordnung (auch wenn der Begriff unüblich ist)
 * Gilt für:
   * Tierheime
   * Pflegestellen (wenn eigenständig)
   * Hundepensionen
   * Dogwalker
   * Fellnasentaxi & private Tierschützer (auch bei Adoptionstieren)
   * Auslandstierschutz (z. B. Portugal, Bosnien → Meeting-Point → Weiterfahrt)
  • Keine Ausnahme, auch wenn:
 * Die Tiere bereits vermittelt sind
 * Die Fahrt innerhalb Deutschlands erfolgt
 * Der Transport einmalig oder ehrenamtlich ist
  • Schulungsanforderung:
 * Eine Schulung wie die hier angebotene reicht aus.
 * Zulassung durch das Veterinäramt notwendig.
 * Fahrzeugzulassung nur bei Transporten > 8 h bzw. grenzüberschreitend.
  • Gültigkeit der Zulassung: 5 Jahre

Besondere Fallkonstellationen (FAQ-artig)

  • Facebook-Gruppen (Fellnasentaxi)Zulassung erforderlich, wenn über 65 km
  • Transport von Tieren an die Ostsee im Rahmen einer PensionZulassung erforderlich
  • Pflegestellen im Auslandstierschutz (z. B. Kroatien/Bosnien) → Je nach Struktur gilt: Tierheimähnliche Einrichtung → Zulassung nötig
  • Privattier in Einzelfallpflege → Keine Zulassung nötig, wenn kein Weitervermittlungszweck

Verwaltungsvorschrift, TVT-Gutachten & Tiertransporte

In diesem Abschnitt wurden juristische Feinheiten zur Zucht, gewerbsmäßigem Handeln, Qualzucht (gemäß § 11b TierSchG), öffentlich-rechtliche Auslegungsprobleme und Fragen zum Tiertransport in öffentlichen Verkehrsmitteln behandelt. Zusätzlich: Erläuterung zur Relevanz und Nutzung von TVT-Gutachten.

Tiertransport: auch ÖPNV betroffen?

  • Frage von Frau Emrich: Gilt die EU-Tiertransportverordnung auch für Tiertransporte im ÖPNV?
  • Antwort:
 * Jede Tierbewegung gilt als Transport, wenn ein Transportmittel beteiligt ist.
 * Öffentliche Verkehrsmittel können darunterfallen.
 * Empfehlung: Bei Transport über 65 km → Veterinäramt anfragen
   * Bei mündlicher Auskunft: Name, Zeitpunkt, Mail-Bestätigung sichern
   * Problem: uneinheitliche Auslegung, auch unter Kollegen im selben Amt
   * Grund: gesetzliche Lücken + Fluktuation in Veterinärbehörden
 * Viele Amtsveterinäre müssen sich juristische Feinheiten im Dienst selbst aneignen, da im Studium oft nicht behandelt.

Allgemeine Verwaltungsvorschrift (AVV) zur Durchführung des TierSchG

  • Gilt insbesondere für:
 * Züchter mit bestimmter Anzahl fortpflanzungsfähiger Tiere oder Würfe
  • Kriterien für gewerbsmäßiges Züchten:
 * Hunde: ≥ 3 fortpflanzungsfähige Hündinnen oder ≥ 3 Würfe/Jahr
 * Katzen: ≥ 5 fortpflanzungsfähige Katzen oder ≥ 5 Würfe/Jahr
 * Zusätzlich: Verkaufserlös > 4.000 DM (~ 2.000 €)
   → wird oft als Grenze für „gewerbsmäßig“ herangezogen
  • Kritik:
 * Verwaltungsvorschrift ist veraltet, enthält z. T. noch D-Mark-Werte
 * Begriff „gewerbsmäßig“ wird nur im Tierschutzrecht verwendet
  • Hinweis: Keine Prüfungsabfrage zu konkreten Zahlenwerten!

Rolle der Gutachten & TVT-Leitlinien

  • Gesetzliche Regelungen sind oft zu ungenau
 → TVT-Gutachten liefern praxisnahe Orientierung
  • Relevante Gutachten:
 * Mindestanforderungen an Katzenhaltung (da keine Katzenverordnung)
 * Tierschutzwidriges Zubehör (Hund & Katze)
  • TVT = Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz
 * Erarbeitet praxisbezogene Leitlinien
 * Inhalte wurden per Mail versendet
  • Dozent versucht, juristische Sprache „übersetzbar“ zu machen

Prüfungsrelevanz und Aufbauhilfe

  • Herr Kertisch äußert Sorge bzgl. Umfang der Unterlagen
  • Reaktion des Dozenten:
 * Verständnis & Aufbauhilfe zugesichert
 * Wichtige Inhalte werden gekennzeichnet (prüfungsrelevant vs. Zusatz)
 * Tipp: Manche Inhalte besser verständlich über Merkblätter als über Gesetzestexte

§ 11b TierSchG – Qualzuchtgutachten

  • Bundesministerium hat Gutachten zur Auslegung von § 11b (Qualzucht) beauftragt
 * Enthält u. a. konkrete Rasselisten und Zuchtformen, die tierschutzwidrig sind
  • Problem:
 * Gutachten ist veraltet
 * Bedarf an Neufassung – noch ausstehend
  • Rechtslage wird nicht nur durch Gesetz, sondern durch Gutachten geprägt

Ethik, Wohlbefinden & Rechtsfolgen

Dieser Abschnitt bildet das moralisch-juristische Fundament des Tierschutzrechts ab – mit klarem Fokus auf die Begriffe „Mitgeschöpf“, „Wohlbefinden“, „vernünftiger Grund“ sowie die Differenzierung zwischen Ordnungswidrigkeit und Straftat.

Keine Katzenverordnung – juristische Lücke

  • Für Katzen existiert keine eigenständige Verordnung auf Bundesebene.
  • Kommunale Kastrationsverordnungen existieren punktuell, sind aber nicht flächendeckend.
  • Versuche, eine Bundesverordnung zu etablieren (z. B. Gespräch mit Frau Dr. Nick, Tierärztin und Staatssekretärin), scheiterten politisch, da nicht im Koalitionsvertrag.
  • Prüfungsrelevant: Es gibt keine Katzenverordnung.

Gerichtsurteile & richterliche Praxis

  • Urteile von Landes- und Bundesgerichten prägen die Auslegung durch Veterinärämter.
  • Aber: Richter sind oft nicht tierhaltungsversiert, Entscheidungen sind daher nicht immer fachlich konsistent.
  • Dennoch: Rechtswirkung besteht – Veterinärbehörden orientieren sich an Präzedenzfällen.

Grundsatz des Tierschutzgesetzes

  • Kein Auswendiglernen von Paragraphen nötig – aber der Zweck muss verstanden werden:
 > „Aus der Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf dessen Leben und Wohlbefinden zu schützen.“
  • Wohlbefinden > Leben: Ein Leben ohne Wohlbefinden ist nicht tierschutzgerecht.
  • Ethik:
 * „Mitgeschöpf“ = moralisch hoher Anspruch
 * Schutzanspruch unabhängig vom Nutzen für den Menschen

Definition „Wohlbefinden“

  • Zustand körperlicher und geistiger Harmonie mit sich und der Umwelt
  • Voraussetzungen:
 * Körperliche Gesundheit
 * Normales Verhalten (psychisch & physisch)
  • Prüfungsrelevant: Beide Ebenen – Gesundheit & Verhalten – sind gleichrangig zu betrachten

Schmerzen, Leiden, Schäden

  • Zentrale Begriffe des Tierschutzgesetzes
  • Jeder Verstoß gegen das TierSchG wird anhand dieser drei Kategorien bewertet
  • Juristisch besonders bedeutsam:
 * Ohne vernünftigen Grund → Verstoß
 * Mit vernünftigem Grund → zulässig

„Vernünftiger Grund“ – Beispiele und Prüfungskontext

  • Beispiele für vernünftige Gründe:
 * Medizinische Behandlung (z. B. Spritzen, OPs)
 * Transporte zum Tierarzt trotz Schmerz
 * Schmerzhafte Prophylaxe zur Krankheitsvermeidung
 * Nottötung / Euthanasie, wenn kein Leben mit Wohlbefinden mehr möglich ist
  • Kontextabhängig und zeitlich wandelbar:
 * Was früher als vernünftig galt, kann heute nicht mehr ausreichen
  • Prüfungsrelevant:
 * Begriff „vernünftiger Grund“ ist flexibel, aber nicht beliebig
 * Wird häufig abgefragt

Rechtsfolgen von Verstößen

  • Ordnungswidrigkeit:
 * Geringe Verstöße (z. B. Verwarnung, Bußgeld)
  • Straftat:
 * Schwere Verstöße (z. B. Vernachlässigung, Quälerei, Verhungernlassen)
 * Sanktionen: Geldstrafe oder Freiheitsstrafe
  • Prüfungsrelevant: Unterscheidung zwischen Ordnungswidrigkeit & Straftat muss bekannt sein

Sachkundiges Töten & Euthanasie

  • Tiere dürfen nur sachkundig und tierschutzgerecht getötet werden.
  • Tierärzte sind verpflichtet, die Methode zu kennen oder sich kundig zu machen.
  • Nottötung/Euthanasie:
 * Zulässig, wenn dauerhafte Schmerzen oder Leiden nicht behebbar sind
 * Entscheidung in Absprache mit dem Tierarzt und dem Halter

Vernünftiger Grund – Anwendungsfälle & Prüfungswissen

Dieser Abschnitt vertieft die praxisrelevante Anwendung des Begriffs „vernünftiger Grund“ im Tierschutzrecht. Es geht um Schädlingsbekämpfung, Fütterungsintervalle, medizinische Versorgung und die ethische wie juristische Bewertung von Jungtiertötung.

Schädlingsbekämpfung

  • Schadnager wie Mäuse und Ratten werden durch Futtermittelreste, Spalten & Ritzen angelockt (z. B. in Schuppen, Leichtbauweise).
  • Sie gefährden:
 * Hygiene (Kot, Urin)
 * Futtermittelqualität (Anknabbern)
 * Tiergesundheit (Erregerübertragung)
  • Sachkundiges Töten ist hier ein vernünftiger Grund.
  • Zugelassene Methoden:
 * Zugelassene Mittel (z. B. im Baumarkt erhältlich)
 * Schädlingsbekämpfer mit Sachkundenachweis (§ 4 TierSchG)
 * Erschlagen/Ertränken ist nicht zulässig – keine tierschutzgerechte Methode.
  • Prüfungsfrage: Was begünstigt Schadnagerbefall?
 * Leichtbauweise, ungeschützte Lagerung, fehlende Türen/Dichtungen

Rechtsgrundsatz: Angemessenheit von Schmerzen, Leiden, Schäden

  • Schmerzen/Leiden dürfen nur in dem Maß zugefügt werden, wie es für den Zweck notwendig ist.
  • Tötungsmethoden müssen dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügen.

Fütterungsintervall & Versorgung

  • Ein verlängertes Fütterungsintervall (z. B. alle drei Tage Futter/Wasser) ist kein vernünftiger Grund – auch nicht bei Urlaub oder Krankheit.
  • → Verstoß gegen das TierSchG = Ordnungswidrigkeit
  • Prüfungsbegriff: „Fütterungsintervall“ = Zeitabstand zwischen Fütterungen

Unterlassene medizinische Versorgung aus Kostengründen

  • Beispiele:
 * „Der Hund war ein Geschenk – ich bezahle keinen Tierarzt.“
 * „Die Katze war billig – neue kostet weniger als Behandlung.“
  • Kein vernünftiger Grund
  • Auch wenn finanzielle Mittel begrenzt sind, muss die Grundversorgung gewährleistet sein.
  • Warnung: Tiere ohne Planung oder Absicherung zu halten, führt oft zur Abgabe → verantwortungslos

Jungtiertötung (z. B. bei „falscher“ Fellfarbe)

  • Töten gesunder Jungtiere in den ersten Lebenstagen ist nicht zulässig
 * Kein vernünftiger Grund: „Zuchtlinie passt nicht“ oder „zu viele“
  • Zulässig nur bei medizinischer Indikation:
 * z. B. Hasenscharte, Gaumenspalte, nicht überlebensfähige Missbildungen
 * Entscheidung durch Tierarzt → Euthanasie legitim
  • → Tötung ohne medizinischen Grund = Straftat (§ 17 TierSchG)

Prüfungsfragen & praktische Hinweise

  • Was wäre ein praktischer, aber nicht vernünftiger Grund?
 * Urlaubsvertretung fehlt → Versorgung nur alle drei Tage
 * Zuchtlinie „passt nicht“ → Welpen werden getötet
  • Abgrenzung zwischen Alltagslogik („praktisch“) und Tierschutzrecht („vernünftig“)
  • Aussetzen von Tieren zur Entledigung von Halterpflichten → Verboten
  • Diskussion zum Auslandstierschutz:
 * Tötung von Jungtieren ohne medizinischen Grund wird dort vereinzelt noch praktiziert → nicht rechtskonform

Schmerzen, Zuchtmissbrauch & Definitionen

Dieser Abschnitt enthält eine Teilnehmerfrage zu einem mutmaßlichen tierschutzrelevanten Zuchtfall sowie die didaktische Einführung in die juristische Definition von „Schmerz“ nach dem Tierschutzgesetz.

Teilnehmerfrage: Zuchthündin mit neurologischen Schäden

  • Praxisfall aus Hundepension mit angeschlossener Zucht:
 * Eine Zuchthündin zeigte nach Deckung neurologische Ausfälle (bis zur Bewegungsunfähigkeit).
 * Trotzdem wurde die Hündin nachgedeckt und brachte Welpen zur Welt.
 * Sie konnte bis zum Auszug der Welpen nicht laufen.
  • Reaktion des Dozenten:
 * „Nicht zulässig“, sofern ursächlicher Zusammenhang zwischen Deckakt und gesundheitlicher Schädigung besteht.
 * Tierhalter ist verpflichtet, den Zustand tierärztlich abklären zu lassen und geeignete Maßnahmen zu ergreifen.
  • Empfohlene Reaktion:
 * Veterinäramt benachrichtigen
 * Falls Züchter bekannt: direkte Ansprache sinnvoll
 * Hinweis: Solche Fälle sind prüfungsrelevant für das Verständnis von Tierschutzverstößen

Definition: Was ist Schmerz?

  • Einführung in den juristischen Schmerzbegriff:
 > „Unangenehme sensorische oder gefühlsmäßige Erfahrung, die durch eine tatsächliche oder mögliche Gewebeschädigung ausgelöst wird.“
  • Quelle: Internationale Vereinigung zur Erforschung des Schmerzes
  • Schmerz ist:
 * Subjektiv – keine objektive Messung möglich
 * Multidimensional – physisch und emotional
 * Abzugrenzen von „Leiden“ und „Schäden“ (folgt in späteren Abschnitten)

Bedeutung für den Tierschutz

  • Schmerzen lösen tierschutzrechtliche Pflichten aus:
 * z. B. Versorgungspflicht, Tierarztruf, Unterlassung weiterer Zuchtversuche
  • Kein „gefühltes Übel“, sondern juristisch definierter Zustand
  • Relevanz in der Prüfung:
 * Definition von Schmerz muss verstanden werden, nicht auswendig gelernt, aber angewandt

Didaktische Einbettung

  • Dozent betont, dass viele Begrifflichkeiten alltäglich erscheinen, aber im Tierschutzrecht technisch präzise gefasst sind
  • Schmerz ≠ „Tut weh“ – sondern: definierter Rechtsbegriff mit Konsequenz

Schmerzverständnis, Diagnostik & Prüfungswissen

Dieser Abschnitt vertieft das Verständnis des Schmerzbegriffs im Tierschutzrecht – praxisnah, juristisch präzise und mit klarem Prüfungsfokus. Zentrale Themen: subjektives Schmerzempfinden, physiologische Beispiele, Verhaltenserkennung, Diagnostik durch Tierpfleger*innen sowie Prüfungsanforderungen.

Schmerz: Definition & Unterscheidung

  • Juristische Definition:
 > „Unangenehme sensorische oder gefühlsmäßige Erfahrung, ausgelöst durch eine tatsächliche oder mögliche Gewebeschädigung.“
  • Beispiele zur Differenzierung:
 * Hand über Herdplatte → Schmerz ohne Gewebeschädigung (Warnsignal)
 * Hand auf Herdplatte → Schmerz mit tatsächlicher Schädigung (Brandblase)
  • Auch Tiere empfinden Schmerz ohne äußere Verletzung, etwa durch Erinnerung oder traumatische Erwartung
 * Beispiel: Hund, der nach Misshandlung bei bloßer Andeutung der Bewegung „Schmerz fühlt“
  • Schmerz kann auch rein emotional antizipiert werden (Furchtschmerz)
  • Phantomschmerz: Schmerzen trotz verheilter Gewebeschädigung → relevant z. B. bei Extremitätenamputationen
 * → Kann tiergerechtes Leben unmöglich machen → ggf. Euthanasie

Schmerz ist subjektiv & individuell

  • Schmerzempfinden variiert nach:
 * Tierart
 * Alter
 * Zuchtform
 * Individuum (Draufgänger vs. Sensibler Welpe)
  • Tiere äußern Schmerz kaum sichtbar, um Schwäche nicht zu zeigen
 * → Verstecken statt signalisieren
  • Diagnostik erfolgt daher:
 * Indirekt über Beobachtung
 * Auf Basis von Erfahrung, Kontextwissen & typischen Symptomen
 * Gefahr der Vermenschlichung vermeiden, aber anthropologische Analogien können hilfreich sein

Symptome von Schmerz (Hund/Katze)

  • Prüfungsrelevant: Mind. 10 Schmerz- oder Stresssymptome benennen können
  • Typische Symptome:
 * Hecheln, vermehrtes Speicheln
 * Verändertes Liege- und Ruheverhalten (z. B. auf schmerzender Seite liegen)
 * Zwanghaftes Lecken, Kratzen, Beißen an Körperstellen
 * Schmatzen, Gähnen (Beschwichtigungssignale)
 * Futterverweigerung, erhöhte Wasseraufnahme (z. B. bei Vergiftung, Pyometra)
 * Apathie oder Hyperaktivität
 * Rückzug, Aggressivität, verändertes Sozialverhalten
 * Verstärktes Schmatzen oder Lecken an der Nase
 * Lautäußerungen, Winseln, Jaulen
 * Schutzverhalten gegenüber bestimmten Körperteilen
 * Veränderte Mimik (Augenspannung, Muskeltonus)
  • Hinweis:
 * Viele Symptome sind nicht eindeutig, sondern müssen im Zusammenhang interpretiert werden
 * Stress und Schmerz können sich überlagern

Prüfungsrelevante Kernaussagen

  • Schmerz ist subjektiv, individuell und nicht immer sichtbar
  • Diagnostik erfolgt über Verhaltensbeobachtung & Kontextanalyse
  • Schmerzäußerung ≠ Schmerzempfinden
  • Definition verstehen: tatsächliche oder mögliche Gewebeschädigung
  • Schmerz ist abzugrenzen von:
 * Leiden (länger anhaltender negativer Zustand)
 * Schäden (irreversible Veränderungen)
  • Prüfungsfrage: Nennen Sie zehn Schmerzsymptome bei Hund oder Katze

Leiden, Verhalten & Tierschutzdefinitionen

Dieser Abschnitt beleuchtet das Konzept „Leiden“ aus Sicht des Tierschutzrechts – mit praxisnahen Beispielen, klarer Abgrenzung zu Schmerz und tiefenpsychologischen Hinweisen auf Verhaltensstörungen als Ausdruck chronischer Belastung.

Übergang: Vom Schmerz zum Leiden

  • Schmerzen können chronifizieren und in Leiden übergehen.
  • Verhaltensänderungen sind oft erste Warnzeichen:
 * Rutenhaltung verändert sich
 * Bewegungsunlust, Hinlegen beim Spaziergang
 * Vermeidung bestimmter Bewegungen (z. B. Springen ins Auto)
 * Übersprungshandlungen (z. B. Lecken an erreichbaren Stellen)
 * Verändertes Kot-/Urinverhalten

Wesensveränderung als Schmerzindikator

  • Aggressivität bei vormals freundlichen Tieren → mögliches Schmerzzeichen
  • Teilnahmslosigkeit oder Rastlosigkeit
  • Kein Durchschlafen, kein Appetit, keine Spielfreude
  • „Er ist halt alt“ = Trugschluss → kann Ausdruck von chronischem Leiden sein

Körperliche Folgesymptome bei unbehandeltem Schmerz

  • Wachstumsverzögerung bei Jungtieren
  • Abmagerung, Rückbildung der Muskulatur
  • Schonhaltungen, Lahmheiten, Fellveränderungen
  • Gewichtsverlust & Rückzug über längere Zeit

Definition „Leiden“ im Tierschutzrecht

  • Juristisch:
 > „Leiden sind alle nicht bereits vom Schmerzbegriff erfassten Beeinträchtigungen des Wohlbefindens.“
  • Kriterien:
 * Dauerhaftigkeit: keine kurze Unannehmlichkeit
 * Qualität/Intensität: mehr als leichtes Unbehagen
 * Wesenswidrigkeit: Zustand widerspricht Instinkt/Artverhalten
  • Beispiel:
 * Tier in zugiger, feuchter Umgebung → Flucht wäre instinktiv, aber Haltung erlaubt kein Entkommen → Leiden
  • Stress und Angst gelten unter bestimmten Umständen ebenfalls als Leiden

Verhaltensstörungen als Ausdruck von Leiden

  • Keine sichtbare Krankheit – aber abweichendes Verhalten:
 * Kreiseln bei Katzen nach jahrelanger Käfighaltung
 * Apathie trotz stabiler Vitalwerte
 * Übermäßige Aggression oder Rückzug
  • Analogie: Mensch mit Depression erscheint körperlich „gesund“, leidet aber massiv
  • Wichtiger Prüfungsaspekt:
 * Auch bei fehlender äußerer Verletzung können Tiere massiv leiden

Ursachen von Leiden

  • Überforderung: zu viele Reize, wechselnde Umgebungen, Anforderungen ohne Anpassung
  • Unterforderung: Monotonie, fehlende Aufgaben, Langeweile
  • Nicht artgerechte Haltungsbedingungen: fehlende Rückzugsmöglichkeiten, soziale Isolation, Enge, Reizarmut
  • Fehlende Beschäftigung führt zu erlerntem Hilflosigkeitsverhalten

Prüfungsrelevante Unterscheidung

  • Schmerz: körperliche/geistige Reaktion auf tatsächliche oder mögliche Gewebeschädigung
  • Leiden: anhaltende Beeinträchtigung des Wohlbefindens ohne klare Gewebeschädigung
  • Schaden: irreversible körperliche Veränderung (z. B. Verlust eines Auges)
  • → Alle drei Begriffe müssen differenziert verstanden und anwendungsbezogen erläutert werden

Schmerz – Leiden – Schaden: Abgrenzung & Prüfungswissen

Dieser Abschnitt bündelt zentrale Definitionen des Tierschutzrechts: Schmerz, Leiden und Schaden werden juristisch präzise erklärt, voneinander abgegrenzt und durch Fallbeispiele aus der Praxis illustriert. Ergänzt wird das durch eine physiologische Einführung zu Stress als Ursache für Leiden.

Ursachen für Leiden

  • Nicht artgerechte Haltung:
 * Fehlende Ausstattung, Parasitenbefall → Juckreiz, Kratzen, offene Hautstellen
 * Schlechte Gruppenzusammenstellung → Jagdverhalten, Dominanz, fehlende Rückzugsmöglichkeiten
 * Zu hohe Besatzdichte → Stress durch Enge
  • Stress als Auslöser für Leiden:
 * Normale Reaktion auf Gefahr → kurzfristig sinnvoll
 * Beispiel: „Hinter jeder Tür steht ein Löwe“ → Dauerstress, Cortisolanstieg, Schlafmangel
 * Dauerhafter, wiederholter Stress mit hoher Intensität → pathologisch → Leiden
 * Lernhemmung unter Stress: „Stress ist ein Hemmschuh beim Lernen“

Didaktisches Ziel: Begriffsklärung mit Leben füllen

  • Ziel: Statische Begriffe (Schmerz, Leiden, Schaden) mit praktischer Bedeutung verknüpfen
  • Dozent fordert: Weiterdenken, eigene Fälle reflektieren
  • Beispielhafte Unterscheidung:
 * Schmerz = Moment
 * Leiden = Dauer
 * Schaden = Resultat

Definition: Schaden

  • Schaden ist:
 > „Ein Zustand, der sich körperlich oder seelisch zum Schlechteren verändert.“
  • Formen:
 * Körperlich: z. B. Verletzung, Untergewicht, Gleichgewichtsstörung, Stoffwechselerkrankung
 * Geistig: z. B. Traumatisierung, dauerhafte Angst
 * Vorübergehend oder dauerhaft – beides zählt
  • Beispiel:
 * Unfall → Auto hat physischen Schaden, Mensch hat evtl. seelischen
  • Schäden entstehen durch:
 * Managementfehler (z. B. falsche Gruppenzusammenstellung)
 * Unsachgemäßes Handling
 * Ernährungsmängel (→ Verfettung, Abmagerung, Stoffwechselstörung)
 * Chronische Erkrankungen

Abgrenzung der Begriffe

Begriff Definition Dauer Ursache Beispiel
Schmerz Unangenehme sensorische oder gefühlsmäßige Erfahrung Kurz bis mittel Gewebeschädigung real oder möglich Schnittwunde, Verbrennung
Leiden Anhaltende Beeinträchtigung des Wohlbefindens Langfristig Dauerstress, Isolation, Unkontrollierbarkeit Frieren im zugigen Raum, soziale Vereinsamung
Schaden Irreversible Veränderung (körperlich oder geistig) Ergebnis Folgezustand von Schmerz/Leiden Nervenschaden, chronische Lahmheit, Depression
  • Prüfungsmerksatz:
 * Schmerz ist Erfahrung
 * Leiden ist Beeinträchtigung
 * Schaden ist Veränderung

Prüfungsbezug und Grenzfälle

  • Frage: Ist Stress ein Leiden?
 * Antwort: Kommt auf Intensität & Dauer an
 * Akuter Stress = normal
 * Dauerstress → Leiden
  • Frage: Kann Schmerz ohne sichtbaren Schaden bestehen?
 * Ja → z. B. Phantomschmerzen, emotionale Trigger

Tierschutzrechtliche Konsequenz

  • Der größte Schaden, den man einem Tier zufügen kann, ist:
 > Der Tod
  • Tod ist nicht zulässig:
 * zur Urlaubsvertretung
 * aus Platzgründen
 * wegen Überzahl bei Jungtieren
  • → Diese Gründe gelten nicht als „vernünftiger Grund“ i. S. d. § 17 TierSchG

Qualzucht, § 2 TierSchG & Systemkonflikte

Dieser Abschnitt behandelt rechtliche, politische und praktische Kernfragen des Tierschutzes: Warum bleibt das Qualzuchtverbot oft wirkungslos? Wann ist die Tötung von Tieren strafbar? Welche Verantwortung tragen Tierbetreuende? Und wie lassen sich Tierschutzvorgaben mit anderen Rechtsbereichen wie Bau- und Gefahrenabwehrrecht vereinbaren?

Tötung ohne vernünftigen Grund: Straftat nach § 17 TierSchG

  • Tiere dürfen nicht ohne vernünftigen Grund getötet werden.
  • Solche Tötungen sind:
 * Straftaten nach § 17 TierSchG
 * Strafbar mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe
  • Praxisproblem: „Wo kein Kläger, da kein Richter“
 * Viele Fälle werden nicht angezeigt, daher keine Ahndung
  • Beispiele für nicht zulässige Gründe:
 * Urlaub
 * Überfüllung (Tierheime, Züchter)
 * Platzmangel

Warum ist das Qualzuchtverbot so schwer durchzusetzen?

  • § 11b TierSchG ist:
 * juristisch schwammig formuliert
 * schwer vollziehbar
  • Probleme:
 * Altes Gutachten (ca. 20 Jahre alt), viele neue Rassen/Zuchtformen fehlen
 * Umsetzung liegt bei Veterinärämtern, die in Einzelfällen Schäden, Schmerzen, Leiden nachweisen müssen
 * Das ist aufwendig, langwierig und scheitert oft an Ressourcen und Beweislast
  • Folge: Qualzuchten existieren weiter, trotz theoretischem Verbot

Verhaltensstörungen als Ausdruck von Leiden und Schaden

  • Stereotypien:
 * Wiederholte, sinnentleerte Bewegungsmuster (z. B. Tiger läuft im Käfig im Kreis)
 * Weben bei Elefanten, Grabversuche bei Mäusen, Kreiseln bei Katzen
  • Selbst- und fremdschädigendes Verhalten
  • Erzwungenes Nichtverhalten:
 * Apathie, Rückzug, scheinbare Teilnahmslosigkeit
 * Wird oft als „normal“ (z. B. Alter) fehlinterpretiert
  • Verhaltensstörungen sind:
 * Symptom für Leiden
 * können selbst Schaden darstellen
 * → fließender Übergang zwischen Leiden und Schaden

§ 2 TierSchG: Pflichten von Halter und Betreuer

  • Beide sind gleich verantwortlich, wenn Betreuung übernommen wurde:
 * artgerechte Ernährung
 * Pflege & Gesundheitskontrolle
 * Unterbringung nach Tierschutz-Normen
  • Auch Betreuer (Pension, Tagesstätte, Urlaubsbetreuung) sind rechtlich pflichtig
  • Veterinäramt kann Maßnahmen ergreifen:
 * Fristsetzung zur Nachbesserung
 * Tierarztbesuch anordnen
 * Erwerb von Kenntnissen & Fähigkeiten verlangen
  • Beispielpflichten:
 * Fellpflege
 * Saubere Unterkunft nach Tierschutz-Hundeverordnung oder TVT-Merkblatt
 * Bewegung & Beschäftigung

Bewegung als Gesundheitsfaktor

  • Bewegung ist für Tiere essentiell, um Lebensvorgänge zu regulieren (z. B. Lymphfluss)
  • Fehlende Bewegung → Risiko für:
 * Schmerzen
 * Leiden
 * Schäden
  • Daher gesetzlich vorgeschrieben: „ausreichend artgemäße Bewegung“

Konfliktlinien im System: Tierschutz vs. Gefahrenabwehr vs. Bauordnung

  • Beispiel: Freilaufverbot in Schleswig-Holstein
 * Tierschutz: Hunde brauchen Freilauf
 * Gefahrenabwehr (Innenministerium): Menschenschutz geht vor
 * → Widerspruch im System
  • Weitere Konflikte:
 * Tierschutz will offene, bewegungsfreundliche Räume
 * Bauordnung, Denkmalschutz & Brandschutz setzen enge Grenzen
  • Fazit: Tierhalter*innen und Betreiber*innen müssen oft unvereinbare Vorgaben gleichzeitig erfüllen

Prüfungsrelevante Kernaussagen

  • Tötung ohne vernünftigen Grund = Straftat
  • § 11b (Qualzuchtverbot) scheitert an Vollzug & Nachweislast
  • Verhaltensstörungen = Indikator für Leiden/Schaden
  • § 2 gilt auch für Betreuer
  • Bewegung ist gesetzlich gefordert – nicht optional
  • Systemische Zielkonflikte zwischen Tierschutz & anderen Rechtsbereichen sind real

Tierpension, § 2 & § 3 TierSchG, Tierschutzhundeverordnung

Dieses Transkript liefert eine juristisch und praktisch verdichtete Zusammenstellung zentraler Inhalte aus dem Tierschutzgesetz. Fokus liegt auf: Betreuungspflichten (§ 2), strukturellen Grauzonen in Tierpensionen, systemischen Zielkonflikten, sowie Verboten tierschutzwidriger Praktiken nach § 3 TierSchG und der Tierschutzhundeverordnung.

Bewegungseinschränkung als tierschutzrelevanter Mangel

  • Fehlende Freilaufmöglichkeiten (nur Grundstück, Laufleine, Hundeplatz) = Einschränkung
  • Tierschutz verlangt: artgemäße Bewegungsmöglichkeit (vgl. TVT-Merkblätter)

§ 2 TierSchG: Tierhalter & Betreuer – gleiche Pflichten

  • Prüfung fragt nicht nach Gesetzestext, sondern: Wer trägt welche Verantwortung?
  • Halter und Betreuer sind gleichwertig in der Pflicht
  • Typische Fehler:
 * „Ist ja nur zur Pflege“ → falsche Fütterung, keine Pflege → nicht zulässig
 * „Wird eh bald abgeholt“ → keine Ausrede

Tierpension: rechtliche Grauzone & Prüfungsrelevanz

  • Keine klare Obergrenze für Tiere in Pension
  • Ab ca. 10 Tieren → „gewerblicher Charakter“ möglich → Erlaubnispflichtig nach § 11 TierSchG
  • Kombination Zucht + Pension problematisch (z. B. Hygienerisiken)
  • Separate Genehmigung notwendig (eigene Tätigkeit!)
  • Vorschläge:
 * 1 Betreuer auf 5 Tiere (z. B. Frankfurt)
 * Sachkunde ggf. nur gegenüber Betreiber, nicht Veterinäramt
  • Übergangsvorschriften sind zu erwarten, ggf. „schleichende Einführung“

§ 3 TierSchG: Verbotene Handlungen

a) Überforderung durch übersteigerte Leistungen

  • Tiere dürfen nicht zu Leistungen gezwungen werden, denen sie offensichtlich nicht gewachsen sind
  • Häufigster Fehler:
 * Ständige Gruppenwechsel ohne Vorbereitung
 * Sozialisierungsdefizite → Überforderung
  • Selten: Doping bei Tieren

b) Aussetzen & Zurücklassen

  • Kartons vor Tierheimen
  • Freilassung im Wald, an Autobahnen
  • = Verstoß gegen § 3 Nr. 3 TierSchG

c) Ausbildung unter Schmerzen, Leiden, Schäden

  • „Erheblich“ wurde aus der neuen Tierschutzhundeverordnung gestrichen
 * Juristisch: Alles Relevante ist „erheblich“ – keine Intensitätsgrenze mehr
  • Teletaktgeräte:
 * Keine Bauartprüfung in Deutschland
 * Strafreiz muss innerhalb 0,5–1 Sekunde erfolgen → praktisch unmöglich
 * → Einordnung durch TVT: tierschutzwidrig

d) Schaustellung, Filmdressur & Schärfenanreize

  • Tiere durch Hunger zum Wasser/Futter laufen lassen (Film) = verboten
  • Ausbildung zur Aggression gegenüber Artgenossen (z. B. bei Kampfhunden) = verboten
  • Ausbildung mit nachteiligen Folgen für das Tier selbst = unzulässig

e) Verbotene Fütterung

  • Zwangsfütterung nur bei medizinischer Notwendigkeit durch Tierarzt erlaubt
  • Verboten:
 * Gekochte Geflügelknochen → splittern
 * Reine Knochenfütterung → Verstopfungsgefahr
 * Schmerz-, leid- oder schadensverursachende Nahrung

Prüfungsrelevanz und didaktischer Fokus

  • Prüfung verlangt Fallverständnis, nicht Paragrafenzitation
  • Relevante Punkte:
 * Betreuung = Pflicht, auch bei „nur Pflege“
 * Kombination von Tätigkeiten (Zucht & Pension) = genehmigungspflichtig
 * Vermeidung tierschutzwidriger Ausbildungsmethoden
 * Subjektive Belastung des Tieres entscheidet – nicht die Absicht des Menschen

Tierschutzgerechtes Töten, Zwangsfütterung, Schädlingsbekämpfung

Knochenfütterung: Akzeptanz und Risiko

  • Knochen sind:
 * gern gefressene Beschäftigungsmittel
 * kulturell tief verankert (z. B. Symbolik, Verpackungen)
  • Aber: Gefahren durch falsche Darreichungsform:
 * z. B. gekochte Knochen → splittern, bilden leimartige Massen → Darmverschluss
  • Prüfungsrelevant:
 * Werden Knochen gern gefressen? → Ja, wenn geeignete Form
 * Gibt es Risiken? → Ja, bei ungeeigneter Form

2. Tierschutzwidriges Zubehör: Stellungnahmen & Praxis

  • TVT (Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz) gibt klare Empfehlungen
  • Beispiele für tierschutzwidriges Zubehör:
 * Unsichtbare Zäune
 * Wellstopp-Halsbänder: unterdrücken Atmung & Verhalten → keine Therapie, sondern Problemverschiebung
  • Empfehlung:
 * Stellungnahmen und Merkblätter konsultieren
 * Zubehör immer unter dem Aspekt der Verhaltensgerechtigkeit prüfen

Tötung von Tieren – Voraussetzungen & Ablauf

a) Rechtlicher Rahmen

  • Jedes Töten eines Wirbeltieres (z. B. Hund, Katze) ist nur zulässig bei:
 * Vorheriger Betäubung
 * Vermeidung von unnötigen Schmerzen
  • Nur Personen mit:
 * Kenntnissen, Fähigkeiten und Erfahrung
 * → i. d. R. Tierärzte
  • Ausnahmefälle (landwirtschaftliche Nutztiere): Sachkundiger nach § 4 TierSchG

b) Ablauf einer fachgerechten Euthanasie

  • Zwei-Schritte-Verfahren:
 1. Tiefe, allgemeine Betäubung (→ Empfindungs- und Wahrnehmungslosigkeit)
 2. Tötung (z. B. durch Überdosierung eines Narkotikums)
  • Prüfungsmerkmal: Tod muss innerhalb der Betäubung eintreten
  • Ziel: keine Schmerzempfindung beim Sterben

c) Wann ist Euthanasie zulässig?

  • Tier leidet unter nicht behandelbaren Schmerzen, Leiden oder Schäden
  • Ein Weiterleben wäre:
 * nur mit langwieriger, schmerzhafter Therapie möglich
 * oder mit permanentem Leid verbunden
  • Entscheidung liegt beim Tierarzt

d) Tierhalter und Nottötung

  • Bei Hunden und Katzen → Tierarzt kontaktieren
  • „Nicht transportfähig“ wird nicht akzeptiert – Zugang zum Tierarzt muss organisiert werden

Schädlingsbekämpfung unter dem Tierschutzgesetz

  • Schädlinge sind:
 * Gesundheitsgefährdung (Überträger, Kontaminierer)
 * Gefahr für gehaltene Tiere (z. B. Rattenangriffe nachts)
  • ABER:
 * Auch bei Schädlingsbekämpfung gilt das Tierschutzgesetz
 * Nur unvermeidbare Schmerzen zulässig
 * Auch Schädlinge sind Tiere – dürfen nicht unnötig leiden

Prüfungsrelevante Kernsätze

  • Knochen: Ja, aber roh & geeignet – sonst Gesundheitsgefahr
  • Zubehör: Funktional ≠ tierschutzkonform – Verhalten muss lösungsorientiert geführt werden
  • Tod nur unter Betäubung und ohne Wahrnehmung
  • Tierarzt = erste Instanz für Euthanasie
  • Auch Ratten haben Anspruch auf „minimales Leid“

Nottötung durch Jäger, Kopieren, § 11-Erlaubnis

Sonderfall: Nottötung durch Jäger

  • Ausgangsfrage: Darf ein Jäger seinen eigenen Hund töten, um Leid zu verkürzen?
  • Grundsätzlich: Nein – für Haustiere gelten Tierschutzgesetze
  • Ausnahme möglich:
 * Bei schwerster Verletzung während der Jagd (z. B. Wirbelsäulenbruch)
 * Transport wäre mit mehr Leid verbunden als sofortige Tötung
 * Waffe muss geeignet, Tötung sachkundig und sofort wirksam sein
 * Nachweispflicht im Konfliktfall
  • Aussage eines Teilnehmers (Jäger): Aus Liebe zum Tier immer Gang zum Tierarzt → auch in Drückjagd-Situationen

Eingriffe an Tieren – § 6 TierSchG

  • Mit Schmerzen verbundene Eingriffe nur mit:
 * Betäubung
 * Tierärztlicher Ausführung
  • Verboten: vollständige oder teilweise Amputationen ohne medizinische Indikation
 * Beispiele: Kopieren von Ohren, Schwanz, Daumenkrallen
 * Ziel: Veränderung des Erscheinungsbildes = nicht zulässig
  • Historie:
 * Seit 1987: Verbot Ohren-Kopieren
 * Seit 1998: Verbot Schwanz- und Krallenamputation
  • Ausnahme:
 * Medizinische Notwendigkeit → z. B. Amputation zur Lebensrettung
 * Beispiel: Rettung des Wohlbefindens durch chirurgische Maßnahme
 * Auch Kastration zählt juristisch als Amputation → erlaubt bei medizinischer Indikation oder zur Verhinderung unkontrollierter Fortpflanzung

§ 11 TierSchG – Erlaubnispflichtige Tätigkeiten

  • Tätigkeiten mit Tieren, die eine behördliche Erlaubnis erfordern:
 * z. B. Haltung von Tieren für Dritte in Tierheimen oder tierheimähnlichen Einrichtungen
  • Diskussionspunkt: Was gilt als „tierheimähnliche Einrichtung“?
 * Beispiel: Pflegestellen
   * Tiere werden im Auftrag eines Tierheims privat untergebracht
   * Futter- und Tierarztkosten trägt das Tierheim
   * → Genehmigungspflicht nach § 11 möglich
  • Dozent betont:
 * Keine klare gesetzliche Definition
 * Aber: Verantwortung, Zahl der Tiere, Dauer → entscheidend für Erlaubnispflicht

Prüfungsrelevante Klarstellungen

  • § 5: Schmerzen = immer Betäubung + tierärztliche Durchführung
  • § 6: Kopieren = verboten (außer für Jagdhunde in Ausnahmefällen beim Welpen)
  • § 11: Tätigkeiten für Dritte mit Tieren = immer prüfungsrelevant, Erlaubnispflicht genau abwägen

Nottötung durch Jäger, Kopieren, § 11-Erlaubnis

Sonderfall: Nottötung durch Jäger

  • Ausgangsfrage: Darf ein Jäger seinen eigenen Hund töten, um Leid zu verkürzen?
  • Grundsätzlich: Nein – für Haustiere gelten Tierschutzgesetze
  • Ausnahme möglich:
 * Bei schwerster Verletzung während der Jagd (z. B. Wirbelsäulenbruch)
 * Transport wäre mit mehr Leid verbunden als sofortige Tötung
 * Waffe muss geeignet, Tötung sachkundig und sofort wirksam sein
 * Nachweispflicht im Konfliktfall
  • Aussage eines Teilnehmers (Jäger): Aus Liebe zum Tier immer Gang zum Tierarzt → auch in Drückjagd-Situationen

Eingriffe an Tieren – § 6 TierSchG

  • Mit Schmerzen verbundene Eingriffe nur mit:
 * Betäubung
 * Tierärztlicher Ausführung
  • Verboten: vollständige oder teilweise Amputationen ohne medizinische Indikation
 * Beispiele: Kopieren von Ohren, Schwanz, Daumenkrallen
 * Ziel: Veränderung des Erscheinungsbildes = nicht zulässig
  • Historie:
 * Seit 1987: Verbot Ohren-Kopieren
 * Seit 1998: Verbot Schwanz- und Krallenamputation
  • Ausnahme:
 * Medizinische Notwendigkeit → z. B. Amputation zur Lebensrettung
 * Beispiel: Rettung des Wohlbefindens durch chirurgische Maßnahme
 * Auch Kastration zählt juristisch als Amputation → erlaubt bei medizinischer Indikation oder zur Verhinderung unkontrollierter Fortpflanzung

§ 11 TierSchG – Erlaubnispflichtige Tätigkeiten

  • Tätigkeiten mit Tieren, die eine behördliche Erlaubnis erfordern:
 * z. B. Haltung von Tieren für Dritte in Tierheimen oder tierheimähnlichen Einrichtungen
  • Diskussionspunkt: Was gilt als „tierheimähnliche Einrichtung“?
 * Beispiel: Pflegestellen
   * Tiere werden im Auftrag eines Tierheims privat untergebracht
   * Futter- und Tierarztkosten trägt das Tierheim
   * → Genehmigungspflicht nach § 11 möglich
  • Dozent betont:
 * Keine klare gesetzliche Definition
 * Aber: Verantwortung, Zahl der Tiere, Dauer → entscheidend für Erlaubnispflicht

Prüfungsrelevante Klarstellungen

  • § 5: Schmerzen = immer Betäubung + tierärztliche Durchführung
  • § 6: Kopieren = verboten (außer für Jagdhunde in Ausnahmefällen beim Welpen)
  • § 11: Tätigkeiten für Dritte mit Tieren = immer prüfungsrelevant, Erlaubnispflicht genau abwägen

§ 11 TierSchG – Auslandstierschutz, Pflegestellen, Plattformen (30.06.2025, 12:53)

Tierheim oder tierheimähnlich?

  • Erlaubnispflicht nach § 11 TierSchG greift bei:
 * Haltung von Tieren für Dritte in tierheimähnlicher Struktur
 * auch bei Pflegestellen, wenn:
   * mehrere Tiere betreut werden
   * regelmäßig aufgenommen und weitervermittelt wird
   * Futter- und Tierarztkosten vom Verein übernommen werden
  • Keine feste Zahlengrenze im Gesetz oder der Verwaltungsvorschrift:
 * Theoretisch ab dem ersten Tier
 * Praktisch wird Erlaubnispflicht bei steigender Tierzahl und Organisation angenommen
  • Empfehlung: Einzelfallprüfung mit Veterinäramt

Auslandstierschutz: Klarstellung durch Gesetzesänderung 2013

  • Wer Wirbeltiere (außer Nutztiere):
 * einführt oder verbringt, oder
 * vermittelt, wenn sie zur Weitergabe bestimmt sind,
 * gegen Entgelt oder andere Gegenleistungbraucht eine Erlaubnis
  • Auch relevant:
 * Bereits bei einem Tier, wenn Wiederholungsabsicht oder Struktur erkennbar
 * Keine Differenzierung mehr zwischen Hobby, Spende, Unkostenbeitrag etc.
  • Typische Prüfungsformulierung:
 > „Wer Wirbeltiere, die keine Nutztiere sind, zum Zwecke der Abgabe gegen Entgelt oder sonstige Gegenleistung in das Inland verbringt oder einführt …“

Gewerbsmäßigkeit: Keine Flucht in Kleinstbeträge

  • Einnahmegrenze von 2.000 €/Jahr dient als Orientierung (nicht Ausschluss!)
  • Auch bei mehreren „Mini-Tätigkeiten“ (z. B. 1.995 € aus Hundepension, 1.995 € aus Handel …):
 * → Gesamtschau der Tätigkeit
 * Summe = gewerbsmäßige Struktur
  • Beispiel:
 * „Gemischtwarenladen“ aus Hundepension, Zucht, Training, Vermittlung
 * Auch wenn jede Sparte < 2.000 €, ist Gesamtheit erlaubnispflichtig
  • Züchtergemeinschaften (Ehepartner etc.):
 * Aufteilung auf verschiedene Namen schützt nicht vor Einstufung als gewerbsmäßig

Plattformen & private Vermittlung

  • Privatpersonen, die über Online-Plattformen regelmäßig Hunde/Katzen aufnehmen und weitergeben:
 * → ebenfalls erlaubnispflichtig, wenn Wiederholungsabsicht + Einnahmen erkennbar
  • Steuerliche Geltendmachung, Spenden oder „Freizeitbeschäftigung“ sind irrelevant, wenn:
 * Tiere nicht dauerhaft im eigenen Haushalt verbleiben

Empfehlung des Dozenten

  • Transparente Kommunikation mit dem Veterinäramt
 * Frühzeitig ansprechen
 * Sachverhalt schildern
 * Antwort notieren + per E-Mail dokumentieren
 * Beispieltext:
   > „Vielen Dank für das freundliche Gespräch. Sie haben mir mitgeteilt, dass unter den gegebenen Voraussetzungen keine Erlaubnis erforderlich ist …“

Sanktionen bei Verstoß

  • Bußgelder im Bereich von 20.000–30.000 € möglich
  • Inklusive:
 * Tätigkeitsuntersagung
 * Schließung der Einrichtung
  • Besonders kritisch:
 * Erstkontakt durch Anzeige oder Beschwerde
 * Keine vorherige Meldung → negatives Licht

Weitere erlaubnispflichtige Tätigkeiten (§ 11 Abs. 1 Nr. 1–8 TierSchG)

  • Zucht, Haltung, Handel, Ausstellung
  • Ausbildung von Hunden (auch durch Anleiten der Halter)
  • Bereitstellung von Tieren für Dritte

Gewerbsmäßiges Halten, Tierheime vs. Pensionen, Betreuung

Tierheime vs. Tierpensionen

  • Tierheime:
 * Dauerhaft angelegte Einrichtungen
 * Aufnahme & Pflege v. Fund-, Abgabe-, Verwahr- und sichergestellten Tieren
 * Oft fremdbestimmt (Behörden, Fundtiere, etc.)
  • Tierpensionen:
 * Vorübergehende oder dauerhafte Unterbringung von Tieren Dritter
 * Gewerbliche Struktur
 * Bedarf eigener Erlaubnis (§ 11 Abs. 1 Nr. 3 bzw. 8a)
 * Kombination mit Tierheim: gewerbsmäßiges Halten zusätzlich beantragen
  • Hinweis: Viele Tierheime bieten zusätzlich Urlaubsbetreuung an → gewerbsmäßiges Halten beachten!

Definition „gewerbsmäßig“

  • Begriff stammt aus dem Tierschutzgesetz (nicht Steuerrecht)
  • Gewerbsmäßig handelt, wer:
 * selbstständig tätig ist
 * planmäßig und wiederholt agiert
 * mit der Absicht der Gewinnerzielung
  • Kriterien aus Verwaltungsvorschrift (nicht prüfungsrelevant, aber relevant für Praxis!):
 * Einnahmeabsicht ≥ 2.000 €/Jahr
 * Planmäßigkeit und Wiederholung
 * Tierzahlen und Absatzmengen als Orientierungsgrößen
 * → Einzelfallentscheidung durch Veterinäramt

Betreuung = Halten? Uneinigkeit in Behörden

  • Betreuung (z. B. Hundesitting mobil/stationär):
 * Bei Gewinnerzielung → rechtlich = gewerbsmäßiges Halten
 * Aber: unterschiedliche Praxis der Veterinärämter
   * mobil = keine Erlaubnis?
   * stationär = Erlaubnispflicht?
   * über Nacht = anders als tagsüber?
  • Empfehlung:
 * Rücksprache mit Veterinäramt suchen
 * Aussage schriftlich oder per E-Mail dokumentieren!
 * Beispiel:
   > „Sie sagten am 30.06.2025, dass bei meiner Tätigkeit keine Erlaubnis nach § 11 erforderlich ist …“

§ 11 als „Weiterentwicklung“ von § 2 TierSchG

  • § 2: Anforderungen an Tierhalter allgemein:
 * Ernährung, Pflege, Unterbringung, Bewegung, Sicherheit
  • § 11: Wenn Haltung/Beschäftigung mit Tieren gewerbsmäßig oder in größerem Umfang erfolgt:
 * Dann Erlaubnispflicht
 * Kontrolle vor Ort durch Veterinäramt
 * Nachweispflichten, Sachkundenachweis, bauliche Anforderungen etc.

Halterbegriff (juristisch präzise)

  • Halter ist:
 * Jede natürliche oder juristische Person
 * die ständig oder vorübergehend die tatsächliche Obhut hat
  • → Eigentum ist nicht entscheidend!
  • Auch:
 * Pensionsinhaber, Tiertransporteure, mobile Betreuer gelten als Halter im weiteren Sinne
 * → Pflichten gemäß § 2 & § 11 TierSchG

Prüfungsrelevanz & Strategie

  • Nicht alle Behörden arbeiten einheitlich
  • Manche ignorieren Betreuungsformen als erlaubnispflichtig
  • Wichtig: eigene Dokumentation, um spätere Haftungsrisiken zu minimieren
  • Verweis auf:
 * Moritz/Felde (Kommentar zum TierSchG), Rn. 5, § 11: Halten = auch kurzfristige Betreuung

Änderungen, Abgabeverbot, Qualzucht

Änderungen der Voraussetzungen – Meldepflicht

  • Tätigkeitsbeginn nur nach Erlaubniserteilung erlaubt!
 * Verstoß → Untersagung der Tätigkeit oder Schließung der Räume
  • Änderungen sofort mitteilen – z. B.:
 * Umzug (auch innerhalb desselben Straßenzugs)
 * Wechsel der verantwortlichen Person
 * Erweiterung der Tierzahl (z. B. von 6 auf 12 Katzen)
 * Wechsel der Tierarten (z. B. Hunde statt Katzen)
  • Begründung:
 * Die Erlaubnis ist konkret gebunden an:
   * die Räumlichkeiten
   * die verantwortlichen Personen
   * die Tierarten & -zahlen
  • Rechtsfolgen:
 * Erlöschen der Erlaubnis, wenn Änderungen nicht gemeldet werden
 * Neubeantragung kann erforderlich sein
  • Prüfungsrelevant: Begriff „sofort“ – keine 4 Wochen oder Übergangsfrist!

Abgabe nur an Personen ab 16 Jahren

  • Gilt für alle Wirbeltiere (nicht nur gewerblicher Handel)
  • Abgabe nur an Personen ab vollendetem 16. Lebensjahr
  • Hinweis:
 * Rechtlich bindend ist das 16. Lebensjahr
 * In der Praxis oft höhere Altersgrenzen (18 oder 21), z. B. bei Zuchtverträgen
  • Prüfungsmerkregel: 16 merken!

Qualzucht – Definition & Konsequenzen

  • Verboten gemäß § 11b TierSchG
  • Qualzucht liegt vor, wenn:
 * Tieren oder ihren Nachkommen Körperteile oder Organe fehlen, untauglich sind oder umgestaltet
 * daraus Schmerzen, Leiden oder Schäden entstehen
  • Beispiele:
 * Kurzköpfige Hunde mit Atemnot (z. B. Französische Bulldogge)
 * Tiere mit Bewegungseinschränkungen
  • Maßnahmen:
 * Zuchtverbot durch Veterinäramt
 * ggf. Unfruchtbarmachung (Kastration)

Erweiterte Qualzuchtdefinition: Verhalten & Genetik

  • Tierschutz bezieht sich auch auf:
 * Verhaltensstörungen (nicht nur sichtbare Merkmale)
 * Erbliche Belastungen, die psychisches Leid verursachen
 * Beispiel:
   * Sozialunverträglichkeit, Stereotypien mit genetischer Ursache
  • Genetische Fixierung auf ein Merkmal (z. B. Fellfarbe) kann andere genetische Defekte einschließen
 * z. B. Stoffwechselstörungen, Fehlbildungen
  • Wichtig: Nicht nur das Sichtbare zählt – auch innere Schäden sind tierschutzrelevant

Prüfungsrelevante Praxisfragen

  • „Wie gehen Sie in der Betreuung mit kurzköpfigen Hunden um?“
  • „Worauf achten Sie bei der Zucht bezüglich kurzer Nasen, Überhitzung?“
  • Merke:
 * Tierschutz umfasst sowohl:
   * körperliche Symptome
   * psychische Symptome
 * beides kann Erlaubnisauflagen oder Zuchtverbote begründen

Qualzucht, Brachycephalie, genetisches Tierleid

Definition Qualzucht

Qualzucht liegt gemäß § 11b TierSchG vor, wenn Tieren Körperteile oder Organe fehlen, untauglich oder umgestaltet sind, oder Verhaltensstörungen auftreten – und dadurch Schmerzen, Leiden oder Schäden entstehen.

Zwei zentrale Prüfmerkmale:

  • Körperliche Veränderungen (z. B. deformierte Schädel, fehlende Tasthaare)
  • Verhaltensstörungen mit genetischer Ursache (z. B. Stereotypien)

Beispiele für Qualzucht

Hunde:

  • Brachycephalie (Kurzköpfigkeit):
 * Verkürzte Oberkiefer, enge Nasenlöcher, verlängertes Gaumensegel
 * Folgen: Atemnot, Überhitzung, Schnaufen, kollabierender Atemtrakt
 * Reduzierte Nasenstruktur = eingeschränkte "Klimaanlage" des Körpers
 * Vergleich: 
   * Normale Hundenase ≈ Fußballfeld (Oberfläche für Luftbefeuchtung)
   * Kurznase ≈ Tischplatte → massive Reduktion der Kühlfunktion
  • Faltenbildung (z. B. Shar-Pei):
 * Ursprung: robuste Gebrauchshunde
 * Folge durch Überzüchtung: Hautfalten als Brutstätte für Keime, Juckreiz, Entzündungen
 * Ausdrucksverhalten gestört → Missverständnisse mit Artgenossen
  • Merle-Syndrom:
 * Pigmentmangel → Augenmissbildungen, Blindheit, Taubheit
  • Dilute-Gen:
 * Kann mit Haarausfall, Hauterkrankungen und geschwächter Immunabwehr einhergehen

Katzen:

  • Nacktkatzen (z. B. Sphinx):
 * Fehlen der Tasthaare → Verlust von Orientierungsfähigkeit
  • Kängurukatzen:
 * Zucht auf verkürzte Vorderbeine → eingeschränktes Sprungverhalten
  • Perserkatzen:
 * Verstopfte Tränen-Nasenkanäle → lebenslange Augensalbung nötig
  • Faltohrkatzen (z. B. Scottish Fold):
 * Verformte Knorpelstruktur → oft kombiniert mit Skelettdeformationen
  • Haarlose Tiere:
 * Thermoregulation gestört, erhöhte Hautanfälligkeit

Spätfolgen & Inzuchtproblematik

  • Manche genetische Defekte zeigen sich erst im Erwachsenenalter
  • Beispiel: Hüftgelenksdysplasie
 * Fehlstellung erst spät sichtbar, aber extrem schmerzhaft
  • Teils extreme Inzuchtgrade:
 * → Verlust an Vitalität, Immunabwehr, arteigenem Verhalten

Züchterpflichten

  • Zucht darf nur erfolgen, wenn:
 * die Elterntiere auf rassetypische Defekte untersucht wurden
 * Problemmerkmale bekannt sind
 * keine tierschutzwidrigen Eigenschaften vererbt werden
  • Merkblatt Nr. 141 (Brachycephalie) beachten – Pflichtlektüre für Züchter
  • Jeder Züchter ist verantwortlich für:
 * Gesundheitszustand
 * Ausdrucksverhalten
 * langfristige Lebensqualität der Tiere

Zielsetzung der Zucht (aus Tierschutzsicht)

  • Zucht soll keine Marktanpassung, sondern Verbesserung der Art sein
  • Kriterien:
 * Vitalität
 * Schmerzfreiheit
 * normales Verhalten & Kommunikation
  • Ablehnung des „Kindchen-Schemas“ als Zuchtkriterium

Wirbelsäule, Schwanzdefekte, Bewegung & EU-Heimtierausweis

Weitere Qualzuchtmerkmale

  • Schädelanatomie (z. B. Mops, Perser):
 * Runder Kopf, große Augen, kurzer Kiefer, deformierte Nase & Gaumensegel
 * → führen zu chronischem Leiden, v. a. Atemnot & Fütterungsproblemen
  • Kurze Gliedmaßen (z. B. Dackel, Corgi):
 * Gefahr von Bandscheibenvorfällen (v. a. bei genetisch bedingter Chondrodysplasie)
 * Schmerzen meist ab mittlerem Alter
  • Schwanzverkürzung (z. B. bei Bulldoggen, Boston Terrier):
 * Teils genetisch veranlagt, teils durch Zucht auf stumpfe Ruten
 * In schweren Fällen:
   * Innenwachstum des Schwanzes in den Enddarmbereich
   * Folge: Schmerzen, Probleme beim Kotabsatz
  • Fellproblematik:
 * Übermäßige oder fehlende Behaarung führt zu:
   * eingeschränkter Thermoregulation
   * erhöhtem Pflegeaufwand
   * Hautproblemen
 * → Hinweis auf Merkblatt Nr. 141 („Brachycephalie und Qualzucht“)

Gesetzliche Grauzone: EU-Heimtierausweis

  • Bei qualzuchtbedingten Veränderungen (z. B. bei Reiserouten) fehlt gesetzliche Handhabe
  • Es besteht eine Lücke im EU-Heimtierausweis-System:
 * Tierschutzaspekte sind dort nicht explizit geregelt
 * Trotz TierSchG: keine systematische Kennzeichnung von Qualzuchtmerkmalen
  • Diskussion im Vortrag vertagt („spreche ich gleich noch dazu“) – wichtig für Zukunftsregulierung

Bewegung als Tierschutzkriterium

  • Zitat:
 > „Das Schlimmste ist keine Bewegung. Das ist das Schlimmste überhaupt.“
  • Implizite Forderung:
 * Tiere müssen in der Lage sein, sich normal zu bewegen
 * Bewegungsverhinderung = massiver Tierschutzverstoß

Veterinäramt, Betretungsrechte & Hygiene

Auskunfts- und Mitwirkungspflichten (§ 16 TierSchG)

  • Betriebe unterliegen einer gesetzlich verankerten Auskunfts- und Unterstützungspflicht
  • Verpflichtung zur:
 * Erteilung relevanter Auskünfte auf Anfrage
 * Vorführung von Tieren
 * Einsicht in geschäftliche Unterlagen
 * Zugang zu Räumen und Behältnissen, in denen Tiere gehalten werden

Betretungsrechte des Veterinäramts

  • Veterinärämter dürfen:
 * Grundstücke, Geschäftsräume und Transportmittel tagsüber ohne Voranmeldung betreten
 * Wirtschaftsgebäude besichtigen
 * auch ohne ausdrückliche Genehmigung, wenn gesetzlich gedeckt
  • In dringenden Fällen (§ 16 Abs. 2a TierSchG):
 * Betretung auch nachts, an Feiertagen und Wochenenden
 * auch Wohnräume, wenn Gefahr für Tiere besteht
 * teils ohne richterlichen Beschluss – wird aber zur Absicherung häufig eingeholt

Kontrollrealität – Landwirtschaft vs. Tierschutz

  • In landwirtschaftlichen Betrieben:
 * Durchschnittliche Kontrolldichte sehr gering (ca. alle 20–25 Jahre)
 * Ursachen:
   * Mangel an Personal
   * priorisierte Risikobetriebe
  • Kontraste:
 * Bei Tiertransporten oder Tierschutzfällen häufigere Kontrollen
 * Relevanz von Risikofaktoren, Vorverstößen oder Haltungsform

Animal Hoarding & Zugriffsrecht

  • Animal Hoarding nimmt zu
 * Fälle mit 90+ Katzen oder 50+ Hunden in Wohnungen
  • Tierhalter verweigern oft Auskunft („Habe keine Tiere“)
  • Veterinäramt darf auch ohne richterliche Anordnung:
 * Zugriff auf Grundstücke und Räume
 * besonders bei Gefahr im Verzug

Tierhalterinformation (Empfehlung)

  • Gesetzlich vorgeschrieben nur für den gewerblichen Handel
  • Empfehlung:
 * Auch Züchter und Tierheime sollten schriftliche Hinweise mitgeben
 * Inhalt: Haltungsempfehlungen, Gesundheitsaspekte, Verhalten
 * kein Prüfungsstoff, aber Best Practice

Einstieg in das Thema Hygiene

Zielsetzung

  • Fokus: Infektionskrankheiten
  • Ziel: Übertragung durch Hygienemaßnahmen verhindern, Leben retten

Krankheitserreger: Vier Gruppen

  • Viren:
 * Tollwut, Parvovirose, Staupe, Herpes
  • Bakterien:
 * Leptospiren (Hunde)
 * Mykoplasmen (bei Katzen relevant)
  • Pilze:
 * Mikrosporum (v. a. bei Katzen aus warmen Regionen)
 * latente Träger → Übertragung auf Menschen möglich
  • Parasiten (folgt im nächsten Abschnitt?)

Praxisrisiko: Hautpilze

  • Tiere oft symptomfrei – besitzen Antikörper
  • Menschen (z. B. neue Halter:innen) können dennoch erkranken
  • Besonders kritisch bei Berufen mit Hautkontakt (z. B. Ergotherapie)

Parasiten – Innen, Außen & Zoonosen

Parasitenklassen im Überblick

Grunddifferenzierung:

  • Innenparasiten: z. B. Rundwürmer, Bandwürmer, Einzeller (z. B. Giardien, Babesien)
  • Außenparasiten: z. B. Flöhe, Zecken, Milben, Haarlinge, Lausfliegen
  • Deutscher Begriff: „Schmarotzer“ – leben auf Kosten des Wirts, ohne ihn sofort zu töten

Pilze – oft vergessen, aber prüfungsrelevant

  • Pilze werden in mündlichen Prüfungen häufig übersehen
  • Beispiel: Hautpilze bei Katzen aus warmen Regionen (Mikrosporum)
  • Übertragungsrisiko auf Menschen – relevant für Tierheime und Pflegekräfte (z. B. Hebammen)

Giardien – weit verbreitet & zoonotisch

  • Hochinfektiöse Einzeller mit Übertragung über Kot, Näpfe, Wasserschüsseln
  • Resistenz: Oozysten monatelang infektiös
  • Zoonose: Übertragung Hund ↔ Mensch möglich
  • Relevanz v. a. bei Welpen, Tierheimen, Katzencafés, Großstadthaltung

Babesien – tödlich bei Erstkontakt (Hundemalaria)

  • Vorkommen: Süd- und Osteuropa
  • Übertragung durch Zecken
  • Gefahr bei Importhunden ohne Vorkontakt → Letalität möglich in wenigen Tagen
  • Praxisbeispiel: 2022 viele Todesfälle in Potsdam

Weitere Einzeller mit Prüfungsrelevanz

  • Leishmanien – Zoonose, relevant im Auslandstierschutz
  • Toxoplasmen – besonders bei Katzen, Hinweis für Schwangere: keine automatische Entfernung der Katze notwendig

Rund- und Plattwürmer – Unterschiede & Übertragung

Rundwürmer (z. B. Spulwurm):

  • Querschnitt rund („Spaghetti“)
  • Direkte Übertragung Tier ↔ Tier
  • Übertragung auch über Muttermilch möglich → Welpen direkt infiziert

Plattwürmer (z. B. Bandwurm):

  • Querschnitt abgeplattet („Band“)
  • Brauchen immer einen Zwischenwirt:
 * Flöhe
 * Nager (v. a. Mäuse)
  • Hinweis: Freilaufende Katzen besonders gefährdet

Prüfungsrelevanz

  • Überblick über Parasitenformen ist zentraler Prüfungsinhalt
  • Einzelwissen nützt nur, wenn Einordnung gelingt
  • Wichtig: Übertragungswege, zoonotisches Potenzial, Unterschiede in Fortpflanzungsstrategien

Zoonosen, Desinfektion & Biozidrecht

Zoonosen – Definition & Beispiele

Zoonosen sind Infektionskrankheiten, die zwischen Tier und Mensch übertragbar sind. Typische Vertreter:

  • Tollwut – bei Hunden/Katzen in Deutschland kaum noch, aber Risiko durch:
 * Auslandseinschleppung
 * Fledermäuse
  • Giardien – parasitärer Einzeller, häufig bei Jungtieren, zoonotisch
  • Leptospirose – bakterielle Zoonose, besonders bei Hunden
 * Übertragung über kontaminierte Gewässer
 * Gefahr für Menschen: Nierenversagen, Todesfälle im Berliner Raum
  • Hautpilze – z. B. Mikrosporum bei Katzen, Meerschweinchen
  • Grabmilben – keine klassische Zoonose, aber wechselseitige Übertragung möglich

Infektionsketten & Hygiene

  • Infektionsketten müssen aktiv unterbrochen werden
  • Maßnahmen:
 * Verdachtsbehandlung
 * Hygiene
 * Informationsweitergabe bei Tierhaltung in Pflege-/Altenheimen
  • Appell: Zoonosen ≠ „Zoo-Krankheiten“, sondern relevante Alltagsgefahr

Desinfektion – Biozidprodukte richtig wählen

  • Biozide = chemische Wirkstoffe zur Bekämpfung von Schadorganismen
 * Beispiele: Desinfektionsmittel, Köderpasten
  • Problem:
 * Hersteller werben mit „99,9 % Wirksamkeit“
 * Aber: evtl. gerade *nicht* wirksam gegen den gesuchten Erreger
  • Lösung:DVG-Liste

DVG-Liste – Prüfungsrelevantes Wissen

  • Herausgeber: Deutsche Veterinärmedizinische Gesellschaft (DVG)
  • Auflistung geprüfter Desinfektionsmittel:
 * Nach Erregerspektrum sortiert:
   * behüllte/unbehüllte Viren, Bakterien, Pilze, parasitäre Einzeller
  • Zwei Varianten:
 * für Tierhaltung
 * für tierärztliche Praxis/Tierheime
  • Anwendung:
 * Beispiel: Verdacht auf Parvovirose → gezieltes Mittel nachschlagen
 * Ziel: wirksame Seuchenhygiene, kein blindes Desinfizieren

Prüfungsmerksätze

  • „VG-Liste ins Internet eingeben“ genügt als Prüfantwort
  • Dosierung muss nicht auswendig gewusst werden
  • Wissen über Erregerklassen (Bakterien, Pilze, Parasiten) entscheidend

Biozidprodukte & Kennzeichnungspflicht

  • Kennzeichen: „BAuA-Registriernummer“ auf dem Produkt
 * Herausgeber: Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA)
 * Format: „N-123456“
  • Warnung: Biozidprodukte ≠ harmlos
 * Tötende Wirkung = Gefahr für Haustiere und Menschen bei Fehlgebrauch
 * Gefahrenhinweise und Dosierungen strikt einhalten

Alles-rein-alles-raus & Hygiene in Tierheimen

Hygieneprinzip „Alles-rein-alles-raus“

  • Prüfungsrelevantes Hygienekonzept zur Vermeidung von Infektionsketten
  • Praxis aus der Landwirtschaft (z. B. Geflügelmast):
 * Komplette Entfernung des Altbestands
 * Reinigung, Desinfektion, Neueinstreu
 * erst danach Neueinstallung des Bestands
  • Keine Mischung von alten und neuen Tieren
  • Ziel: Infektionsfreiheit und Hygienekontrolle

Umsetzung im Tierheimkontext

  • Idealfall auch für Tierheime oder Zuchtanlagen
  • Bei Neueinzug:
 * Nur nach vollständiger Desinfektion
 * Kein Kontakt zu Alttieren
  • Komplikationen:
 * Platzmangel
 * laufender Betrieb
 * Notaufnahmen/Abgabetiere

Sonderfall: Urlaubsbetreuung im Tierschutzbetrieb

  • Schwierigkeit: Tiere können weder vermittelt noch abgegeben werden
  • Veterinärämter fordern ggf. Hygienepläne mit Minimierungsstrategie
  • Mögliche Maßnahmen:
 * Gruppierung nach Herkunft oder Kontaktstatus
 * zeitliche oder räumliche Trennung
 * Minimierung von Überschneidungen bei Auslauf, Betreuung, Versorgung

Praktische Empfehlungen

  • Reduzierung von Wechselfrequenz (nicht alle Tiere täglich mischen)
  • Planvolle Gruppenführung (zeitlich oder räumlich differenziert)
  • Infektionsträger isolieren (eigener Raum, eigenes Equipment)
  • Tierarztkontakt bei Unsicherheit über Zoonosen (z. B. Leishmaniose)

Spannungsfeld: Hygiene vs. Tierschutz

  • Kollision zwischen:
 * Hygienischer Isolation
 * und dem sozialen Bedürfnis der Tiere
  • Beispiel: Hund mit Leishmaniose → Diskussion über Gruppentrennung
  • Empfehlung:
 * Differenzierte Risikoabschätzung
 * Tierärztliche Begleitung
 * Einzelfallbeurteilung

Gruppenhaltung, Hygiene & Praxisdilemmata

Einzelhaltung trotz Gruppenhaltungspflicht

  • Grundsatz: Hunde sollen sozial in Gruppen gehalten werden
  • Ausnahme bei:
 * Infektionsrisiken
 * Verhaltensauffälligkeiten
  • Juristisch erlaubt durch das Prinzip „grundsätzlich = mit Ausnahme“
  • Sichtkontakt + Betreuung als Mindestmaß
  • Ziel: Abwägung zwischen Sozialbedürfnis und Gefahrenschutz

Praxisdilemma in Tierheimen

  • Fallbeispiel:
 * Tier gilt als „gesund“, verhält sich aber problematisch in Gruppen
 * Tierheimleitung steht zwischen Gruppenzwang und Schutzpflicht
  • Lösungsmöglichkeiten:
 * Einschaltung verhaltenskundlich geschulter Personen
 * Partnerwahl nach Sozialkompetenz
 * Einzelfallprüfung statt Standardlösung

Prüfungswissen: „Alles-rein-alles-raus“ & Zwischenprinzip

  • Wiederholung:
 * Alte Tiere raus, dann Reinigung/Desinfektion → neue Tiere rein
 * Keine Mischung alter & neuer Tiere
  • Zwischenlösung:
 * Zwischenentseuchung möglich, aber nicht gleichwertig
  • Prüfungsrelevant:
 * Auch in schriftlicher und mündlicher Prüfung

Rechtliche & wirtschaftliche Grenzen der Umsetzung

  • Viele Tierheime wissen, wie es fachlich richtig wäre
 * Aber: finanzielle Mittel, Personal und Infrastruktur fehlen
  • Beispiel:
 * Vermeidung infektiöser Gruppenzusammenführung → oft nicht realisierbar
 * Frage nach Haftung im Fall von Fehlvergesellschaftung
  • Dozent: „Die Praxis beißt sich mit der Theorie.“

Hygienemaßnahmen zur Risikominderung

  • Füßlinge beim Wechsel zwischen Katzengruppen (z. B. bei Giardien)
  • Alternativ: getrenntes Personal
  • Ziel: Minimierung von Keimverschleppung durch Personal

Fazit & Realitätsabgleich

  • Tierheimleitung muss zwischen Schutzpflicht, Sozialbedürfnis & Umsetzbarkeit navigieren
  • Gesetz bietet Ausnahmen, verlangt aber Dokumentation und Begründung
  • Prüfungsbezug bleibt: fachlich wissen, pragmatisch denken, juristisch begründen

Desinfektion in der Tierhaltung

Schwarz-Weiß-Prinzip in Tierhaltungen

  • Einteilung in:
 * „Schwarzbereich“: außenliegend, unsauber (z. B. Zugang, Außenbereiche)
 * „Weißbereich“: desinfizierter Innenbereich (Eintritt nur mit Schutzkleidung, Händedesinfektion etc.)
  • Ziel: Trennung von unreinen und sauberen Zonen, Vermeidung von Keimverschleppung

Grundregel: „Reinigung vor Desinfektion“

  • Reinigung = mechanisches Entfernen von Schmutz, Futterresten, Kot
  • Desinfektion = chemische Inaktivierung von Krankheitserregern
  • Reihenfolge ist entscheidend:
 * Nur trockene, saubere Flächen desinfizieren
 * Sonst: → Eiweißfehler

Eiweißfehler – typischer Wirkungsverlust

  • Desinfektionsmittel wirken auch auf:
 * Eiweiße in Kot, Futterresten oder Einstreu
  • Folge:
 * Mittel wird „verbraucht“, bevor es Erreger erreicht
 * → Keine tiefenwirksame Desinfektion möglich
  • Lösung:
 * Vorreinigung, Trocknung, dann gezielte Anwendung

Auswahl & Anwendung von Desinfektionsmitteln

  • DVG-Liste nutzen (erregerspezifische Wirksamkeit)
  • Auf Konzentration & Einwirkzeit achten:
 * z. B. 4 % Lösung = 40 ml Konzentrat + 960 ml Wasser
 * → ergibt 1 l Gebrauchslösung
  • Unterscheidung:
 * Fertiglösungen (teurer, sofort einsatzbereit)
 * Konzentrate (günstiger, Mischung erforderlich)

Einwirkzeit & Kontaktvermeidung

  • Nicht vorzeitig entfernen!
  • Beispiele:
 * 15, 30 oder 60 Minuten – laut Herstellerangabe oder DVG-Liste
  • Wichtig:
 * Tiere erst nach Ablauf der Einwirkzeit wieder in Raum lassen
 * ggf. Klarwasserspülung bei aggressiven Mitteln (z. B. Aldehyden)

Bodenbeschaffenheit & Hygienetauglichkeit

  • Ideal:
 * Glatte, fugenarme, desinfizierbare Untergründe
 * Fliesen (mit Einschränkungen), Kunststoffe
  • Problematisch:
 * Raues Holz, offene Fugen, poröse Materialien
  • Hinweis: Desinfektion auf Holz nur in Ausnahmefällen wirksam

Prüfungsrelevante Faustformeln

  • „Reinigung vor Desinfektion“ = Standardfrage
  • Eiweißfehler kennen & erklären
  • Konzentrationsmischung exemplarisch herleiten können
  • Weiß-/Schwarz-Prinzip benennen können
  • Bodenbeschaffenheit kritisch beurteilen

Quarantäne & Desinfektionsgrenzen

Desinfektion bei Ausläufen & Naturmaterialien

  • Gras & natürlicher Bodengrund sind nicht desinfizierbar
  • Hilfsmittel:
 * Kalkbrand (Vorsicht: nur nach Abbinden betreten → Verbrennungsgefahr)
 * Austausch des Bodens: 0,5–1 m Tiefe abtragen
 * Vorab-Materialwahl: besser entfernbare Beläge (z. B. Holzschnitzel, Rindenmulch – dennoch problematisch)

Thermische & physikalische Verfahren

  • Heißwasser (Kärcher über 60 °C) zur Reduktion von z. B. Giardien
 * Wirkung begrenzt: keine Tiefenwirkung
  • Ozon & UV-Bestrahlung: reduziert Erreger, aber limitiert bei Textilien und porösen Materialien
  • Textilien (z. B. Decken, Kissen, Kratzbäume):
 * nur sinnvoll bei Waschbarkeit ≥ 60 °C
 * sonst: Entsorgung
  • Trink- & Fressnäpfe separat waschen, Kreuzkontamination vermeiden

Parvovirose als Extremfall

  • Sehr resistenter Erreger
  • Beispiel: Zuchtstätten mussten neu aufgebaut werden, da Desinfektion scheiterte
  • Vorbeugend: Materialien & Böden bei Planung berücksichtigen

Quarantäne – Definition & Umsetzung

  • Prüfungsrelevant – schriftlich & mündlich
  • Definition:
 > „Zeitlich befristete Absonderung von Tieren, die unter dem Verdacht stehen, infektiös zu sein.“
  • Nicht identisch mit Krankenstation:
 * Quarantäne = Verdacht
 * Krankenstation = bestätigte Krankheit
  • Tiere mit fehlender Anamnese gelten als potenziell infektiös
  • Ziel: Einschleppung und Verbreitung von Erregern verhindern
  • Begriff stammt historisch von der „quaranta giorni“ (vierzig Tage) in Venedig während der Pestzeit

Inkubationszeit als Quarantänezeitmaßstab

  • Zeitraum zwischen Infektion & Ausbruch → definiert Quarantänedauer
  • Beispielwerte:
 * 7 / 10 / 14 / 21 Tage – abhängig vom Erreger
  • Besonders relevant bei:
 * geschwächten, gestressten oder transportierten Tieren

Prüfungsfragen (Beispiele)

  • Warum ist Gras nicht desinfizierbar?
  • Wie funktioniert Quarantäne praktisch & juristisch?
  • Was unterscheidet Quarantäne von einer Krankenstation?
  • Wie kann man Giardien ohne Chemie eindämmen?
  • Warum ist Parvovirose so gefährlich?

Tierarzneimittel & Stationslogik

Abgrenzung: Quarantäne, Krankenstation, Isolierstation

  • Quarantäne:
 * Tiere mit unklarer Anamnese oder Verdacht auf Infektion
 * Ziel: Einschleppung vermeiden (z. B. nach Aufnahme, Fund, Auslandstier)
  • Krankenstation:
 * Tiere mit bestätigter Erkrankung, aber nicht hochansteckend
  • Isolierstation:
 * Hochinfektiöse Tiere (z. B. Parvovirose, Staupe, Tollwutverdacht)
 * Separater Bereich mit strikter Hygiene und Zutrittskontrolle
  • → Diese Differenzierung ist mündlich prüfungsrelevant

Tierarzneimittel – Klassifikation & Rechtslage

  • Zulassungspflicht:
 * Tierarzneimittel müssen zugelassen sein oder  
 * Humanarzneimittel dürfen nur verwendet werden, wenn keine Alternative für Tiere existiert
  • Drei Kategorien nach Verfügbarkeit:
 * Frei verkäuflich  
   * z. B. Wurmmittel, Pflegemittel  
   * erhältlich im Handel, Tierarzt, Apotheke, Landhandel  
   * Achtung: nicht automatisch ungefährlich
 * Apothekenpflichtig  
   * nur über Apotheke oder Tierarzt  
   * Tier muss nicht zwingend vorher vorgestellt worden sein
 * Verschreibungspflichtig  
   * nur nach tierärztlicher Untersuchung und Anweisung  
   * Beispiel: Antibiotika, Impfstoffe, bestimmte Schmerzmittel

Antimikrobielle Tierarzneimittel (seit 2022)

  • Alle antimikrobiellen Wirkstoffe (bakteriell, antiviral, antifungal, antiparasitär) sind:
 * verschreibungspflichtig, auch für Heimtiere
 * nur über Tierarzt mit schriftlicher Behandlungsanweisung zu beziehen
  • Vorratskäufe oder Altbestände rechtlich unzulässig

Anwendungsvorschriften

  • Tierhalter dürfen verschriebene Medikamente nur nach Anweisung des Tierarztes verabreichen
  • Behandlungsanweisung = z. B. Dosierung, Frequenz, Dauer
  • Eigeninitiative oder „Import“ (z. B. Bestellung aus Australien) ist illegal

Nachweis- und Dokumentationspflichten

  • Geregelt in: Tierhalter-Arzneimittel-Anwendungs- und Nachweisverordnung
  • Gilt für:
 * Tierheime
 * gewerbliche Haltung
 * Pflege auf fremde Rechnung
  • Pflicht:
 * Aufbewahrung von Rezepten/Rechnungen für verschreibungspflichtige Mittel
 * 5 Jahre Nachweisführung
 * Vorlage bei Behördenkontrolle

Prüfungsrelevante Aspekte

  • Unterschiede zwischen frei verkäuflich, apothekenpflichtig, verschreibungspflichtig
  • Warum sind auch frei verkäufliche Arzneimittel nicht automatisch sicher?
  • Welche rechtlichen Konsequenzen hat Eigenbezug oder Import?
  • Was regelt die Tierhalter-Arzneimittel-Anwendungs-VO konkret?

Mikrochip-Kennzeichnung & EU-Recht

Technische Grundlagen der Kennzeichnung

  • Heimtiere (insb. Hunde) werden durch implantierbare Mikrochips gekennzeichnet
  • Transponder senden eine 15-stellige individuelle Nummer
  • Nummer dient:
 * Identifikation des Tieres
 * Eintragung im Heimtierausweis
 * ggf. Zuordnung zu Registrierdatenbanken (z. B. TASSO, FINDEFIX)

EU-Heimtierausweis & gesetzliche Einschränkungen

  • Chippen für EU-Heimtierausweis darf nur durch registrierte Tierärzt:innen erfolgen
  • Registrierung erfolgt beim Veterinäramt
  • Hintergrund: EU-Verordnung schreibt dies zwingend vor
  • Selbstchippen (durch Halter, Pflegestellen etc.) ist hier nicht erlaubt

Unklare Lage beim „normalen“ Heimtierausweis

  • Gesetzliche Lücke: Chippen für nicht-EU-Ausweise ggf. nicht explizit geregelt
  • Möglicherweise rechtlich erlaubt, sofern Tierarzt, Veterinäramt und Halter zustimmen
  • Aber: erhebliche Haftungs- und Verletzungsrisiken bei unsachgemäßer Implantation

Versäumnis der Züchterverbände bei EU-Anhörung

  • Züchterverbände (z. B. VDH) hätten Möglichkeit gehabt:
 * Verfahren & Schulungen für tierschutzgerechtes Chippen vorzuschlagen
  • Hätten dadurch ggf. Ausnahmeregelung erwirken können
  • Da keine Stellungnahmen eingingen, wurde die EU-Verordnung ohne Ausnahmen erlassen

Tierschutz & Implantationsrisiken

  • Fachlich fundierter Hinweis:
 * Bei unsachgemäßer Implantation besteht Risiko von Nerven-, Gefäß- und Gewebeschäden
  • Besonders bei jungen Welpen problematisch (Größe, Verletzlichkeit)
  • Aussage: „Es ist im Grunde gut, dass das der Tierarzt macht.“

Argumente gegen Selbstchippen

  • Praktisch sinnlos:
 * Heimtierausweise können nicht einfach bestellt werden
 * Ausweise sind ärztlich registriert und nur mit Chipnummer gültig
  • Ohne Tierarzt → kein gültiger Ausweis, keine zentrale Registrierung

Prüfungsrelevante Fragen (Auswahl)

  • Warum darf der EU-Heimtierausweis nur vom Tierarzt ausgestellt werden?
  • Welche Gefahren bestehen beim Setzen von Mikrochips?
  • Gibt es eine gesetzliche Pflicht zur Kennzeichnung?
  • Wie wird ein Chip ausgelesen und registriert?

Tollwut, EU-Heimtierausweis & Transportrecht

Voraussetzung für EU-Heimtierausweis

  • Nur Tierärzt:innen dürfen den EU-Heimtierausweis ausstellen
  • Voraussetzung:
 * Tier muss gechippt sein (Nachweis der Identität)
 * Ohne Mikrochip → keine Tollwutimpfung, kein Ausweis
  • Reihenfolge:
 * Erst Mikrochip setzen
 * Dann Tollwutimpfung
 * Dann EU-Heimtierausweis

Reiseabsicht bestimmt die Ausweispflicht

  • Innerhalb Deutschlands: kein EU-Heimtierausweis nötig
  • Ab grenzüberschreitender Reise (auch Transit): Ausweis verpflichtend
  • Prüfungshinweis: Pflicht ergibt sich aus Reiseabsicht, nicht aus Haltung

Einreisebestimmungen für Welpen (ab 2014)

  • Tollwutimpfung frühestens mit 12 Wochen
  • Wartezeit bis zur Gültigkeit: 21 Tage
  • Einreise erst ab 15 Wochen erlaubt
  • Frühere Ausnahme („geimpfte Mutter“) nicht mehr gültig
  • Gilt für: Hunde, Katzen, Frettchen
  • Auch Ausreise aus Deutschland erst ab 15 Wochen zulässig

Tötungsverbot bei Tollwutverdacht & Behandlungsverbot

  • Tieren mit Tollwut oder Tollwutverdacht darf nicht geimpft oder behandelt werden
  • Hintergrund: Schutz der Tierärzt:innen vor lebensbedrohlicher Infektion
  • Beim Menschen ist Impfung nach Exposition erlaubt, bei Tieren nicht

Epidemiologische Lage: Tollwut nicht vergessen

  • Deutschland: terrestrische Tollwut ausgerottet, Fledermaustollwut weiterhin existent
  • Osteuropa: hohes Risiko
 * Regelmäßige Fälle in: Türkei, Ukraine, Rumänien, Polen, Balkan, Russland
  • Probleme:
 * Fehlende flächendeckende Impf- & Kastrationsprogramme
 * Hohe Zahl an Streunern
  • Beispiel: Fall in Bremen – Welpe mit Tollwut aus der Türkei eingeschleppt

Infektionsweg & Verhaltenstipps

  • Hauptübertragungsweg: Biss
  • Ausnahmefälle: Kontakt mit Ausscheidungen (z. B. Kot)
  • Achtung bei verhaltensauffälligen Fledermäusen:
 * Tagsüber fliegend oder am Boden liegend → potenziell infiziert
  • Hunde/Katzen nicht mit auffälligen Wildtieren in Kontakt bringen

Rechtsquellen für Tiertransporte (ab 65 km)

  • EU-Verordnung 1/2005 (Tierschutz beim Transport)
  • Tierschutztransportverordnung (Deutschland, 2009)
  • IATA-Richtlinien (urspr. für Luftfracht, auch von Behörden im Straßenverkehr herangezogen)
 * Regelungen zu Transportboxen, Größe, Belüftung, Sicherheit

Tollwut, Einreise, Tiertransporte

Tollwutimpfung & Heimtierausweis

  • Tollwutimpfung darf nur nach erfolgter Chip-Kennzeichnung erfolgen
  • EU-Heimtierausweis darf ausschließlich durch Tierärzt:innen ausgestellt werden
 * Nur zulässig bei eindeutiger Zuordnung via Chip
  • Impfungen:
 * Frühestens ab 12. Lebenswoche
 * 21 Tage Karenzzeit bis zur vollen Wirksamkeit
 * Daraus ergibt sich: Ein- oder Ausreise frühestens ab 15 Wochen
  • Ohne gültige Tollwutimpfung: keine Aus- oder Einreise erlaubt

Gültigkeit & Pflicht des EU-Heimtierausweises

  • Keine generelle Pflicht – aber Pflicht bei Reiseabsicht
  • Innerhalb Deutschlands nicht erforderlich
  • Notwendig bei:
 * Einreise in EU-Länder
 * Transit durch Drittstaaten
  • Prüfungsrelevant: Abgrenzung innerstaatlicher vs. grenzüberschreitender Vorschriften

Praktische Implikationen für Züchter

  • Frühabgabe mit 9 Wochen kollidiert mit Einreiseverbot
  • Tollwutimpfung + Karenzzeit → erst ab 15 Wochen transportfähig
  • Auch Einreise mit geimpfter Mutterhündin nicht mehr erlaubt
  • Folge: Welpen müssen eigenständig geimpft sein
  • Relevanz für:
 * Zuchtbetriebe
 * Auslandstierschutz
 * Pflegestellen und Vermittlung

Tödlichkeit & Therapie der Tollwut

  • Zoonose: Zwischen Tier und Mensch übertragbar
  • Beim Tier: immer tödlich, keine Therapie erlaubt
 * Auch keine Impfung nach Infektion
  • Beim Menschen: Postexpositionsimpfung möglich
  • Gesetzliches Behandlungsverbot beim Tier
 * Vermutlich zum Schutz des tierärztlichen Personals

Epidemiologische Lage in Europa

  • Deutschland seit den 80ern tollwutfrei bei Landtieren (terrestrisch)
  • Erfolgreich durch Impfköderaktionen
  • Fledermäuse weiterhin Träger – Impfbarrieren greifen hier nicht
  • In Nachbarstaaten (v. a. Balkan, Ukraine, Türkei, Rumänien):
 * Häufige Fälle
 * Kaum Kastrations-/Impfkampagnen
 * Tötungen ohne nachhaltigen Effekt
  • Beispiel: Tollwutfall nach Import eines Welpen aus der Türkei → komplette Tierarztpraxis musste nachimpfen

Übertragungswege Tollwut

  • Hauptweg: Biss
  • Selten: Ausscheidungen (z. B. Speichel, Kot)
  • Auch durch Kontakt mit infizierten Fledermäusen möglich (z. B. über Kot)
 * Berichte über Infektionen bei Höhlenforschern

Tiertransporte – Rechtliche Grundlagen

  • Gültig für Transporte ab 65 km Distanz
  • Relevante Regelwerke:
 * EU-Tierschutztransportverordnung Nr. 1/2005
 * Tierschutztransportverordnung (Deutschland, 2009)
 * IATA-Richtlinien (v. a. für Flugtransporte, aber auch auf Boxen im Kfz angewendet)
  • Prüfungswissen: Diese Quellen müssen bekannt und benennbar sein

Prüfungsrelevante Kernaussagen

  • Kein Heimtierausweis ohne Chip
  • Kein EU-Ausweis ohne Tierarzt
  • Kein Transport ohne gültige Tollwutimpfung
  • Tollwut = Behandlungsverbot beim Tier
  • Mindestalter für Auslandsreise: 15 Wochen
  • Chip → Tollwutimpfung → 21 Tage Wartezeit → Heimtierausweis → Reise
  • Tiertransporte ab 65 km = zusätzliche Rechtsnormen

Auslandstierschutz, TRACES & Handelsrecht

Tierimport aus dem Ausland

  • 48h vor Abreise: klinische Untersuchung durch praktizierende:n Tierärzt:in → Tier ist reisetauglich
  • 24h vor Abreise: amtstierärztliche Bescheinigung → TRACES-Zertifikat wird ausgestellt
  • TRACES = elektronisches EU-Datenbanksystem für Tiertransporte (nur innerhalb EU funktionsfähig)
  • Drittstaaten wie Türkei, Kasachstan, etc. → TRACES erst bei Ankunft an EU-Grenze möglich
  • Sonderfälle: Einige Drittstaaten (z. B. Belarus) haben TRACES implementiert

Verfahren bei Flug- oder Landreise aus Drittländern

  • Flugzeug: Meldung an Grenzveterinärdienst am Zielflughafen (z. B. Berlin) im Voraus
  • Grenze per Auto: Grenzkontrollstelle ansteuern – keine „grüne Grenze“!
  • Amtliche Meldung und TRACES-Anmeldung erfolgt durch Grenztierarzt vor Ort

Einreisevoraussetzungen – Heimtierausweis & Tollwut

  • Transpondernummer (Mikrochip) muss im Heimtierausweis eingetragen sein
  • Tollwutimpfung:
 * Mindestens 21 Tage alt
 * Gültigkeit nach Herstellerangaben (1–3 Jahre)
 * Muss im Ausweis dokumentiert sein

Rechtsgrundlagen & Prüfungsrelevanz

  • Auslandstierschutz ist ein eigener Schwerpunkt in der Prüfung
  • Gültige EU-Rechtsgrundlagen:
 * Durchführungsverordnung (EU) 2021/404 – listet zugelassene Drittstaaten
 * Delegierte Verordnung (EU) 2019/2035 – Zulassungspflicht für Tierheime, Sammelstellen, Tierschutzvereine
 * TVT-Merkblatt 193 – zur Altersbestimmung, kein Prüfungsstoff, aber als Fachquelle erwähnenswert
  • Veterinärbescheinigungen gemäß 2019/2035 müssen Tiere begleiten

Abgrenzung Tierschutz vs. Handelsrecht

  • Vermittlung von Tieren aus dem Ausland gilt rechtlich als wirtschaftliche Tätigkeit
 * Höchstrichterlich bestätigt (Urteil 2020)
  • Verpflichtung zur Betriebsregistrierung
  • Konsequenzen:
 * Zuständigkeit beim Handelsrecht, nicht mehr nur Tierschutz
 * Erfassung über TRACES
 * Dokumentationspflichten

Dimension des Problems: illegale Einfuhren

  • Über 100.000 gewerblich eingeführte Hunde pro Jahr (offiziell)
  • Vermutete Dunkelziffer: 3–4× höher
  • Warnung des BMEL: Gefahr durch illegalen Welpenhandel
  • Forderung: Einhaltung der Einfuhr-, Impf- und Meldepflichten

Prüfungsnotizen & Sonderfälle

  • Keine Einfuhrverweigerung bei kupierten Tieren, wenn sie legal eingeführt wurden
  • Tiere sind nicht schuld – auch bei Tierschutzbedenken (z. B. Herkunft Bulgarien) ist Einfuhr möglich
  • Wichtig: Bescheinigungen, Registrierungen, Impfnachweise, TRACES-Protokolle

Prüfungsrelevante Fragen (Auswahl)

  • Wie funktioniert die TRACES-Anmeldung bei Einreise aus Drittstaaten?
  • Welche gesetzlichen Grundlagen gelten für Auslandstierschutz?
  • Was unterscheidet Heimtierausweis, TRACES-Zertifikat und Veterinärbescheinigung?
  • Warum gilt Auslandstierschutz als wirtschaftliche Tätigkeit?
  • Welche Dokumente braucht ein Tier bei Einfuhr aus einem Drittland?

Tierheimpflicht & Flugpatenschaften

Gesetzliche Aufnahmepflicht für Tierheime?

  • Es besteht kein genereller Zwang, Tiere aufzunehmen
  • Maßgeblich ist:
 * Ob ein Vertrag mit Kommune/Veterinäramt/Stadt vorliegt
 * Ob die Aufnahme freiwillig oder im Auftrag geschieht
  • Fazit: Ohne vertragliche Bindung → keine Pflicht zur Aufnahme → keine Tierschutzverletzung

Flugpatenschaften – juristische Einordnung

  • Vermittlungstiere über Flugpaten → rechtlich problematisch
  • Fluggesellschaften nehmen an, das Tier gehöre dem Reisenden → tatsächliche Weitergabe = gewerbliche Vermittlung
  • § 11 Tierschutzgesetz greift, da das Tier nicht beim Flugpaten verbleibt
  • → Erlaubnispflicht für:
 * Den vermittelnden Verein
 * Die Begleitperson, wenn sie regelmäßig handelt
  • Beispiel: Azoren nach Portugal → Flugpatenschaften nicht mehr erlaubt
  • In Deutschland wird dies derzeit kaum kontrolliert, dennoch ist es formal unzulässig

Prüfungsrelevanz

  • Auslandstierschutz = Prüfungsschwerpunkt
  • Flugpatenfrage kann in Prüfungen als Fallbeispiel auftauchen
  • Wichtig: Differenzieren zwischen Eigenbedarf und Weitergabe
  • Rechtliche Argumentationslinie:
 * Vermittlungsabsicht = Erlaubnispflicht
 * Umgehung = unzulässig

Zoom-Audio: Verhaltenslehre I – Domestikation & Verwandtschaft (01.07.2025, 09:03)

Einführung: Hund als Kanide

  • Hund gehört zu den **hundeartigen Raubtieren** (Caniformia), nicht zu den katzenartigen (Feliformia)
  • Spezies: **Canis lupus familiaris**
  • Stammt vom Wolf ab – genaue Domestikationszeitpunkt unbekannt

Domestikation – wissenschaftlicher Streit

  • Frühste Annahmen: **Domestikation vor 100.000 Jahren**
  • Gesichert: mind. **18.000 Jahre** (archäologische Funde)
  • Verlauf vermutlich in mehreren Etappen und geografischen Regionen

Verwandte Arten und Hybridisierungen

  • Enge genetische Verwandtschaft zu:
 * **Fuchs (Vulpes)**
 * **Schakal (Canis aureus)**
  • Hybride mit Hund wurden experimentell erzeugt (nicht in Deutschland)

Krankheitsrelevanz der Verwandtschaft

  • Übertragbare Krankheiten zwischen Wild- und Haushunden:
 * **Parvovirose**
 * **Staupe**
 * **Wurmerkrankungen**
  • Klinische Bedeutung: Erkrankungen beim Fuchs können **epidemiologisch relevant** für Hundebestände sein

Didaktischer Hinweis

  • Heute Einstieg in Verhaltenslehre – Überblicksniveau
  • **Keine Tiefenvermittlung**, sondern Begriffsklärung und Grundstruktur
  • **Infektionskrankheiten** folgen am Folgetag mit Dr. Heidrich

Zoom-Audio: Bewegungsapparat & Verhaltenseinführung (01.07.2025, 09:17)

Orthopädische Sichtdiagnostik

  • Schwerpunktverlagerung zeigt sich an Muskelverhältnissen:
 * **Vorderhandüberlastung** bei Hüftproblemen (HD)
 * **Hinterhandüberlastung** bei Ellbogenproblemen (ED)
  • Sichtbare Indikatoren:
 * Muskulatur asymmetrisch
 * Entlastungshaltung
  • Knochenstruktur erklärt:
 * Schulterblatt, Oberarm, Ellenbogen, Elle/Speiche
 * Lendenwirbelsäule → Becken → Oberschenkel → Knie → Pfote

Kniescheibe und Instabilität

  • **Luxation der Patella** = Kniescheibe gleitet seitlich
  • Führt zu Instabilität, häufig bei kleinen Rassen

Zahnform & Zahngesundheit

  • Zahnformel:
 * I1–I3 (Schneidezähne), C (Eckzahn), P1–P4 (Prämolaren), M1–M3 (Molaren)
  • Häufig fehlend: **P1**
  • Probleme:
 * Milchzahn bleibt → Entzündungsrisiko
 * **Zahnschiefstand = kein echtes Scherengebiss**
 * Zahnstein → **Herzklappenprobleme bei kleinen Rassen**
  • Wichtig: Backenzähne nur schwer einsehbar → Kontrolle nötig

Übergang zur Verhaltensbiologie

  • Verhalten = jede beobachtbare Veränderung (auch Mimik, Geruch, Drüsenaktivität)
  • Menschliche Wahrnehmung **reduziert**:
 * Nase, Ohren, visuelle Reizverarbeitung eingeschränkt
 * Technik nötig zur Objektivierung (Kameras, Sensorik)

Angeboren vs. erworben

  • Historische Extreme:
 * „Alles ist genetisch fixiert“ → Unsinn
 * „Gene haben keinen Einfluss“ → ebenfalls Unsinn
  • Realität: Verhalten ist **interaktiv bedingt**
 * Genetik + Umwelt + Lernen
  • Zucht als Beleg für **vererbbares Verhalten** (z. B. Jagdtrieb, Wachsamkeit)

Ernährung & Verhalten (Randnotiz)

  • Diskussionsteilnehmerin: Zusammenhang zwischen **Nährstoffmangel** und Verhalten
  • Antwort: Ernährung **kann Verhalten beeinflussen**, wird später im Lehrgang vertieft

Zoom-Audio: Verhaltensbiologie II – Kommunikation, Sinne, Sozialisierung (01.07.2025, 09:27)

Angeboren vs. Erworben

  • Verhalten entsteht aus Wechselwirkung von:
 * **Genetik** (Disposition)
 * **Umwelt/Erfahrung** (Erwerb)
  • Anteil variiert je nach Verhaltensweise – individuell schwer quantifizierbar
  • Beispiel Merle-Merle-Zucht: taubblinde Hunde zeigen trotz Sinnesdefizit viele artspezifische Verhaltensweisen (→ stark genetisch fixiert)

Kommunikationskanäle beim Hund

  • „Man kann nicht nicht kommunizieren“
  • Kommunikation erfolgt bewusst + unbewusst über:
 * **Körperhaltung und Bewegung**
 * **Mimik** (z. B. Ohren, Augenbrauen, Lefzen)
 * **Geruchssignale**
 * **Berührung/Taktile Reize** (z. B. Schnauzenstoß, Anrempeln)
 * **Lautäußerungen** (werden hier nicht thematisiert)

Sinneswahrnehmung und soziale Interaktion

  • **Sehen**: Bewegungssehen hoch ausgeprägt, Gesichtserkennung schwach
 → Hund erkennt Mensch an **Bewegungsmuster**, nicht an Gesicht
  • **Riechen**: entscheidend für Näheinteraktion
 → wird meist **nach Sichtkontakt** aktiviert (Windrichtung relevant!)
  • **Hören**: sehr feine Wahrnehmung, selektiv
  • **Tastsinn**: zentral für Sozialverhalten (z. B. Knabbern, Stoßen) und Umweltverarbeitung
 → Sozialisierung auf Untergründe notwendig (z. B. Fliesenangst)

Sozialisierung und Umweltlernen

  • Ziel: Hund an Reize, Sinneseindrücke und Kommunikationsmuster gewöhnen
  • Fehlerhafte oder unzureichende Sozialisierung = späteres Fehlverhalten
  • Praxisbeispiel: Hund „Rexer“ bricht bei neuem Untergrund (Gras/Fliesen) psychisch zusammen

Prüfungsrelevante Aussagen

  • Spielverhalten (z. B. Vorderkörper-Tiefstellung) ist **arttypisch und angeboren**
  • Auch taubblinde Hunde zeigen arttypische Spielsignale → Hinweis auf genetische Codierung
  • Reizverarbeitung erfolgt in **sinnesmodaler Reihenfolge**:
 1. Sehen
 2. Riechen
 3. Tasten
 4. (später Hören)

Kontext-Exkurs

  • Beispiel Grunewald (Berlin): Anforderungen an Stadthunde = genetisch + lernbasiert
  • Zucht muss moderne Umweltbedingungen berücksichtigen

Zoom-Audio: Sinnesphysiologie & Wahrnehmung beim Hund (01.07.2025, 09:37)

Visuelle Wahrnehmung

  • Hunde sind **rot-grün-blind** (dichromatisch)
  • Sehen v. a. Bewegungen, Konturen und Kontraste (nicht Farben)
  • Praxis:
 * Roter Ball auf grüner Wiese = schwer sichtbar für Hund
 * Hund erkennt Mensch an **Bewegungsmuster**, nicht am Gesicht
 * Hunde können sich vor unbewegten Objekten (z. B. Steinlöwen) erschrecken

Olfaktorik (Geruchssinn)

  • Nase = primäres Sinnesorgan beim Hund
  • Beispiele:
 * Trüffelsuche durch Hunde oder Schweine
 * Krebsfrüherkennung (subklinisch, prädiagnostisch)
  • **Pheromone**:
 * Hündin sondert beim Säugen Duftstoffe ab → wirken hormonell
 * Wirtschaft nutzt dies (z. B. Adaptil-Produkte)

Akustik (Hören)

  • Hunde hören bis zu 40 kHz (Mensch max. 20 kHz)
  • Problem:
 * Viele Alltagsgeräte senden **Ultraschall-Signale** (z. B. Türöffner, Lautsprecher, Stand-by-Elektronik)
 * → Ursache für **unerkannte Geräuschangst**
  • Empfehlung:
 * Apps zur Detektion von Ultraschallfrequenzen (z. B. zur Umweltanalyse bei Angsthunden)

Taktiles System (Tastsinn)

  • **Tastrezeptoren** auf Haut & Pfoten
  • **Tasthaare (Vibrissen)**:
 * Hoch innerviert, wichtige Umweltinformationsquelle
 * Vorkommen:
   * Schnauze
   * Zwischen den Zehen
   * Über den Augen, an den Pfoten (z. B. „Warzenpunkt“)
 * Funktion: Untergrundanalyse, Balance, Koordination
 * **Rasur = Verletzung eines Sinnesorgans**
   * In Österreich verboten
   * In Deutschland erlaubt, regional aber abnehmend
  • Praxisfall:
 * Pudel mit nackter Schnauze – Ausdruck tierschutzethischer Debatte

Ethologischer Exkurs: Hund & Wolf

  • Kein Vertiefungsthema im Kurs
  • Hinweis:
 * Wolf und Mensch lebten historisch koexistent
 * Haltung des Dozenten: Zusammenleben mit Wölfen in Deutschland ist möglich – selektive Regulation notwendig

Zoom-Audio: Wolfsverhalten, Rudelstruktur und ethologische Irrtümer (01.07.2025, 09:47)

Wolfsrudel – Aufbau & Altersstruktur

  • Klassisches Rudel: Elterntiere + Nachwuchs verschiedener Jahrgänge
  • Biologische Definition:
 * Alle Jungtiere gelten bis 01.05. des Folgejahres als „Welpen“
 * Danach: Jungtier, später Erwachsener
  • Rudelgröße variiert:
 * Je nach Abwanderungsverhalten 5–20 Tiere möglich
 * Abhängig von Revierverfügbarkeit und Fortpflanzungserfolg
  • Nicht alle Tiere gründen neue Rudel → Einzelgänger analog menschlicher Lebensläufe

Besetzte Gebiete & Populationsdynamik

  • Früher hohe Zuwachsraten (2000–2015)
  • Heute: **Stagnation der Wolfszahlen**
 * Grund: Verknappung unbesetzter Reviere
 * Jungtiere müssen durch andere Rudelreviere wandern → hohe Mortalität

Irrtum: Lineare Rangstruktur mit Alpha-Wolf

  • Ursprung:
 * Beobachtung gestresster **Gehegewölfe** mit unnatürlichem Sozialverhalten
 * Resultat: Fehlannahme linearer Hierarchie (Alpha → Omega)
  • Realität:
 * Natürliche Wolfsrudel zeigen **kooperative, harmonische** Strukturen
 * Versorgung verletzter Rudelmitglieder belegt
 * Rudel = Familie, nicht Konkurrenzverband
  • Aber: **Aggression gegen fremde Wölfe** ist real und teils tödlich

Hundeverhalten – Querbezüge aus Wildtierethologie

  • Klassisches Kanidenverhalten:
 * Revierverhalten: Territorium wird gegen gleichgeschlechtliche Rivalen verteidigt
 * Koexistenz unkastrierter Rüden im engen Raum (Stadt, Hundeplatz) = **biologisch untypisch**
  • Zuchtproblem:
 * Deckrüden häufig **nicht selektiert nach Sozialverträglichkeit**
 * Folge: Erhöhte Aggressionsrate gegenüber Rüden
  • Dozent fordert:
 * **Härtere Selektionskriterien**, wenn Hunde in dichten Sozialräumen gehalten werden sollen

Prüfungsrelevanz

  • Thema laut Dozent **nicht direkt prüfungsrelevant**
  • Aber:
 * Für Fachgespräche, Argumentationstrainings und Beratungsgespräche mit Haltern extrem nützlich
 * Relevanz für:
   * Hundeverhalten
   * Rudelhaltung
   * Sozialverträglichkeit in Mehrhundehaltung

Zoom-Audio: Sozialstruktur beim Wolf – Rückschlüsse für Hundehaltung (01.07.2025, 09:47)

Wolfsrudel: Aufbau und Variabilität

  • Klassisch: Muttertier + Vatertier + Nachwuchs = Familienverband
  • Welpenstatus (biologisch) bis **1. Mai des Folgejahres**, unabhängig von Größe oder Entwicklungsstand
  • Jungtiere verbleiben i. d. R. **1–3 Jahre** im Rudel, bevor sie abwandern
  • Rudelgröße variiert stark – bis **20 Tiere** möglich bei mehreren Jahrgängen
  • Es gibt auch **Einzelgänger** oder abweichende Strukturen (z. B. mehrere erwachsene Rüden, Tiere verbleiben dauerhaft)

Einfluss des Lebensraums

  • Unterschied 2000 vs. 2025: Großteil der Gebiete (z. B. Brandenburg) mittlerweile besetzt
  • Folge: Abwanderung **junges Wolfes** durch besetzte Gebiete = geringere Überlebenswahrscheinlichkeit
  • Population **stagniert**, nachdem sie lange stark gewachsen ist

Falsche Mythen: Dominanzstruktur im Rudel

  • Irrtum: „Alpha-Wolf“-Modell mit linearer Hackordnung (Chef → Omega)
 * Ursprung: Beobachtung **gefangener Gehegewölfe** unter Zwang
 * Realität: In der Natur herrscht **Kooperation**, **Versorgung verletzter Tiere**, **Harmonie** im Rudel
  • Beispiel:
 * Verletzter Wolf mit Beinbruch wird **über Wochen mitversorgt**

Aggression und Todesursachen

  • Innerhalb des Rudels: **sozialer Friede**
  • Außerhalb: **hohe Aggressivität**
 * Bis zu **50 % der Todesfälle** (ohne Menscheneinfluss) durch **Artgenossen**
  • Relevanz für Hunde:
 * Haushunde sollen in Ballungsräumen sozialverträglich agieren
 * Bei Wildkaniden wäre das **ohne massive Selektion unmöglich**
 * Unkastrierte Rüden zeigen territoriales Verhalten → **Haltungsproblematik in dicht besetzten Gebieten**

Übertragbare Denkanstöße

  • Kaniden halten Reviere **konkurrenzfrei** – Konfliktvermeidung durch Distanz
  • Haushunde leben im Dauerstress, wenn sie sich Revier mit unkastrierten Rüden teilen müssen → ethisches Problem
  • Zucht & Haltung müssen sich stärker an der **Verhaltensbiologie orientieren**

Zoom-Audio: Körpersprache, Imponieren & Aggressionsdynamiken beim Hund (01.07.2025, 10:07)

1. Ausgangslage: Recht, Grauzonen, Ethik

  • Viele Haltungspraktiken rechtlich nicht eindeutig geregelt (z. B. bestimmte Trainingsmittel)
  • Es gibt Gutachten, Empfehlungen, aber oft keine bindenden Urteile → **rechtliche Grauzone**
  • Folge: Verunsicherung bei Hundehaltern

2. Imponierverhalten & Körpersprache

  • Beispiel: Rüde betritt Hundewiese
 * Hohes Kopfhalten, gestreckte Beine, steifer Gang = **Imponieren**
 * Rückenlinie gerade, Rute hoch, Ohren vorne = **sicher, offensiv**
  • Unsichere Hunde:
 * Einknicken hinten, Rute tief, Ohren nach hinten, runde Rückenlinie
 * Pomeranian (Spitz): Rute geht erst bei massiver Angst runter → Signallücke

3. Kopfstudie: Bedeutung der Mimik

  • Viele Trainer scheitern in Prüfungen an der Deutung von Gesichtsausdrücken
  • Beispielhafte Differenzierungen:
 * **Drohung mit Sicherheit**: feste Ohrenposition, kontrollierter Gesichtsausdruck
 * **Drohung mit Angst**: gespannter Maulwinkel, zurückgezogene Ohren, erweiterte Pupillen
  • Tabelle als Dreieck dargestellt → Verbindung zwischen **Offensive**, **Defensive** und **Neutralität**

4. Kommunikationsdefizite durch Morphologie

  • Hunde mit starkem Fell (z. B. Wuschel) oder fleischigen Schlappohren (z. B. Bernhardiner):
 * Einschränkung der körpersprachlichen Kommunikationsfähigkeit
  • Unterschied: Hund ↔ Wolf
 * Reduktion nonverbaler Ausdrucksmöglichkeiten um bis zu **80 %**
 * Folge: Grobmotorik ersetzt feine Signale → erhöhtes Missverständnisrisiko

5. Aggressionsverhalten: Motivation & Differenzierung

  • Zwei Grundmotive:
 * Aus Sicherheit heraus („Ich will das nicht – und setze mich durch“)
 * Aus Unsicherheit heraus („Ich habe Angst – aber gehe vorwärts“)
  • Viele Hunde lernen: „Wenn ich vorwärts gehe, bekomme ich Raum“ → scheinbar souverän, aber innerlich unsicher
  • Problem:
 * Therapie mit Druck verschärft Unsicherheit → gefährliche Dynamik
  • Richtlinie: Verhalten **lesen**, nicht **unterdrücken**

6. Beobachtungsmarker für Trainer/Prüfung

  • Ohrenstellung (nach vorne / angelegt / unklar durch Morphologie)
  • Maulspalte:
 * Sichtbarkeit vorderer Zähne → moderate Drohung
 * Rachen sichtbar → Panik, Angriff wahrscheinlich
  • Kontext beachten: Verhalten ist **dynamisch**, kein starres Schema

Zoom-Audio: Aggressionsverhalten, Kommunikation & Stressreaktionen beim Hund (01.07.2025, 10:17)

Aggression: Kein Fehlverhalten, sondern Sprache

  • Aggression ≠ Wut oder Fehlverhalten
  • Auch ängstliche Hunde zeigen Aggressionsverhalten → z. B. aus Panik heraus
  • Aggression ist ein Teil **ritualisierter Kommunikation**
  • Ein Hund darf „Nein“ sagen – wichtig besonders für:
 * **Tiergestützte Interventionen**
 * Therapieeinsätze
 * Arbeit mit Kindern

Ausdrucksmöglichkeiten und Eskalationsverlauf

  • Beispiel: Hund wird gestreichelt – sagt erst mit Körpersteifheit „Stopp“, dann mit Zähnefletschen oder Schnappen
  • Ziel: Hunde sollen **frühzeitig** kommunizieren dürfen (z. B. durch Kopfwendung, Maulspalte, Abwendung)
  • Problem: Viele Hunde lernen, dass nur **starke Reaktion** wirkt → „Ich muss krachen, damit man mich ernst nimmt“

Biologische Wurzeln des Druckverhaltens

  • Sicherer Hund: zeigt vordere Zähne, Ohren nach vorne, Maul bleibt eher geschlossen
  • Ängstlicher Hund: Maulwinkel nach hinten, Ohren angelegt, Gesicht zurückgezogen
  • Analogie zum Menschen:
 * Auch wir zeigen „Zähne“ bei Unsicherheit – z. B. durch Lächeln

Kommunikationslücken durch Erziehung oder Morphologie

  • Hunde dürfen oft nicht „Halt“ sagen → langfristig gefährlich
  • Fehler: Aggression wird unterdrückt statt **kontextualisiert**
  • Manche Hunderassen (z. B. Wuscheltypen) sind in Mimik stark eingeschränkt → erhöht Missverständnisse

Das 4F-Modell der Stressreaktion

  • Flucht (flight)
  • Kampf (fight)
  • Einfrieren (freeze)
  • Flirten (fiddle/fawn)
  • Reaktion hängt ab von:
 * Lernerfahrungen
 * Kontext
 * genetischer Disposition

Fallbeispiel: „Fluchthund wird zum Wildtier“

  • Hundeflucht kann in Überlebensmodus führen – selbst zahme Familienhunde lassen sich nicht mehr einfangen
  • Beispiel: Hund erschrickt, rennt weg, wird über Monate nicht erkannt → reagiert wie ein Wildtier
  • Nur durch **Geduld, ruhige Präsenz und Distanzarbeit** kann Rückführung gelingen
  • Relevanz für:
 * Tierschutzarbeit
 * Sicherheitskonzepte bei Ausführdiensten
 * Einsatzplanung tiergestützter Arbeit

Prüfungsrelevanz

  • Verstehen von **Signalverhalten** und **Konfliktdynamik** ist zentral
  • Aggression muss im **Kontext** bewertet werden – nicht pathologisiert
  • Hunde mit gesunder Kommunikation sind **weniger gefährlich** als Hunde mit unterdrücktem Ausdrucksverhalten

Zoom-Audio: Fehlinterpretationen & Eskalation bei Hundeverhalten (01.07.2025, 10:27)

1. Freeze ≠ Kooperation

  • Hunde im Freeze („Fries“) wirken angepasst, sind aber **innerlich im Notfallmodus**
  • Keine Mimik, keine Körpersprache → scheinbare Unauffälligkeit
  • Hunde „laufen mit“, weil sie keine Wahl sehen – nicht weil sie kooperieren
  • Frage: **Was passiert, wenn sie aus dem Freeze herauskommen?**
 * Flucht?
 * Angriff?
 * Rückfall in Freeze?

2. Fallbeispiel: Pudelhündin mit Zeitbombe im Verhalten

  • Erste 3 Tage: brav, lieb, stressresistent – danach: **massive Eskalation**
  • Kommunikation war nicht sichtbar – Panik kam schlagartig, aber war latent da
  • Typisches Wechselverhalten: Freeze → Fluchtversuch → Aggression → Rückfall
  • Lehrstück für Einschätzung von Tierheim- oder Auslandshunden

3. Fehlwahrnehmung: Flirtverhalten als „positiv“

  • Spielaufforderung, Lecken, Umherspringen = **Fiddle/Fawn**
 * Stressbewältigung durch Kontaktaufnahme
 * Hund fühlt sich bedroht, sucht aber Nähe
  • Greift man zu → kann Hund „plötzlich“ beißen → **kein Kontrollverlust**, sondern vorhersehbare Eskalation
  • „Der Hund hat nie vorher was gezeigt“ = **Missverständnis menschlicherseits**

4. Warnsignale erkennen & korrekt interpretieren

  • Zentrale These: **Hunde beißen nicht aus dem Nichts**
  • Wer Mimik, Körperhaltung, Verhalten **nicht lesen kann**, erzeugt Gefahr
  • Beispiel: Hunde aus Transporter zeigen Flirt – lassen sich aber nicht anfassen → **Schutzreaktion**
  • Aufzwingen führt zu Verteidigung – **berechtigt aus Sicht des Hundes**

5. Ernstkampf bei Hunden: Leise, tödlich, missverstanden

  • Unterschied zu Imponierverhalten: keine Show, keine Geräusche
  • Kein Knurren, kein Bellen – oft übersehen
  • Biss mit voller Kraft, Schütteln → innere Verletzungen, Nerven-/Geweberisse
  • Häufige Unterschätzung durch Halter → „In der Küche, im Wohnzimmer, plötzlich war’s still“

6. Fachliche Relevanz

  • Kommunikationsfähigkeit ≠ Kommunikationsbereitschaft
  • Hunde mit eingeschränkter Mimik (z. B. durch Morphologie, Trauma) brauchen **besonderes Handling**
  • Trainer:innen brauchen Differenzierungsfähigkeit:
 * Flirt ≠ Freude
 * Freeze ≠ Einvernehmlichkeit
 * „Braver Hund“ ≠ sicherer Hund

Zoom-Audio: Stress, Freezing, Flirtverhalten & Eskalation bis Ernstkampf (01.07.2025, 10:27)

Kommunikationsmuster unterdrückter Hunde

  • Hunde aus dem Tierschutz verhalten sich oft unauffällig – zeigen scheinbar nichts
  • Freezing als Überlebensstrategie: Hunde bewegen sich nicht, selbst unter extremer Belastung
  • „Nicht kommunizieren“ ist ein **deutliches Signal** – Ausdruck massiver innerer Anspannung

Übergangsreaktionen: Flucht – Angriff – Freeze – Wechselverhalten

  • Hunde pendeln zwischen Verhaltensstrategien, z. B.:
 * Leinenaggression nach scheinbarer Gelassenheit
 * Angriff nach mehrtägiger Unterwürfigkeit
 * Rückfall ins Freeze nach fehlgeschlagener Flucht
  • Beispiel: Pudelhündin greift ab Tag 3 panisch an, obwohl sie zunächst „unauffällig“ war

Flirtverhalten = Stressverhalten

  • Flirtverhalten (z. B. Spielaufforderung, Anschmiegen, Pfoteheben) ist oft:
 * **Beschwichtigung**
 * Versuch, Distanz zu regulieren
 * Ausdruck innerer Unsicherheit
  • Fehler: Mensch deutet dies als „positives“ Verhalten → greift zu → Eskalation

Hunde aus dem Tierschutz: Annäherung und Grenzverletzung

  • Tiere fühlen sich schnell bedroht, auch bei scheinbar harmlosen Annäherungen
  • Vertrauen muss **aktiv aufgebaut** werden – ohne Erwartungsdruck
  • Griffkontakt kann als Angriff erlebt werden → Abwehrbiss

Fehldeutung von Stresssignalen

  • Klassische Signale:
 * Pfoteheben
 * Wedeln mit nach hinten gelegten Ohren
 * Maulspalte, Abwendung, Lecken
  • Werden diese übersehen → entsteht das Missverständnis: „Der Hund hat aus dem Nichts gebissen“

Sozialdynamik unter Hunden: Imponierverhalten und Ernstkampf

  • Kommentkämpfe gehören zum Normalverhalten – bergen aber Verletzungsrisiko
  • Ernstkampf ist qualitativ anders:
 * **Lautlos**, zielgerichtet, ungehemmt
 * Keine Drohsignale – keine Zeit für Deeskalation
 * **Zerreißendes Schütteln**: schwere innere Verletzungen bis Tod möglich
  • Situationen entstehen z. B.:
 * In engen Räumen (Wohnküche)
 * Bei unklarer sozialer Struktur
 * Bei Fehlinterpretation durch den Menschen

Handlungskompetenz für Trainer & Halter

  • Frühzeitiges Erkennen nonverbaler Stresssignale
  • **Nicht jede Annäherung als Zustimmung** deuten
  • **Flirtverhalten ≠ Freude**, sondern oft Ausdruck von Not
  • Eskalationsketten verstehen und frühzeitig unterbrechen
  • Bei Ernstkampf: keine Illusionen – es geht um Leben und Tod

Zoom-Audio: Kind-Hund-Gefahr, Defensive Aggression & Videoanalyse (01.07.2025, 10:47–11:07)

Fallanalyse: Kind in Gefahr

  • Video zeigt scheinbar „niedliche“ Szene zwischen Kind & Hund
  • Hund öffnet Maul, geht Richtung Gesicht – entscheidet sich im letzten Moment fürs Abschlecken
  • Fachlich: **Beinahe-Biss**, keine Spielszene
  • Sachkundige müssen intervenieren, auch gegenüber Verwandten oder Vorgesetzten
  • Video wurde geschickt mit: „Schau mal, wie süß“ – fatale Fehleinschätzung

Klinischer Ernstfall

  • **Oberlippe abgerissen** durch Hund – Mutter des Kindes
  • Szene: Begrüßung → Zunge → Biss → Schockraum
  • Hintergrund: Hund kennt keine dosierte Beißhemmung im menschlichen Gesicht
  • Theorie: Orientierung an **Schnauzengriff** der Hündin in Wurfdisziplinierung

Defensives Aggressionsverhalten

  • Typische Szenarien:
 * Spaziergang: Hündin wird von aufdringlichem Rüden bedrängt
 * Mensch fummelt am Halsband – Hund hat Rückzugssignale gezeigt
  • Signale:
 * Riesenaugen, Ohren „halb acht“, Kopf weggedreht
 * „Schrilles“ Bellen, plötzliches Abwehrschnappen
  • Wichtig: **Nicht spektakulär = nicht harmlos**

Ressourcenthematik: Napfverteidigung

  • Videoanalyse einer Hündin mit ressourcenbedingter Aggression
  • Auch **leerer Napf** kann Auslöser sein
  • Verhalten sichtbar, bevor es zum Angriff kommt – wenn Kamera mitläuft

Methodik: Videoanalyse für Trainer

  • Videos helfen bei:
 * Differenzialdiagnostik: Ursache ≠ Symptom
 * Nachvollziehbarkeit von Verläufen
 * Reflexion der eigenen Einschätzung
  • Hinweis: Hunde zeigen mehr, als Menschen auf den ersten Blick wahrnehmen
  • Empfehlung: Aufzeichnen, **in Zeitlupe analysieren**, Details studieren

Verantwortung sachkundiger Personen

  • Pflicht zur Gefahreneinschätzung
  • Keine Verharmlosung gegenüber „liebem Hund“ oder „niedlichem Video“
  • Einschreiten bei:
 * Unterschätzten Gefahren
 * Missverstandener Kommunikation
 * Mangelnder Aufsicht in Kind-Hund-Situationen