Counter Surfing: Unterschied zwischen den Versionen
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Aktuelle Version vom 23. Juni 2025, 19:51 Uhr
Einleitung
Counter Surfing bezeichnet das Verhalten von Hunden, auf Tische oder Arbeitsflächen zu springen, um dort nach Futter zu suchen. Dieses Verhalten ist nicht nur unerwünscht, sondern birgt auch Verletzungsgefahren. Der folgende Artikel beschreibt eine auf positiver Verstärkung basierende Trainingsmethode zur Vorbeugung und Verhaltensänderung.
Voraussetzungen
Vor Beginn des Trainings sollte der Hund bereits über ein etabliertes "Leave it"-Signal verfügen. Dieses Signal dient als Grundlage für das später zu entwickelnde Default-Verhalten, bei dem der Hund von sich aus lernt, Futterquellen zu ignorieren.
Trainingsprinzip
Ziel ist es, dass der Anblick von Futter auf einem Tisch oder einer Arbeitsfläche für den Hund als Signal fungiert, das Verhalten "Ignorieren" zu zeigen. Dieses Default-Verhalten wird nicht über Verbote oder Strafen aufgebaut, sondern über konsequentes Markieren und Belohnen der Abwesenheit von unerwünschtem Verhalten.
Schrittweiser Trainingsaufbau
1. Abwesenheit von Sprungverhalten markieren
Ein Beutel mit Leckerli wird über dem Kopf des Hundes gehalten. Noch bevor der Hund anspringen kann, wird seine Zurückhaltung markiert und belohnt. Dies erfolgt zunächst mit wenig attraktiven Leckerlis (z. B. Karotten), um Frustration zu vermeiden.
2. Bewegungsreize hinzufügen
Die Futterquelle wird nun bewegt, zum Beispiel durch Heben, Senken oder seitliches Ausschwenken. Erfolgt kein Anspringen, wird dies markiert und belohnt. Dauer und Komplexität der Reizsetzung werden allmählich gesteigert.
3. Trainingsgeneralisation
Das Verhalten wird an verschiedenen Orten geübt: Couchtisch, Küchentheke, Picknickdecke etc. Ziel ist, dass das Verhalten kontextunabhängig gezeigt wird.
4. Erhöhung des Schwierigkeitsgrades
Der Hund lernt nun, auch bei präsentierten Hochwert-Leckerlis (z. B. Wurststücke) die Ruhe zu bewahren. Optional kann Blickkontakt als zusätzliche Verstärkungskomponente eingeführt werden.
5. Alltagstransfer
Im letzten Schritt wird das Verhalten in Alltagssituationen geübt: Der Mensch sitzt auf dem Sofa mit einem Snack, bereitet Essen in der Küche vor oder lässt eine Schale mit Essen unbeaufsichtigt auf dem Tisch stehen. Dabei werden semi-geschützte Behältnisse verwendet, um Erfolgskontrolle zu gewährleisten.
Alternativen und Ergänzungen
"Calm Settle"-Training zur Förderung von Entspannung in Anwesenheit von Futter.
Einsatz von Managementmaßnahmen wie das Entfernen von Essensresten außerhalb des Trainings.
Beachtung der Frustrationstoleranz des Hundes durch bedürfnisgerechte Belohnungen.
Fehlervermeidung
Kein Einsatz von Strafen oder Einschüchterung.
Keine unbeaufsichtigte Konfrontation mit frei zugänglichem Futter während der Trainingsphase.
Kein Wechsel zu hochattraktiven Reizen, bevor das Verhalten bei einfachen Reizen gefestigt ist.
Fazit
Counter Surfing lässt sich nachhaltig über ein Verstärkungssystem ändern, das Ignorieren als lohnenswertes Verhalten etabliert. Entscheidend sind dabei die vorausschauende Gestaltung der Trainingsumgebung, kleinschrittiger Aufbau und die Verwendung positiver Verstärkung ohne Strafe.
Trainingsansatz: Eigenständiges Wegschauen statt Verbot
Statt den Hund mit einem Signal wie "Nein" oder "Lass das" zu korrigieren, setzt dieser Trainingsansatz auf ein selbstgewähltes Verhalten des Hundes: das aktive Abwenden vom Futter. Ziel ist es, dass der Hund aus eigenem Antrieb lernt, dass er nichts vom Tisch bekommt und dass Wegschauen lohnender ist als Zugriff.
Aufbau der Übung
Plateaufutter üben: Zunächst wird dem Hund ein Futter auf einem Teller gezeigt. Der Hund ist angeleint, kann den Teller sehen und sich ihm nähern, erreicht ihn jedoch nicht. Sobald er den Blick vom Futter abwendet, folgt ein Markersignal (z. B. Click oder "Ja") und eine Belohnung aus der Hand.
Variieren: Verschiedene Futtersorten werden ausprobiert, um das Verhalten zu generalisieren.
Tisch hinzunehmen: In einem nächsten Schritt liegt das Futter tatsächlich auf einem Tisch. Der Hund bleibt angeleint. Wieder wird das Abwenden belohnt.
Schwierigere Bedingungen: Höherwertige Belohnungen (z. B. heiße Würstchen) kommen hinzu. Besonders bei kleinen Hunden hilft es, wenn das Futter am Rand hängt und gut sichtbar ist.
Küchentraining: Ziel ist es, dass der Hund generell versteht: "Egal wo und wann - Futter auf dem Tisch bedeutet nie Zugriffsmöglichkeit". Verschiedene Höhen, Orte und Konstellationen werden geübt.
Warum kein "Nein"?
Ein Verbotssignal wie "Nein" funktioniert nur, wenn der Mensch anwesend ist. Der Hund lernt dann nicht, das Futter an sich zu meiden, sondern dass er in Anwesenheit des Menschen vorsichtig sein muss. Das Verhalten ist also nicht generalisiert. Stattdessen fördert das Markieren des Wegblickens eine echte, dauerhafte Verhaltensveränderung.
Wichtige Tipps
Der Hund darf niemals Erfolg mit Diebstahl haben. Nur so kann er lernen, dass sich das Warten lohnt, nicht das Nehmen.
Bei Schwierigkeiten hilft ein Rückschritt im Training: Einfachere Bedingungen, mehr Distanz, klarere Markierung.
Die Belohnung sollte immer besser sein als das, was auf dem Tisch liegt.
Für Impulskontrolltraining eignet sich dieses Vorgehen besonders, da es ruhiges Warten bei hoher Erregung trainiert.
Verknüpfung mit anderen Übungen
Das Training gegen Counter Surfing lässt sich gut mit dem allgemeinen "Leave it"-Signal, Impulskontrollübungen oder der Arbeit an Orientierung am Menschen kombinieren. Es eignet sich auch als Vorübung für sicheres Verhalten in unbeaufsichtigten Situationen.
Fazit
Selbstkontrolle lässt sich trainieren. Statt auf Korrektur setzt dieser Ansatz auf Verstärkung freiwilligen Verzichts. Das Ergebnis ist ein Hund, der sich bewusst abwendet statt zuzugreifen – ganz gleich, ob jemand hinsieht oder nicht.
