Überschattung: Unterschied zwischen den Versionen

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(kein Unterschied)

Aktuelle Version vom 1. November 2025, 10:11 Uhr

Überschattung (englisch: overshadowing) ist ein Begriff aus der klassischen Konditionierung und bezeichnet ein Lernphänomen, bei dem ein Reiz die Wirkung eines anderen Reizes bei der Reizverknüpfung überlagert. Im Hundetraining bedeutet dies, dass ein Signal oder Reiz, den der Hund eigentlich lernen soll, von einem anderen, intensiveren Reiz überschattet wird – und dadurch entweder gar nicht oder nur unzureichend gelernt wird.

Definition

Überschattung tritt auf, wenn zwei oder mehr Reize gleichzeitig präsentiert werden, von denen einer deutlich hervorstechender ist als die anderen. Der Hund verknüpft die nachfolgende Reaktion dann bevorzugt mit dem dominanteren Reiz, während der andere Reiz „überschattet“ wird.

Beispiel aus dem Alltag

Ein häufiger Fall im Alltag ist folgender:

  • Ziel: Der Hund soll auf das Wortsignal „Platz“ reagieren.
  • Realität: Während das Wort „Platz“ gesagt wird, macht die Bezugsperson eine große Körperbewegung und hat ein Leckerli in der Hand.

Ergebnis: Der Hund reagiert künftig nur auf die Körperbewegung oder das Sichtzeichen – das akustische Signal „Platz“ wurde nicht oder nur schwach gelernt.

Relevanz im Training

Probleme durch Überschattung

  • Das ursprünglich intendierte Signal wird nicht verstanden.
  • Der Hund reagiert nur auf einen bestimmten Kontext (z. B. nur bei sichtbarem Leckerli).
  • Die Generalisierung auf andere Situationen ist erschwert.

Ursachen

  • Übermäßiger Einsatz von Hilfsreizen (z. B. Handzeichen, Leine, Futter).
  • Gleichzeitige Reizpräsentation ohne gezielte Fokussierung.
  • Hoher Erregungszustand des Hundes – Reizfilterung ist beeinträchtigt.

Strategien zur Vermeidung

  • Neue Signale in ablenkungsfreier Umgebung einführen.
  • Einzelreize klar und strukturiert konditionieren (zuerst ohne konkurrierende Reize).
  • Schrittweises „Ausblenden“ von Hilfen (Fading): z. B. Körperhilfen abbauen.
  • Training in kurzen, konzentrierten Sequenzen.

Bewusste Nutzung von Überschattung

In fortgeschrittenem Training kann Überschattung gezielt eingesetzt werden:

  • Reizdiskrimination fördern: Der Hund lernt, wichtige Reize von unwichtigen zu unterscheiden.
  • Aufmerksamkeit umlenken: z. B. mit einem auffälligen Reiz in stressreichen Situationen (z. B. Blickfixierung umlenken).

Wissenschaftlicher Hintergrund

Der Begriff wurde ursprünglich im Rahmen der klassischen Konditionierung nach Iwan Pawlow beschrieben und später auch in der operanten Konditionierung untersucht.

Bei Überschattung konkurrieren Reize um die Assoziation mit einer unkonditionierten Reaktion. Nur der auffälligste Reiz wird effektiv mit der Konsequenz verknüpft.

Verwandte Konzepte

  • Blocking – ein ähnliches Phänomen, bei dem ein bereits konditionierter Reiz das Lernen eines neuen Reizes verhindert.
  • Latente Inhibition – wenn ein bereits bekannter Reiz schwerer konditioniert wird.
  • Reizdiskrimination – Fähigkeit des Hundes, Reize voneinander zu unterscheiden.

Fazit

Überschattung ist ein zentrales Konzept beim Aufbau von Signalen und Verhaltensketten. Ein fundiertes Verständnis hilft, typische Fehler im Hundetraining zu vermeiden und das Lernen gezielter zu gestalten. Durch klare Signalgebung, bewusste Reizkontrolle und systematisches Training kann Überschattung verhindert oder gezielt genutzt werden.

Quellen und weiterführende Literatur

  • Skinner, B.F.: Science and Human Behavior.
  • Pawlow, I.P.: Die höhere Nerventätigkeit der Tiere.
  • Hundeerziehung in der Praxis – AVA & Verhaltensanalyse (interne Quelle)